1Ich bin der Mann, der Elend sehen muss durch die Rute seines Grimmes.2Er hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins Licht.3Er hat seine Hand gewendet gegen mich und erhebt sie gegen mich Tag für Tag.4Er hat mir Fleisch und Haut alt gemacht und mein Gebein zerschlagen.5Er hat mich ringsum eingeschlossen und mich mit Bitternis und Mühsal umgeben.6Er hat mich in Finsternis versetzt wie die, die längst tot sind.7Er hat mich ummauert, dass ich nicht herauskann, und mich in harte Fesseln gelegt.8Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich die Ohren zu vor meinem Gebet. (Ps 22,3; Ps 69,4)9Er hat meinen Weg vermauert mit Quadern und meinen Pfad zum Irrweg gemacht.10Er hat auf mich gelauert wie ein Bär, wie ein Löwe im Verborgenen.11Er lässt mich den Weg verfehlen, er hat mich zerfleischt und zunichtegemacht.12Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziel gegeben.13Er hat mir seine Pfeile in die Nieren geschossen.14Ich bin ein Hohn für mein ganzes Volk und täglich ihr Spottlied. (Hi 30,9)15Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt und mit Wermut getränkt.16Er hat mich auf Kiesel beißen lassen, er drückte mich nieder in die Asche.17Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben; ich habe das Gute vergessen.18Ich sprach: Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin.19Gedenke doch, wie ich so elend und verlassen, mit Wermut und Bitterkeit getränkt bin!20Du wirst ja daran gedenken, denn meine Seele sagt mir’s.21Dies nehme ich zu Herzen, darum hoffe ich noch:22Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, (Neh 9,31)23sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.24Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen. (Ps 16,5; Ps 73,26)25Denn der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt.26Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen. (Röm 8,25)27Es ist ein köstlich Ding für einen Mann, dass er das Joch in seiner Jugend trage.28Er sitze einsam und schweige, wenn Gott es ihm auferlegt,29und stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch Hoffnung.30Er biete die Backe dar dem, der ihn schlägt, und lasse sich viel Schmach antun. (Mt 5,39)31Denn der Herr verstößt nicht ewig; (Jes 54,8)32sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte.33Denn nicht von Herzen plagt und betrübt er die Menschen.34Wenn man alle Gefangenen auf Erden unter die Füße tritt35und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugt36und eines Menschen Sache verdreht, – sollte das der Herr nicht sehen?37Wer darf denn sagen, dass solches geschieht ohne des Herrn Befehl (Jes 45,7; Am 3,6)38und dass nicht Böses und Gutes kommt aus dem Munde des Allerhöchsten?39Was murren denn die Leute im Leben, ein jeder über die Folgen seiner Sünde?40Lasst uns erforschen und prüfen unsern Wandel und uns zum HERRN bekehren!41Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!42Wir, wir haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen, darum hast du nicht vergeben. (Ps 106,6)43Du hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt und ohne Erbarmen getötet.44Du hast dich mit einer Wolke verdeckt, dass kein Gebet hindurchkonnte.45Du hast uns zu Kehricht und Unrat gemacht unter den Völkern.46Alle unsere Feinde reißen ihr Maul auf über uns.47Wir werden gedrückt und geplagt mit Schrecken und Angst.48Wasserbäche rinnen aus meinen Augen über den Jammer der Tochter meines Volks.49Meine Augen fließen und können’s nicht lassen, und es ist kein Aufhören da,50bis der HERR vom Himmel herabschaut und darein sieht. (Ps 102,20)51Mein Auge macht mir Schmerzen wegen all der Töchter meiner Stadt.52Meine Feinde haben mich ohne Grund gejagt wie einen Vogel.53Sie haben mein Leben in der Grube zunichtegemacht und Steine auf mich geworfen.54Wasser hat mein Haupt überschwemmt; da sprach ich: Nun bin ich verloren.55Ich rief aber deinen Namen an, HERR, unten aus der Grube,56und du erhörtest meine Stimme: »Verbirg deine Ohren nicht vor meinem Seufzen und Schreien!«57Du nahtest dich zu mir, als ich dich anrief, und sprachst: Fürchte dich nicht!58Du führst, Herr, meine Sache und erlöst mein Leben.59Du siehst, HERR, wie mir Unrecht geschieht; hilf mir zu meinem Recht!60Du siehst, wie sie Rache üben wollen, und kennst alle ihre Gedanken gegen mich.61HERR, du hörst ihr Schmähen und alle ihre Anschläge gegen mich,62die Reden meiner Widersacher und ihr Geschwätz über mich den ganzen Tag.63Sieh doch: Ob sie sitzen oder aufstehen, singen sie über mich Spottlieder.64Vergilt ihnen, HERR, wie sie verdient haben! (Ps 137,8; Kla 1,21; 1Petr 2,23; 1Petr 3,9)65Lass ihnen das Herz verstockt werden, lass sie deinen Fluch fühlen!66Verfolge sie mit Grimm und vertilge sie unter dem Himmel des HERRN.
Klage des Propheten über sein und des Volkes Elend – Anerkenntnis der Treue Gottes – Aufruf zum Sündenbekenntnis – Bitte um Rettung und Vergeltung an den Feinden
1[1] Ich bin der Mann, der Elend sah durch die Rute seines Grimmes. (Ps 102,11; Jer 8,21; Jer 20,18)2Mich trieb er weg und ließ mich gehen in Finsternis und ohne Licht. (Jes 59,9)3Nur[2] gegen mich wendet er immer wieder seine Hand, jeden Tag. (Hi 6,4)4Verfallen ließ er mein Fleisch und meine Haut, zerbrach meine Knochen, (Hi 30,30; Jes 38,13)5umbaute und umgab mich mit Gift und Mühsal. (Hi 19,8)6Er ließ mich wohnen in Finsternissen, wie die Toten der Urzeit[3]. (Ps 143,3; Jes 59,10)7Er ummauerte mich, dass ich nicht herauskann; er legte mich in schwere, bronzene Ketten[4]. (Hi 19,8)8Auch wenn ich schrie und um Hilfe rief, verschloss er ⟨sein Ohr vor⟩ meinem Gebet. (Hi 19,7; Kla 3,44)9Er vermauerte meine Wege mit Quadersteinen, kehrte meine Pfade um[5]. (Hi 19,8)10Ein lauernder Bär war er mir, ein Löwe im Versteck. (Hi 10,16)11Er ließ mich vom Weg abirren[6], zerfleischte mich[7] und machte mich menschenleer[8]. (Kla 1,13)12Er spannte seinen Bogen[9] und stellte mich hin als Ziel für den Pfeil. (Hi 6,4)13Er ließ in meine Nieren dringen die Söhne seines Köchers. (Hi 6,4)14Ich wurde meinem ganzen Volk[10] zum Gelächter, ihr Spottlied ⟨bin ich⟩ jeden Tag. (Hi 30,9; Kla 3,63)15Er sättigte mich mit bitteren Kräutern und tränkte mich mit Wermut. (Jes 51,21; Jer 4,18; Jer 9,14)16Und er ließ auf Kies meine Zähne beißen[11], er trat mich nieder in den Staub. (Spr 20,17)17Du verstießest[12] meine Seele aus dem Frieden[13], ich habe vergessen, was Glück[14] ist. (Jer 16,5)18Und ich sagte: Verloren ist mein Glanz[15] und meine Hoffnung auf den HERRN[16]. (Hes 37,11)19An mein Elend und meine Heimatlosigkeit zu denken, ⟨bedeutet⟩ Wermut und Gift!20⟨Und doch⟩ denkt und denkt meine Seele daran und ist niedergedrückt in mir. (Hi 21,6)21⟨Doch⟩ dies will ich mir in den Sinn zurückrufen, darauf[17] will ich hoffen:22Ja, die Gnadenerweise des HERRN sind nicht zu Ende[18], ja, sein Erbarmen hört nicht auf, (2Sam 24,14; Neh 9,31; Ps 69,17)23es ist jeden Morgen neu. Groß ist deine Treue. (Ps 36,6)24Mein Anteil[19] ist der HERR, sagt meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen. (Hi 22,25; Ps 16,5; Ps 73,26; Ps 94,19)25Gut ist der HERR zu denen, die auf ihn harren, zu der Seele, die nach ihm fragt. (Esr 8,22; Ps 37,7; Ps 71,14; Ps 105,3; Jes 30,18)26Es ist gut, dass man schweigend hofft[20] auf die Rettung des HERRN. (2Mo 14,14; Ps 62,2; Ps 119,166; Hab 2,3)27Gut ist es für den Mann, wenn er ein Joch in seiner Jugend trägt.28Er sitze einsam und schweige, wenn er es ihm auferlegt. (Hi 23,2; Ps 39,10)29Er lege seinen Mund in den Staub[21], vielleicht gibt es Hoffnung.30Er biete dem, der ihn schlägt, die Wange, sättige sich an Schmach. (Hi 30,10; Ps 123,3; Jes 50,6)31Denn nicht für ewig verstößt der Herr, (2Sam 14,14)32sondern wenn er betrübt hat, erbarmt er sich nach der Fülle seiner Gnadenerweise. (Jes 27,8; Jes 54,7; Jer 31,20; Jak 5,11)33Denn nicht von Herzen demütigt[22] und betrübt er die Menschenkinder. (Hes 33,11)34Dass man alle Gefangenen des Landes unter seinen Füßen zertritt,35dass man das Recht eines Mannes beugt vor dem Angesicht des Höchsten,36dass man einen Menschen irreführt in seinem Rechtsstreit – sollte der Herr es nicht sehen? (5Mo 25,1; Ps 94,5; Spr 24,12; Kla 3,59)37Wer ist es, der da sprach, und es geschah – ⟨und⟩ der Herr hat es nicht geboten? (1Kön 22,34; Ps 33,9)38Kommt nicht aus dem Mund des Höchsten das Böse und das Gute hervor? (2Sam 16,10; Hi 2,10; Jes 45,7)39Was beklagt sich der Mensch, der ⟨noch⟩ am Leben ist[23], ⟨was beklagt sich⟩ der Mann über seine Sündenstrafe?[24] (2Kön 6,33; Spr 19,3; Jer 10,19; Jer 30,15)40Prüfen wollen wir unsere Wege und erforschen und umkehren zu dem HERRN! (5Mo 4,30; Jes 55,7; Hos 5,15; Hos 6,1; Hag 1,5)41Lasst uns unser Herz samt den Händen erheben[25] zu Gott im Himmel! (Hi 11,13; Ps 134,2; Mt 6,9)42Wir, wir haben die Treue gebrochen und sind widerspenstig gewesen; du ⟨aber⟩, du hast nicht vergeben. (Esr 9,6; Dan 9,5; Sach 1,6)43Du hast dich in Zorn gehüllt und hast uns verfolgt; du hast uns umgebracht ohne Mitleid. (Ps 80,5; Kla 2,1; Kla 2,21; Kla 3,8)44Du hast dich in eine Wolke gehüllt, sodass kein Gebet hindurchdrang. (Ps 80,5; Kla 2,1; Kla 3,8)45Du hast uns zum Kehricht und zum Ekel gemacht mitten unter den Völkern. (5Mo 28,37; 1Kor 4,13)46Alle unsere Feinde reißen ihren Mund über uns auf. (Ps 22,14; Kla 2,16)47Grauen und Grube sind uns zuteilgeworden, Untergang und Zusammenbruch. (Jes 24,18; Jes 51,19)48Wasserbäche lässt mein Auge fließen[26] wegen des Zusammenbruchs der Tochter meines Volkes. (Ps 137,1; Jer 13,17)49Mein Auge ergießt sich und kommt nicht zur Ruhe, ⟨tränt⟩ unaufhörlich, (Kla 1,16; Lk 19,41)50bis der HERR vom Himmel herunterschaut und hinsieht. (Ps 80,15)51Mein Auge schmerzt mich[27] wegen all der Töchter meiner Stadt.52Wie einen Vogel jagten und jagten mich ⟨jene⟩, die grundlos meine Feinde sind. (Ps 35,19)53Sie stürzten mein Leben in die Grube[28] und warfen Steine auf mich. (Jer 38,6; Dan 6,17)54Wasser strömte über mein Haupt. Ich sagte ⟨mir⟩: Ich bin ⟨vom Leben⟩ abgeschnitten! (Hi 22,11; Jes 53,8; Jon 2,4)55Da rief ich deinen Namen an, HERR, aus der Grube tief unten. (Ps 130,1; Jon 2,3)56Du hast meine Stimme gehört. Verbirg dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, meinem Schreien[29]! (Ps 5,2; Ps 6,9; Ps 55,2; Ps 66,19; Dan 9,17)57Du nahtest an dem Tag, als ich dich anrief; du sprachst: Fürchte dich nicht! (2Kön 19,6; Ps 138,3)58Du hast, Herr, meinen Rechtsstreit geführt[30], hast mein Leben erlöst. (1Sam 25,39; Jer 31,11; Jer 38,13; Jer 50,34)59Du, HERR, hast meine Entrechtung[31] gesehen. Verhilf mir zu meinem Recht[32]! (Ps 10,14; Ps 35,23; Jer 11,20; Kla 3,36)60Du hast gesehen all ihre Rachgier, alle ihre Pläne gegen mich. (Jer 18,23)61Gehört hast du ihr Schmähen, HERR, alle ihre Pläne[33] gegen mich, (Jer 18,23)62das Gerede derer, die gegen mich aufgetreten sind, und ihren Spott über mich den ganzen[34] Tag.63Ihr Sitzen und ihr Aufstehen schau dir an! Ich bin ihr Spottlied. (Kla 3,14)64Übe an ihnen Vergeltung, HERR, nach dem Werk ihrer Hände! (Ps 28,4; Jer 51,56)65Gib ihnen Verblendung des Herzens[35]! Dein Fluch komme über sie! (Ps 109,17)66Jage ihnen nach im Zorn und rotte sie aus unter dem Himmel des HERRN! (Ps 35,5; Jer 15,15)
Drittes Klagelied Die Leiden des Propheten und sein Trost in der Barmherzigkeit des Herrn
1Ich bin der Mann, der tief gebeugt worden ist durch die Rute seines Zorns. (Ps 44,26; Jer 8,21; Jer 20,18)2Mich hat er verjagt und in die Finsternis geführt und nicht ans Licht. (Jes 59,9; Kla 3,6)3Nur gegen mich kehrt er immer wieder seine Hand den ganzen Tag. (Hi 19,21; Ps 32,4; Hebr 10,31)4Er hat mein Fleisch und meine Haut verfallen lassen und meine Knochen zermalmt. (Hi 7,5; Hi 19,20)5Er hat rings um mich her Gift und Leid aufgebaut. (Hi 19,8; Ps 88,9; Kla 3,7; Kla 3,19)6In Finsternis ließ er mich wohnen wie längst Verstorbene. (Ps 88,6; Ps 143,3; Kla 3,2)7Er hat mich eingemauert, dass ich nicht herauskommen kann; mit ehernen Ketten hat er mich beschwert. (Kla 3,5; Kla 3,9)8Selbst wenn ich schreie und rufe, verschließt er doch [die Ohren] vor meinem Gebet. (Hi 19,7; Ps 22,3; Kla 3,44; Hab 1,2)9Mit Quadersteinen hat er meine Wege vermauert, hat meine Pfade gekrümmt. (Kla 3,5)10Er lauert mir auf wie ein Bär, wie ein Löwe im Dickicht. (Hi 10,16; Am 5,19)11Er hat meine Wege versperrt und hat mich zerfleischt, mich arg zugerichtet. (Jer 30,16; Kla 1,13)12Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziel gesetzt. (Hi 6,4; Ps 7,14; Ps 38,3)13Er hat mir in die Nieren gejagt die Söhne seines Köchers. (Hi 16,13)14Ich bin meinem ganzen Volk zum Gelächter geworden, ihr Spottlied den ganzen Tag. (Hi 30,9; Jer 20,7)15Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt, mit Wermut getränkt. (Hi 9,18; Jer 9,14)16Er ließ meine Zähne sich an Kies zerbeißen, hat mich niedergedrückt in die Asche. (Spr 20,17; Jer 6,26; Mt 7,9)17Ja, du hast meine Seele aus dem Frieden verstoßen, Dass ich das Glück vergaß. (Jes 54,10; Jer 16,5)18Und ich sprach: Meine Lebenskraft ist dahin, und auch meine Hoffnung auf den HERRN! (Hi 17,15; Spr 24,10; Hes 37,11)19Gedenke doch an mein Elend und mein Umherirren, an den Wermut und das Gift! (Jer 9,14; Kla 3,5; Kla 3,15)20Beständig denkt meine Seele daran und ist tief gebeugt! (Hi 21,6; Ps 42,7)21Dieses aber will ich meinem Herzen vorhalten, darum will ich Hoffnung fassen: (Ps 77,6; Ps 119,81)22Gnadenbeweise des HERRN sind’s, dass wir nicht gänzlich aufgerieben wurden, denn seine Barmherzigkeit ist nicht zu Ende; (Ps 103,17; Mi 7,18; Mal 3,6)23sie ist jeden Morgen neu, und deine Treue ist groß! (Ps 36,6; Jes 40,31)24Der HERR ist mein Teil!, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen. (Ps 42,12; Ps 73,26; Jes 8,17)25Der HERR ist gütig gegen die, welche auf ihn hoffen, gegen die Seele, die nach ihm sucht. (Ps 34,5; Ps 34,11; Ps 40,2; Ps 105,3; Jes 30,18; Mt 7,7)26Gut ist’s, schweigend zu warten auf die Rettung des HERRN. (Ps 37,7; Ps 37,34; Mi 7,7)27Es ist gut für einen Mann, das Joch zu tragen in seiner Jugend. (Ps 94,12; Pred 12,1; Mt 11,29)28Er sitze einsam und schweige, wenn Er es ihm auferlegt! (Ps 39,10; Ps 141,3)29Er stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch Hoffnung vorhanden. (Hes 16,63)30Schlägt ihn jemand, so biete er ihm die Wange dar und lasse sich mit Schmach sättigen! (Jes 50,6; Mt 5,39)31Denn der Herr wird nicht auf ewig verstoßen; (Ps 77,8; Jes 54,7)32sondern wenn er betrübt hat, so erbarmt er sich auch nach der Fülle seiner Gnade; (Ps 30,6; Jer 31,20)33denn nicht aus Lust plagt und betrübt Er die Menschenkinder. (Hes 33,11; Hebr 12,5)34Wenn alle Gefangenen eines Landes mit Füßen getreten werden, (Ps 129,3)35wenn das Recht eines Mannes gebeugt wird vor dem Angesicht des Höchsten, (Ps 82,1; Spr 22,22; Am 5,7; Am 6,12)36wenn die Rechtssache eines Menschen verdreht wird — sollte der Herr es nicht beachten? (Ps 94,5; Spr 24,12; Hab 1,13)37Wer hat je etwas gesagt und es ist geschehen, ohne dass der Herr es befahl? (Ps 33,9; Am 3,6; Jak 4,13)38Geht nicht aus dem Mund des Höchsten hervor das Böse und das Gute? (Hi 2,10; Jes 45,7)39Was beklagt sich der Mensch, der noch am Leben ist? Es hätte sich wahrlich jeder über seine Sünde zu beklagen! (Hi 11,6; Spr 19,3; Jer 30,15)40Lasst uns unsere Wege prüfen und erforschen und umkehren zum HERRN! (Ps 119,59; Spr 3,6; Spr 23,26; Jes 55,7; Hos 6,1; Zef 2,1; Hag 1,5)41Lasst uns unsere Herzen samt den Händen zu Gott im Himmel erheben! (Ps 123,1; Jes 57,15; Mt 6,9)42Wir sind abtrünnig und widerspenstig gewesen; das hast du nicht vergeben. (Esr 9,6; Dan 9,5; Dan 9,11; Sach 1,6)43Du hast dich im Zorn verborgen und uns verfolgt; du hast uns ohne Mitleid umgebracht; (2Chr 36,16; Ps 80,5; Jes 59,2)44du hast dich in eine Wolke gehüllt, Dass kein Gebet hindurchdrang; (Ps 97,2; Hes 38,9)45du hast uns zu Kot und Abscheu gemacht mitten unter den Völkern! (5Mo 28,37; Kla 2,15; 1Kor 4,11)46Alle unsere Feinde haben ihr Maul gegen uns aufgesperrt. (Kla 2,16)47Grauen und Grube sind über uns gekommen, Verwüstung und Untergang. (2Chr 29,8; Jes 24,18; Jer 38,6; Dan 9,27; Mt 24,15)48Es rinnen Wasserbäche aus meinen Augen wegen des Untergangs der Tochter meines Volkes. (Jer 13,17; Kla 1,2)49Mein Auge tränt unaufhörlich und kommt nicht zur Ruhe, (Jer 14,17; Kla 1,16; Kla 2,11)50bis der HERR vom Himmel herabschauen und dareinsehen wird. (Ps 80,15; Dan 9,20; Lk 18,1; Lk 18,7)51Was ich sehen muss, tut meiner Seele weh wegen aller Töchter meiner Stadt. (Jer 14,17; Kla 2,10; Kla 2,13)52Die mich ohne Ursache hassen, stellten mir heftig nach wie einem Vogel; (Ps 35,19; Ps 69,5; Joh 15,25)53sie wollten mich in der Grube ums Leben bringen und warfen Steine auf mich. (Jer 38,6; Jer 38,9; Kla 3,47; Dan 6,17)54Wasser gingen über mein Haupt; ich sagte: Ich bin verloren! (Ps 69,3; Jes 38,11; Kla 3,18; Jon 2,4; Jon 2,6)55Aber ich rief deinen Namen an, o HERR, tief unten aus der Grube. (Ps 130,1; Jon 2,2)56Du hörtest meine Stimme: »Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, vor meinem Hilferuf!« (Ps 6,9; Ps 28,1; Ps 116,1)57Du nahtest dich mir an dem Tag, als ich dich anrief; du sprachst: »Fürchte dich nicht!« (Ps 81,8; Ps 145,18; Jes 43,1; Jer 1,8; Jak 4,8)58Du führtest, o Herr, die Sache meiner Seele; du hast mein Leben erlöst! (Ps 103,4; Jes 52,3; Jer 31,11; Jer 50,34)59Du hast, o HERR, meine Unterdrückung gesehen; schaffe du mir Recht! (Ps 10,14; Ps 35,1; Ps 35,23; Jer 11,20; 1Petr 2,23)60Du hast all ihre Rachgier gesehen, alle ihre Anschläge gegen mich. (Ps 10,14; Jer 11,19; Kla 3,59)61Du hast, o HERR, ihr Schmähen gehört, alle ihre Pläne gegen mich, (Ps 64,3; Spr 19,21; Jer 18,23; Apg 23,12)62das Gerede meiner Widersacher und ihr dauerndes Murmeln über mich. (Jer 18,18; Hes 36,3)63Sieh doch: Ob sie sich setzen oder aufstehen, so bin ich ihr Spottlied! (Hi 30,9; Ps 54,5; Jes 37,28; Kla 3,14)64Vergilt ihnen, o HERR, nach dem Werk ihrer Hände! (Ps 28,4; Jer 51,56; 2Tim 4,14)65Gib ihnen Verstockung des Herzens; dein Fluch komme über sie! (Ps 109,17; Jer 44,22; 1Kor 16,22)66Verfolge sie in deinem Zorn und vertilge sie unter dem Himmel des HERRN hinweg! (Ps 35,5; Ps 59,14; Ps 83,15; Ps 92,8; Ps 101,8)
1Ich bin der Mann, der das Elend gesehen hat, (Alef) das Werk des Stocks seines Zorns. (Jer 20,18)2Mich hat er vertrieben und fortgeführt (Alef) in die Finsternis und nicht ins Licht.3Ja, gegen mich wendet er wieder und wieder seine Hand, (Alef) jeden Tag.4Mein Fleisch und meine Haut hat er schwinden lassen, (Bet) meine Knochen hat er zerbrochen. (Hi 30,30; Kla 1,13)5Gegen mich hat er gebaut, und mich hat er eingeschlossen (Bet) mit Gift und mit Mühsal.6In tiefster Finsternis hat er mich wohnen lassen, (Bet) wie jene, die lange schon tot sind. (Ps 143,3)7Er hat mich eingemauert, und ich komme nicht heraus, (Gimel) mit bronzenen Ketten hat er mich beschwert. (Hi 3,23)8Auch wenn ich schreie und um Hilfe rufe - (Gimel) er hat sich meinem Gebet verschlossen. (Hi 19,7; Ps 22,3; Kla 3,44)9Meinen Weg hat er mit Quadersteinen vermauert, (Gimel) meine Pfade hat er verdreht. (Hi 19,8)10Ein lauernder Bär ist er für mich, (Dalet) ein Löwe im Verborgenen. (Hi 10,16; Jer 25,38; Hos 13,7)11Meine Wege hat er mit Dornen versperrt,[1] (Dalet) und er hat mich zerrissen, übel hat er mich zugerichtet! (Kla 1,13)12Er spannte seinen Bogen und stellte mich auf (Dalet) wie die Zielscheibe für den Pfeil. (Hi 6,4; Kla 2,4)13In meine Nieren liess er eindringen (He) die Söhne seines Köchers.14Für mein ganzes Volk bin ich zum Hohn geworden, (He) ihr Spottlied für jeden Tag. (Hi 30,9; Jer 20,7; Kla 3,63)15Mit bitteren Kräutern hat er mich gesättigt, (He) mit Wermut hat er meinen Durst gestillt. (Kla 3,19)16Und auf Kies liess er meine Zähne sich zerreiben, (Waw) in den Staub trat er mich nieder.17Und aus dem Frieden hast du mich verstossen, (Waw) was Glück ist, habe ich vergessen! (Jer 15,17; Jer 16,5)18Und ich sagte: Verloren ist mein Ruhm (Waw) und meine Hoffnung auf den HERRN. (Kla 2,15; Hes 37,11)19An mein Elend und meine Heimatlosigkeit denken (Sajin) ist Wermut und Gift. (Kla 1,7; Kla 3,5)20Ständig denke ich daran, (Sajin) und tief bin ich gebeugt!21Dies werde ich zurückbringen in mein Herz, (Sajin) darum werde ich hoffen:22Es sind die Gnadenerweise des HERRN, (Chet) dass es nicht ganz und gar zu Ende ist mit uns, denn sein Erbarmen hat sich nicht erschöpft. (Neh 9,31; Ps 89,2)23An jedem Morgen ist es neu. (Chet) Deine Treue ist gross!24Mein Anteil ist der HERR!, habe ich gesagt. (Chet) Darum werde ich auf ihn hoffen. (Ps 73,26)25Der HERR ist gut zu dem, der auf ihn hofft, (Tet) zu dem, der nach ihm fragt. (Esr 8,22; Jes 30,18)26Gut ist es, schweigend zu warten (Tet) auf die Rettung durch den HERRN. (Ps 62,2)27Gut ist es für den Mann, (Tet) wenn er das Joch in seiner Jugend trägt. (Kla 1,14)28Allein soll er sitzen, und er soll schweigen, (Jod) wenn er es ihm auferlegt. (Jer 15,17; Kla 1,1; Kla 2,10)29Er tue seinen Mund in den Staub, (Jod) vielleicht gibt es Hoffnung!30Er halte dem die Wange hin, der ihn schlägt, (Jod) der sich sättigt an der Schmach. (Jes 50,6)31Denn er verstösst nicht für immer, (Kaf) der Herr. (Jer 3,12)32Vielmehr: Hat er in Kummer gestürzt, dann erbarmt er sich, (Kaf) wie es der grossen Zahl seiner Gnadenerweise entspricht. (Jes 63,7)33Denn nicht von Herzen hat er erniedrigt (Kaf) und die Menschen in Kummer gestürzt.34Dass man unter seinen Füssen (Lamed) alle Gefangenen des Landes zertritt,35dass man das Recht eines Mannes beugt (Lamed) vor dem Angesicht des Höchsten, (5Mo 27,19)36dass man einen Menschen behindert bei seinem Rechtsstreit (Lamed) - das sollte der Herr nicht sehen? (Ps 94,5)37Wer sollte das sein, der sprach und es geschah, (Mem) ohne dass der Herr es geboten hätte?38Kommt nicht aus dem Mund des Höchsten (Mem) das Schlimme und das Gute? (Hi 2,10; Jes 45,7)39Was beklagt sich der Mensch, der lebt, (Mem) was beklagt sich ein Mann über seine Sünden? (Kla 4,6)40Lasst uns unsere Wege prüfen und erforschen, (Nun) und lasst uns zurückkehren zum HERRN! (Kla 5,21; Hos 6,1)41Wir erheben unser Herz und unsere Hände (Nun) zu Gott im Himmel. (Kla 2,19)42Wir, wir haben uns vergangen und waren widerspenstig, (Nun) du, du hast es nicht verziehen. (Kla 1,18)43Du hast dich in Zorn gehüllt und hast uns verfolgt, (Samech) du hast uns umgebracht, ohne Mitleid. (Jer 13,14; Kla 2,21; Kla 4,11)44In eine Wolke hast du dich gehüllt, (Samech) so dass kein Gebet hindurchdrang. (Kla 2,1; Kla 2,8)45Zu Kehricht und Unrat hast du uns gemacht (Samech) inmitten der Völker.46Alle unsere Feinde (Pe) haben ihr Maul gegen uns aufgerissen. (Ps 22,14; Kla 2,16)47Grauen und Grube sind uns zuteil geworden, (Pe) Verheerung und Zusammenbruch. (Jes 24,17)48Bäche stürzen aus meinem Auge (Pe) über den Zusammenbruch der Tochter meines Volks. (Jer 2,11; Jer 4,10; Jer 8,23; Kla 1,2)49Mein Auge ergiesst sich und findet keine Ruhe, (Ajin) es hört und hört nicht auf,50bis der HERR vom Himmel (Ajin) herabblickt und hinsieht. (Ps 80,15; Jes 63,15)51Mein Auge schmerzt mich (Ajin) all der Töchter meiner Stadt wegen.52Gejagt, gejagt wie einen Vogel haben mich (Zade) meine Feinde, ohne Grund! (Ps 35,19)53In der Grube wollten sie mein Leben zum Schweigen bringen, (Zade) und Steine haben sie auf mich geworfen.54Wasser flutete über mein Haupt, (Zade) ich sagte: Ich bin vom Leben[2] abgeschnitten! (Ps 69,2; Ps 88,6)55Ich rief deinen Namen, HERR, (Qof) von tief unten aus der Grube. (Ps 130,1)56Du hast meine Stimme gehört, (Qof) verschliesse nicht dein Ohr, zu meiner Erleichterung, zu meiner Rettung! (Ps 55,2)57Am Tag, da ich dich rief, hast du dich genaht, (Qof) du sprachst: Fürchte dich nicht. (Ps 138,3; Jer 1,8)58Du, Herr, hast um mich die Rechtsstreite geführt, (Resch) hast mein Leben erlöst. (Jer 50,34)59HERR, du hast gesehen, wie man mir das Recht beugt, (Resch) verschaffe du mir mein Recht! (Ps 10,14)60Du hast all ihre Rachegelüste gesehen, (Resch) all ihre Pläne gegen mich. (Jer 18,23)61Ihr Schmähen hast du vernommen, HERR, (Schin) all ihre Pläne gegen mich,62das Reden jener, die sich gegen mich erheben, und ihr Gerede (Sin) gegen mich, jeden Tag.63Ob sie sitzen oder sich erheben - schau hin: (Schin) Ich bin ihr Spottlied! (Kla 3,14)64Zahle es ihnen heim, HERR, (Taw) wie es dem Tun ihrer Hände entspricht. (Ps 28,4; Jer 11,20; Jer 50,15)65Gib ihnen Verblendung ins Herz. (Taw) Dein Fluch über sie!66Verfolge sie voller Zorn und zerschmettere sie (Taw) unter dem Himmel des HERRN!
Klagelieder 3
Menge Bibel
1Ich bin der Mann, der Elend erlebt hat durch die Rute seines[1] Zornes;2mich hat er geführt und getrieben in Finsternis und tiefes Dunkel;3nur[2] gegen mich kehrt er immer wieder seine Hand Tag für Tag!4Mein Fleisch und meine Haut hat er hinschwinden lassen, meine Glieder zerschlagen;5aufgetürmt hat er rings um mich Gift[3] und Mühsal;6in Finsternis hat er mich versenkt wie die ewig Toten.7Er hat mich ummauert, daß ich keinen Ausweg habe, mich mit schweren Ketten beladen;8ob ich auch schreie und rufe: er verschließt sich meinem Flehen.9Er hat meine Wege mit Quadersteinen vermauert, meine Pfade ungangbar gemacht.10Ein lauernder Bär ist er mir gewesen, ein Löwe im Versteck.11Er hat mich auf Irrwegen wandeln lassen und mich zerfleischt, mich verstört[4];12er hat seinen Bogen gespannt und mich als Zielscheibe hingestellt für seine Pfeile,13hat die Söhne[5] seines Köchers mir ins Herz dringen lassen.14Meinem ganzen Volk bin ich zum Hohn geworden, ihr Spottlied den ganzen Tag;15mit Bitternissen hat er mich gesättigt, mit Wermut mich getränkt.16Meine Zähne hat er mich an Kieseln zerbeißen lassen, mich in den Staub niedergetreten[6].17Du hast meiner Seele den Frieden entrissen, so daß ich verlernt habe, glücklich zu sein,18und ausrufe: »Dahin ist meine Lebenskraft und verloren meine Hoffnung[7] auf den HERRN!«19Gedenke meines Elends und meiner Irrsale, des Wermuts und des Gifts!20Ohne Unterlaß denkt meine Seele daran und ist gebeugt in mir.21Dies will ich mir zu Herzen nehmen und darum der Hoffnung leben:22Die Gnadenerweisungen des HERRN sind noch nicht erschöpft, sein Erbarmen ist noch nicht zu Ende;23alle Morgen sind sie neu, groß ist deine Treue.24»Der HERR ist mein Teil!« bekennt meine Seele; drum will ich auf ihn hoffen.25Gütig ist der HERR gegen die, welche auf ihn harren, gegen ein Herz, das ihn sucht.26Gut ist es, geduldig zu sein und schweigend zu warten auf die Hilfe des HERRN.27Gut ist es für jeden, das Joch schon in seiner Jugend tragen zu lernen;28er sitze einsam und schweige, wenn[8] der HERR es ihm auferlegt!29Er neige seinen Mund in den Staub hinab: vielleicht ist noch Hoffnung vorhanden;30er biete ihm, wenn er ihn schlägt, die Wange dar, lasse sich mit Schmach sättigen!31Denn nicht auf ewig verstößt der HERR,32sondern, wenn er Trübsal verhängt hat, erbarmt er sich auch wieder nach seiner großen Güte;33denn nicht aus Lust plagt und betrübt er die Menschenkinder.34Wenn man mit Füßen niedertritt alle Gefangenen der Erde[9],35wenn man das Recht eines Mannes beugt vor den Augen des Höchsten,36wenn man einen Menschen in seinem Rechtsstreit[10] ins Unrecht setzt: sollte das der Herr nicht beachten?37Wer kann denn befehlen, daß etwas geschehe, ohne daß der Herr es geboten hat?38Geht nicht aus dem Munde des Höchsten das Glück wie das Unglück hervor?39Was klagt (also) der Mensch, solange er lebt? Ein jeder klage über seine Sünden!40Laßt uns unsern Wandel prüfen und erforschen und zum HERRN umkehren!41Laßt uns unser Herz mitsamt den Händen erheben zu Gott im Himmel!42Wir sind es, die abtrünnig und ungehorsam gewesen sind; du aber hast nicht verziehen,43hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt, hingerafft ohne Schonung;44du hast dich in Gewölk gehüllt, so daß kein Gebet hindurchdringen konnte;45zu Kehricht und zum Abscheu hast du uns gemacht inmitten der Völker.46Es haben den Mund gegen uns aufgerissen all unsere Feinde;47Grauen und Grube sind uns zuteil geworden, Verwüstung und Untergang!48Wasserbäche läßt mein Auge rinnen über die Zertrümmerung der Tochter meines Volkes.49Mein Auge ergießt sich ruhelos in Tränen ohne Aufhören,50bis[11] der HERR vom Himmel herniederschaue und dareinsehe.51Was ich sehen muß, versetzt mich in Trauer um aller Töchter meiner Stadt willen.52Ach! Wie einen Vogel haben die mich gejagt, die mir ohne Ursache feind sind;53sie haben mich in die Grube gestoßen, um mein Leben zu vernichten, und haben Steine auf mich geworfen:54die Wasser schlugen mir über dem Haupt zusammen; ich dachte: »Mit mir ist’s aus!«55Da rief ich deinen Namen an, HERR, tief unten aus der Grube,56und du hast mich gehört, als ich zu dir flehte: »Verschließ dein Ohr nicht meinem Hilferuf!«57Du hast dich mir genaht, als ich dich anrief, hast mir zugerufen: »Fürchte dich nicht!«58Du, o HERR, hast meine Sache geführt, hast mein Leben gerettet;59du, o HERR, hast meine Unbill[12] gesehen: verhilf mir zu meinem Recht!60Du hast all ihre Rachgier gesehen, all ihre Anschläge gegen mich,61hast, o HERR, ihr Schmähen gehört, all ihre Anschläge gegen mich,62das Gerede meiner Widersacher und ihre täglichen Ränke gegen mich.63Gib acht auf ihr Sitzen und ihr Aufstehen[13]: ihr Spottlied bin ich!64Du wirst ihnen vergelten, HERR, wie ihre Taten es verdienen,65wirst ihnen Verblendung ins Herz geben: dein Fluch komme über sie!66Du wirst sie im Zorn verfolgen und sie vertilgen unter Gottes[14] Himmel hinweg!
1Ich bin der Mann, der Leid erlebt hat / durch die Rute seines Grimms.2Er hat mich getrieben und gedrängt / in Finsternis, nicht ins Licht. (Ps 23,4)3Täglich von Neuem kehrt er die Hand / nur gegen mich.4Er zehrte aus mein Fleisch und meine Haut, / zerbrach meine Glieder,5umbaute und umschloss mich / mit Gift und Erschöpfung.6Im Finstern ließ er mich wohnen / wie längst Verstorbene. (Jes 59,9)7Er hat mich ummauert, ich kann nicht entrinnen. / Er hat mich in schwere Fesseln gelegt.8Wenn ich auch schrie und flehte, / er versperrte den Weg meinem Gebet. (Ps 22,3)9Mit Quadern hat er mir die Wege verriegelt, / meine Pfade irregeleitet. (Hi 19,8)10Ein lauernder Bär war er mir, / ein Löwe im Versteck.11Er ließ meine Wege sich verstricken, / machte mich regungslos und einsam.12Er spannte den Bogen und stellte mich hin / als Ziel für den Pfeil. (Hi 16,12)13In die Nieren ließ er mir dringen / die Geschosse seines Köchers.14Ein Gelächter war ich all meinem Volk, / ihr Spottlied den ganzen Tag. (Jer 20,7)15Er speiste mich mit bitterer Kost / und tränkte mich mit Wermut. (Hi 9,18; Jer 9,14)16Meine Zähne ließ er auf Kiesel beißen, / er drückte mich in den Staub.17Du hast mich aus dem Frieden hinausgestoßen; / ich habe vergessen, was Glück ist.18Ich sprach: Dahin ist mein Glanz / und mein Vertrauen auf den HERRN.19An meine Not und Unrast denken / ist Wermut und Gift.20Immer denkt meine Seele daran / und ist betrübt in mir. (Ps 42,6; Ps 43,5)21Das will ich mir zu Herzen nehmen, / darauf darf ich harren:22Die Huld des HERRN ist nicht erschöpft, / sein Erbarmen ist nicht zu Ende.23Neu ist es an jedem Morgen; / groß ist deine Treue.24Mein Anteil ist der HERR, sagt meine Seele, / darum harre ich auf ihn.25Gut ist der HERR zu dem, der auf ihn hofft, / zur Seele, die ihn sucht.26Gut ist es, schweigend zu harren / auf die Hilfe des HERRN. (Hi 1,22; Hi 2,10)27Gut ist es für den Mann, / ein Joch zu tragen in der Jugend.28Er sitze einsam und schweige, / denn er hat es ihm auferlegt. (Kla 1,1)29Er beuge in den Staub seinen Mund; / vielleicht ist noch Hoffnung.30Er biete die Wange dem, der ihn schlägt, / und lasse sich sättigen mit Schmach.31Denn nicht für immer / verwirft der Herr. (Ps 77,8; Jes 54,7)32Hat er betrübt, erbarmt er sich auch wieder / nach seiner großen Huld. (Jes 63,7)33Denn nicht freudigen Herzens / plagt und betrübt er die Menschenkinder.34Dass man mit Füßen tritt / alle Gefangenen des Landes,35dass man das Recht des Mannes beugt / vor dem Antlitz des Höchsten,36dass man im Rechtsstreit den Menschen bedrückt, / sollte der Herr das nicht sehen?37Wer hat gesprochen und es geschah? / Hat nicht der Herr es geboten?38Geht nicht hervor aus des Höchsten Mund / das Gute wie auch das Böse? (Jes 45,7)39Wie dürfte denn ein Lebender klagen, / ein Mann über seine Sünden?40Prüfen wir unsre Wege, erforschen wir sie / und kehren wir um zum HERRN! (Kla 3,8)41Erheben wir unser Herz samt den Händen / zu Gott im Himmel!42Wir haben gesündigt und uns widersetzt; / du hast nicht vergeben.43Du hast uns in Zorn gehüllt und verfolgt, / getötet und nicht geschont.44Du hast dich in Wolken gehüllt, / kein Gebet kann sie durchstoßen. (5Mo 4,29)45Zu Unrat und Auswurf hast du uns gemacht / inmitten der Völker.46Ihren Mund rissen gegen uns auf / all unsre Feinde.47Grauen und Grube wurde uns zuteil, / Verwüstung und Verderben.48Tränenströme vergießt mein Auge / über den Zusammenbruch der Tochter, meines Volkes. (Jer 8,23; Kla 2,11)49Mein Auge ergießt sich und ruht nicht; / es hört nicht auf,50bis der HERR vom Himmel her / sieht und schaut.51Mein Auge schmerzt mich / wegen all der Töchter meiner Stadt.52Wie auf einen Vogel machten sie Jagd auf mich, / die ohne Grund meine Feinde sind.53Sie stürzten in die Grube mein Leben / und warfen Steine auf mich. (Ps 88,7)54Das Wasser ging mir über den Kopf; / ich sagte: Ich bin verloren. (Ps 69,2)55Da rief ich deinen Namen, HERR, / tief unten aus der Grube.56Du hörtest meine Stimme: / Verschließ nicht dein Ohr / vor meinem Seufzen, meinem Schreien!57Du warst nahe am Tag, da ich dich rief; / du sagtest: Fürchte dich nicht!58Du, Herr, hast meine Sache geführt, / hast mein Leben erlöst.59Du, HERR, hast meine Bedrückung gesehen. / Verschaffe mir Recht!60Du hast gesehen ihre ganze Rachgier, / all ihr Planen gegen mich. (Jer 11,18)61Du hast ihr Schmähen gehört, o HERR, / all ihr Planen gegen mich.62Das Denken und Reden meiner Gegner / ist gegen mich den ganzen Tag.63Blick auf ihr Sitzen und Stehen! / Ein Spottlied bin ich für sie.64Vergilt ihnen, HERR, / nach dem Tun ihrer Hände! (Kla 1,22; Kla 4,20)65Gib ihnen ein verhärtetes Herz! / Dein Fluch über sie!66Verfolge sie im Zorn und vernichte sie / unter dem Himmel des HERRN!
1Ich bin der Mann, der viel gelitten hat unter den zornigen Schlägen des HERRN.2Ich bin es, den er vor sich hertrieb, immer tiefer in die dunkelste Nacht.3Immer nur mich traf seine Faust, Tag für Tag, ohne einzuhalten.4Er lässt meine Haut und mein Fleisch zerfallen und zerbricht mir alle meine Knochen.5Von allen Seiten schließt er mich ein, er umstellt mich mit Bitterkeit und Qual.6In Finsternis lässt er mich wohnen wie die, die schon seit Langem tot sind. (Ps 88,12)7Er hat mich ummauert und in Ketten gelegt, aus diesem Gefängnis gibt es keinen Ausweg. (Hi 19,8)8Ich kann um Hilfe schreien, soviel ich will – mein Rufen dringt nicht durch bis an sein Ohr. (Ps 22,3)9Er hat mir den Weg mit Steinen versperrt, sodass ich ständig in die Irre gehe.10Wie ein Bär hat er mir aufgelauert, wie ein Löwe in seinem Hinterhalt. (Hos 13,7)11Er hat mich vom Weg heruntergezerrt,[1] dann hat er mich zusammengeschlagen.12Er hat den Bogen auf mich angelegt und mich als Ziel für seine Pfeile benutzt. (Hi 6,4)13Pfeil auf Pfeil hat er abgeschossen und mir den Rücken damit durchbohrt.14Die Leute meines Volkes lachen mich aus, täglich singen sie ihr Spottlied über mich. (Hi 30,9; Jer 20,7)15Er gab mir die bitterste Kost zu essen und ließ mich bitteren Wermut trinken. (Jer 8,14)16Er hat mich in den Staub gedrückt und mich gezwungen, Kies zu kauen.17Das ruhige Leben hat er mir genommen; ich weiß nicht mehr, was Glück bedeutet.18Ich habe keine Zukunft mehr, vom HERRN ist nichts mehr zu erhoffen!19An all dieses rastlose Elend zu denken ist Gift für mich und macht mich bitter.20Doch immer wieder muss ich daran denken und bin erfüllt von Verzweiflung und Schwermut.21Ich will mich an etwas anderes erinnern, damit meine Hoffnung wiederkommt:22Von Gottes Güte kommt es, dass wir noch leben. Sein Erbarmen ist noch nicht zu Ende, (Neh 9,31)23seine Liebe ist jeden Morgen neu und seine Treue unfassbar groß.24Ich sage: Der HERR ist mein Ein und Alles; darum setze ich meine Hoffnung auf ihn.25Der HERR ist gut zu denen, die nach ihm fragen, zu allen, die seine Nähe suchen.26Darum ist es das Beste, zu schweigen und auf die Hilfe des HERRN zu warten. (Ps 62,2)27Für jeden Menschen ist es gut, wenn er schon früh gelernt hat, Last zu tragen.28Wenn der HERR ihm etwas auferlegt, soll er für sich allein bleiben und schweigen.29Er soll seinen Mund auf den Boden pressen – vielleicht ist doch noch Hoffnung auf Hilfe!30Dem, der ihn schlägt, soll er die Backe hinhalten und alle Schmach und Schande auf sich nehmen. (Jes 50,6; Mt 5,39)31Der Herr verstößt uns nicht für immer. (Jer 3,12)32Auch wenn er uns Leiden schickt, erbarmt er sich doch wieder über uns, weil seine Liebe so reich und groß ist.33Es macht ihm selbst keine Freude, seinen Kindern Schmerz und Kummer zu bereiten.34Alle Gefangenen in unserem Land wurden getreten und misshandelt;35unter den Augen des höchsten Gottes wurden sie um ihr Recht gebracht;36Unschuldige wurden verurteilt – und das soll der Herr nicht gesehen haben?37Wer sonst spricht ein Wort und es geschieht? Geschieht nicht alles auf seinen Befehl? (Ps 33,9)38Wenn Glück oder Unglück über uns kommt, hat nicht der Höchste es angeordnet? (Am 3,6)39Mit welchem Recht beklagt sich der Mensch bei Gott? Gegen seine Sünde soll er Klage erheben!40Lasst uns unser Leben überprüfen und wieder umkehren zu dem HERRN!41Lasst uns die Hände zum Himmel strecken und Herz und Sinn zum HERRN hinwenden!42Wir haben gesündigt und dir, HERR, getrotzt und du hast uns die Schuld noch nicht vergeben. (Kla 1,18)43Du hast dich ganz in deinen Zorn gehüllt, uns schonungslos gejagt und getötet.44In einer Wolke hast du dich versteckt, damit kein Gebet dich erreichen konnte.45Wie Dreck hast du uns zusammengekehrt, wie Abfall mitten unter den Völkern.46Alle unsere Feinde spotten über uns, höhnisch reißen sie ihre Mäuler auf. (Kla 1,7)47Schrecken und Entsetzen wurden unser Los, Zusammenbruch und Untergang.48Meine Augen zerfließen in Tränen, weil mein Volk zugrunde gegangen ist. (Jer 8,23)49Wie ein Bach, der nie zur Ruhe kommt, strömen meine Tränen, ohne zu versiegen,50bis der HERR sich vom Himmel herabneigt und seinen Blick wieder auf uns richtet. (Ps 102,20)51Es tut mir weh, wenn ich sehen muss, wie es den Frauen in der Stadt ergeht.52Sie haben mir nachgestellt wie einem Vogel, obwohl ich niemandem Anlass gab, mein Feind zu sein. (Jer 17,18)53Sie haben mich lebend in die Grube gestürzt und einen Stein auf die Öffnung gewälzt. (Jer 38,6)54Das Wasser stieg mir bis an die Kehle, ich dachte schon, es sei aus mit mir. (Ps 69,2; Jon 2,6)55Da rief ich zu dir, HERR, um Hilfe; aus der Tiefe der Grube schrie ich zu dir:56»Verschließ dein Ohr nicht! Hör mein Flehen!« Und du hast meinen Hilferuf gehört!57Als ich zu dir schrie, bist du gekommen und hast zu mir gesagt: »Hab keine Angst!«58Du hast mich verteidigt und mir Recht verschafft; das Leben hast du mir gerettet.59Du weißt, was sie mir angetan haben. Stell mein Recht doch völlig wieder her!60Du hast ihren ganzen Hass gesehen und ihre finsteren Pläne gegen mich.61Du hast gehört, wie sie mich schmähten und ihre Pläne gegen mich berieten.62Alles, was sie reden und denken, ist gegen mich gerichtet, Tag für Tag.63Behalte ihr Tun und Lassen fest im Auge! Noch immer singen sie ihr Spottlied auf mich.64Alles, was sie mir angetan haben, HERR, zahl es ihnen heim, vergilt es ihnen! (Ps 137,8; Kla 1,21; 1Petr 2,23)65Verblende sie, verwirre ihren Sinn, schleudere deinen Fluch gegen sie!66Verfolge sie mit deinem ganzen Zorn und fege sie von der Erde weg!
Klagelieder 3
Neues Leben. Die Bibel
von SCM Verlag1Ich bin ein Mensch, der das ganze Elend, das der Zorn des HERRN bringt, ansehen musste.2Er trieb mich in die Finsternis und ließ mich ohne Licht gehen. (Jer 4,23)3Ja, er hat sich gegen mich gewandt. Alle Tage erhebt er seine Hand. ב (Bet) (Jes 5,25)4Er hat meinen Körper und meine Haut altern lassen und mir die Knochen zerschlagen. (Jer 50,17)5Er schloss mich ein und umgab mich mit Gift und Leid.6Er hat mich in die Finsternis geschickt wie einen, der schon tot ist. ג (Gimel)7Er hat mich eingemauert, sodass ich nicht entkommen kann. In Ketten hat er mich gelegt. (Jer 40,4)8Auch wenn ich schreie und um Hilfe rufe, verschließt er seine Ohren vor meinem Gebet.9Er hat mir den Weg mit Steinquadern vermauert, hat meine Pfade unpassierbar gemacht. ד (Dalet) (Jes 63,17)10Aus dem Versteck hat er mir aufgelauert wie ein Bär oder ein Löwe.11Er ließ mich vom Weg abkommen, hat mich zerrissen und einsam liegen lassen. (Hos 6,1)12Er hat seinen Bogen gespannt und mich für den Pfeil zur Zielscheibe gemacht. ה (He)13Die Pfeile aus seinem Köcher schoss er tief in mein Herz.14Mein eigenes Volk macht sich über mich lustig. Den ganzen Tag lang singen sie ihre Spottlieder. (Kla 3,63)15Er hat mich mit Bitterkeit erfüllt. Er ließ mich seinen bitteren Wermutkelch leeren. ו (Waw) (Jer 9,14)16Auf Stein hat er mich mit den Zähnen beißen lassen. In den Staub hat er mich gedrückt. (Spr 20,17)17Meine Seele hat er vom Frieden verstoßen; was Glück ist, habe ich vergessen. (Jes 59,11; Jer 12,12)18Stattdessen muss ich sagen: »Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin!« ז (Zajin) (Hi 17,15; Hes 37,11)19Denk doch an mein Leid und an meine Verlassenheit, an die Bitterkeit und an das Gift![1] (Kla 3,5)20Immer wieder erinnert sich meine Seele daran und ist niedergeschlagen.21Dennoch will ich mir dies zu Herzen nehmen, das will ich hoffen: ח (Chet)22Die Gnade des HERRN nimmt kein Ende! Sein Erbarmen hört nie auf, (Jer 3,12; Mal 3,6)23jeden Morgen ist es neu. Groß ist seine Treue.24Meine Seele spricht: »Der HERR ist mein Anteil[2], auf ihn will ich hoffen.« ט (Thet)25Der HERR ist gut zu denen, die auf ihn warten und ihn suchen. (Jes 25,9; Jes 26,9)26Deshalb ist es gut, still zu werden und auf die Befreiung durch den HERRN zu warten.27Und es ist gut, sich schon als junger Mensch dem Joch seiner Disziplin unterzuordnen: י (Jod)28Wenn er es ihm auferlegt, so soll er es schweigend und still auf sich nehmen. (Jer 15,17)29Er möge sein Gesicht in den Staub legen – vielleicht besteht dann noch Hoffnung für ihn. (Hi 16,15; Hi 40,4)30Wenn ihn andere auf die Wange schlagen, soll er still halten und die Beleidigung schweigend ertragen. כ (Kaf) (Jes 50,6; Mt 5,39)31Denn der Herr verstößt niemanden endgültig: (Jes 54,7)32Wenn er Leid bringt, hat er auch wieder großes Erbarmen. (Hos 11,8)33Denn er hat keine Freude daran, die Menschen zu quälen und ins Elend zu stürzen. ל (Lamed)34Alle Gefangenen auf Erden wurden gedemütigt.35Vor den Augen des Allerhöchsten wurde ihr Recht gebeugt. (Spr 17,15)36Vor Gericht wurde das Recht der Menschen verdreht – sollte der Herr das etwa nicht sehen? מ (Mem) (Jer 22,3; Hab 1,13)37Kann überhaupt irgendetwas geschehen, ohne dass der Herr es will?38Kommt nicht Böses und Gutes aus dem Mund des Allerhöchsten? (Hi 2,10; Jer 32,42)39Wie kann sich ein Mensch über sein Leben beklagen? Sollte er nicht seine eigene Sünde beklagen? נ (Nun) (Mi 7,9; Hebr 12,5)40Lasst uns unser Verhalten überprüfen und wieder zum HERRN umkehren. (2Kor 13,5)41Lasst uns unsere Herzen und Hände zu Gott im Himmel erheben.42Wir, wir haben gesündigt und uns gegen dich aufgelehnt, darum hast du uns nicht vergeben. ס (Samek) (Neh 9,26; Jer 14,20)43Du hast dich in Zorn gehüllt, hast uns verfolgt, getötet und nicht verschont.44Du hast dich in einer Wolke verborgen, sodass dich kein Gebet erreichte.45Du hast uns vor den Völkern zu Dreck und Abscheu gemacht. פ (Pe) (1Kor 4,13)46Unsere Feinde zerreißen sich den Mund über uns. (Kla 2,16)47Schrecken und Fallgruben hast du uns gegeben, außerdem Verderben und Untergang. (Jer 48,43)48Das Schicksal meines Volkes lässt mich Bäche von Tränen vergießen! ע (Ajin)49Meine Tränen nehmen kein Ende. Sie versiegen nicht,50ehe der HERR nicht vom Himmel auf uns herabschaut und uns ansieht.51Das Schicksal der Frauen von Jerusalem bereitet mir große Schmerzen. צ (Sade)52Meine Feinde haben mir ohne Grund nachgestellt wie einem Vogel. (1Sam 26,20)53Sie haben mich lebend in eine Grube geworfen und sie mit Steinen verschlossen. (Jer 37,16)54Das Wasser reichte mir bis zum Hals und ich schrie: »Ich bin verloren!« ק (Qof) (Jon 2,4)55Doch dann rief ich aus der Tiefe der Grube deinen Namen, HERR,56und du hast mich erhört: »Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Hilferuf und vor meinem Schreien!« (Hi 34,28)57Du warst mir an dem Tag nahe, als ich zu dir schrie, und sagtest zu mir: »Fürchte dich nicht!« ר (Resch) (Jes 41,10)58Herr, du hast für mich gestritten und mir das Leben gerettet. (Jer 50,34; Jer 51,36)59Du, HERR, hast meine Unterdrückung gesehen. Verhilf mir zu meinem Recht!60Du hast ihre große Rachsucht und all ihre Pläne gegen mich gesehen. שׁ (Schin)61HERR, du hast gehört, wie sie mich beschimpften. Du kennst ihre Pläne – (Kla 5,1)62die Anschläge, die meine Feinde den ganzen Tag lang gegen mich aushecken. (Hes 36,3)63Sieh doch: Ob sie sitzen oder stehen, singen sie Spottlieder über mich! ת (Taw) (Kla 3,14)64Vergelte ihnen ihr Tun, HERR! (Jer 51,24)65Gib ihnen verstockte Herzen und dann schlag sie mit deinem Fluch! (5Mo 2,30)
Befriedigung des göttlichen Zorns
66Verfolge sie in deinem Zorn und rotte sie unter deinem Himmel aus, HERR. א (Alef)
1Ich bin der Mann, der gelitten hat / durch die Rute seines Zorns.[1]2Mich trieb er weg und ließ mich gehen / im Dunkeln, ohne Licht.3Nur mich trifft seine Hand, / immer wieder, jeden Tag.4Er ließ meine Haut verfallen / und mein Fleisch; / er zerbrach mir die Knochen.5Mit Bitterkeit und Qual / umbaute und umschloss er mich.6In Finsternis ließ er mich wohnen / wie die Toten aus uralter Zeit.7Er hat mich ummauert, ich komme nicht weg, / er hat mich in schwere Ketten gelegt.8Auch wenn ich schrie und flehte, / er verschloss sich vor meinem Gebet.9Mit Quadersteinen versperrt er meinen Weg. / Ich komme nicht mehr weiter.10Wie ein Bär hat er mir aufgelauert, / wie ein Löwe im Versteck.11Er hat mich vom Weg heruntergezerrt, / mich zerrissen und zerfleischt.12Er spannte den Bogen und stellte mich hin, / benutzte mich als Ziel für den Pfeil.13Die Geschosse aus seinem Köcher / trafen meine Nieren schwer.14Die Leute meines Volkes lachten mich aus, / ihre Spottlieder hörte ich jeden Tag.15Er machte mich mit Bitternissen satt / und ließ mich bitteren Wermut[2] trinken.16Er ließ meine Zähne auf Kiesel beißen / und trat mich in den Staub.17Du hast mich aus dem Frieden verstoßen. / Ich habe vergessen, was Glück bedeutet.18Ich sagte: „Meine Zukunft ist verloren, / auch meine Hoffnung auf Jahwe.“19Denke ich an mein rastloses Elend, / ist das wie Wermut und Gift.20Doch immer wieder muss ich es tun / und bin schwermütig geworden.21Doch das will ich mir zu Herzen nehmen, / darauf darf ich hoffen:22Die Güte Jahwes ist nicht zu Ende, / sein Erbarmen hört nicht auf.23An jedem Morgen ist es neu. / Deine Treue ist groß!24Ich sage: „Alles, was ich habe, ist Jahwe!“ / Darum hoffe ich nur auf ihn.25Gut ist Jahwe zu denen, die auf ihn hoffen, / und zu dem, der seine Nähe sucht.26Gut ist es, schweigend zu hoffen / auf die Hilfe Jahwes.27Gut ist es, wenn einer / das Joch schon in der Jugend trägt.28Er sitze einsam und still, / wenn man es ihm auferlegt.29Er presse den Mund auf den Boden, / weil es vielleicht noch Hoffnung gibt.30Er halte dem die Wange hin, der ihn schlägt, / und ertrage alle Demütigung.31Denn nicht für immer / verwirft uns der Herr.32Denn wenn er betrübt, erbarmt er sich wieder. / Seine Güte ist unfassbar groß.33Denn nicht aus Herzensfreude demütigt er, / fügt Menschenkindern Schmerz und Kummer zu.34Dass man mit Füßen tritt / die Gefangenen im Land,35dass man das Recht des Menschen / vor den Augen des Höchsten beugt,36dass man irreführt vor Gericht, / sollte der Herr das nicht sehen?37Wer sonst spricht ein Wort, dass es geschieht? / War das nicht ein Befehl des Herrn?38Kommt nicht aus dem Mund des Höchsten / das böse und das gute Geschick?39Was beklagt sich der, der noch am Leben ist? / Seine Sünde sollte er beklagen!40Wir wollen unseren Wandel erforschen! / Und kehren wir um zu Jahwe!41Lasst uns Herz und Hände / zu Gott im Himmel erheben!42Wir haben gesündigt und dir getrotzt, / und du, du hast nicht vergeben.43In Zorn gehüllt hast du uns verfolgt, / uns ohne Mitleid getötet.44Du hast dich mit einer Wolke umhüllt, / kein Gebet kam mehr hindurch.45Du hast uns zu Abfall gemacht / und zum Ekel für die Völker.46Unsere Feinde reißen ihr Maul gegen uns auf.47Uns wurden Grauen und Grube zuteil, / Zusammenbruch und Untergang.48Meine Tränen strömen wie Bäche, / weil mein Volk zugrunde ging.49Mein Auge zerfließt in Tränen, / kommt nicht zur Ruhe, hört nicht auf,50bis Jahwe vom Himmel herunterschaut und es sieht.51Was ich sehen muss, tut meiner Seele weh, / das, was den Töchtern meiner Stadt geschieht.52Die, die grundlos meine Feinde sind, / jagten mich wie einen Vogel.53In der Grube wollten sie mich töten / und warfen Steine auf mich.54Das Wasser ging mir über den Kopf. / Ich sagte: „Jetzt bin ich verloren!“[3]55Da rief ich deinen Namen, Jahwe, / aus der Grube schrie ich zu dir.56Du hörtest meinen Ruf: / „Verschließ dein Ohr nicht meinem Seufzen, / und meinem Geschrei!“57Als ich rief, kamst du in meine Nähe / und sagtest: „Fürchte dich nicht!“58Du kämpftest im Rechtsstreit für mich, Herr, / du hast mein Leben erlöst.59Du sahst meine Entrechtung, Jahwe. / Verhilf mir doch zu meinem Recht!60Du hast ihre Rachgier gesehen, / alle ihre Pläne gegen mich.61Du hast ihr Schmähen gehört, Jahwe, / alle ihre Pläne gegen mich,62ihr Gerede gegen mich / und Tag für Tag all ihren Spott.63Schau doch ihr Tun und Lassen an! / Ich bin ein Spottlied für sie.64Vergelte es ihnen, Jahwe, / sie haben es nicht anders verdient!65Verblende sie, verwirre ihren Sinn! / Dein Fluch soll über sie kommen!66Verfolge sie in deinem Zorn, Jahwe, / und rotte sie unter deinem Himmel aus.