Klage des Propheten über sein und des Volkes Elend – Anerkenntnis der Treue Gottes – Aufruf zum Sündenbekenntnis – Bitte um Rettung und Vergeltung an den Feinden
1[1] Ich bin der Mann, der Elend sah durch die Rute seines Grimmes. (Ps 102,11; Jer 8,21; Jer 20,18)2Mich trieb er weg und ließ mich gehen in Finsternis und ohne Licht. (Jes 59,9)3Nur[2] gegen mich wendet er immer wieder seine Hand, jeden Tag. (Hi 6,4)4Verfallen ließ er mein Fleisch und meine Haut, zerbrach meine Knochen, (Hi 30,30; Jes 38,13)5umbaute und umgab mich mit Gift und Mühsal. (Hi 19,8)6Er ließ mich wohnen in Finsternissen, wie die Toten der Urzeit[3]. (Ps 143,3; Jes 59,10)7Er ummauerte mich, dass ich nicht herauskann; er legte mich in schwere, bronzene Ketten[4]. (Hi 19,8)8Auch wenn ich schrie und um Hilfe rief, verschloss er ⟨sein Ohr vor⟩ meinem Gebet. (Hi 19,7; Kla 3,44)9Er vermauerte meine Wege mit Quadersteinen, kehrte meine Pfade um[5]. (Hi 19,8)10Ein lauernder Bär war er mir, ein Löwe im Versteck. (Hi 10,16)11Er ließ mich vom Weg abirren[6], zerfleischte mich[7] und machte mich menschenleer[8]. (Kla 1,13)12Er spannte seinen Bogen[9] und stellte mich hin als Ziel für den Pfeil. (Hi 6,4)13Er ließ in meine Nieren dringen die Söhne seines Köchers. (Hi 6,4)14Ich wurde meinem ganzen Volk[10] zum Gelächter, ihr Spottlied ⟨bin ich⟩ jeden Tag. (Hi 30,9; Kla 3,63)15Er sättigte mich mit bitteren Kräutern und tränkte mich mit Wermut. (Jes 51,21; Jer 4,18; Jer 9,14)16Und er ließ auf Kies meine Zähne beißen[11], er trat mich nieder in den Staub. (Spr 20,17)17Du verstießest[12] meine Seele aus dem Frieden[13], ich habe vergessen, was Glück[14] ist. (Jer 16,5)18Und ich sagte: Verloren ist mein Glanz[15] und meine Hoffnung auf den HERRN[16]. (Hes 37,11)19An mein Elend und meine Heimatlosigkeit zu denken, ⟨bedeutet⟩ Wermut und Gift!20⟨Und doch⟩ denkt und denkt meine Seele daran und ist niedergedrückt in mir. (Hi 21,6)21⟨Doch⟩ dies will ich mir in den Sinn zurückrufen, darauf[17] will ich hoffen:22Ja, die Gnadenerweise des HERRN sind nicht zu Ende[18], ja, sein Erbarmen hört nicht auf, (2Sam 24,14; Neh 9,31; Ps 69,17)23es ist jeden Morgen neu. Groß ist deine Treue. (Ps 36,6)24Mein Anteil[19] ist der HERR, sagt meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen. (Hi 22,25; Ps 16,5; Ps 73,26; Ps 94,19)25Gut ist der HERR zu denen, die auf ihn harren, zu der Seele, die nach ihm fragt. (Esr 8,22; Ps 37,7; Ps 71,14; Ps 105,3; Jes 30,18)26Es ist gut, dass man schweigend hofft[20] auf die Rettung des HERRN. (2Mo 14,14; Ps 62,2; Ps 119,166; Hab 2,3)27Gut ist es für den Mann, wenn er ein Joch in seiner Jugend trägt.28Er sitze einsam und schweige, wenn er es ihm auferlegt. (Hi 23,2; Ps 39,10)29Er lege seinen Mund in den Staub[21], vielleicht gibt es Hoffnung.30Er biete dem, der ihn schlägt, die Wange, sättige sich an Schmach. (Hi 30,10; Ps 123,3; Jes 50,6)31Denn nicht für ewig verstößt der Herr, (2Sam 14,14)32sondern wenn er betrübt hat, erbarmt er sich nach der Fülle seiner Gnadenerweise. (Jes 27,8; Jes 54,7; Jer 31,20; Jak 5,11)33Denn nicht von Herzen demütigt[22] und betrübt er die Menschenkinder. (Hes 33,11)34Dass man alle Gefangenen des Landes unter seinen Füßen zertritt,35dass man das Recht eines Mannes beugt vor dem Angesicht des Höchsten,36dass man einen Menschen irreführt in seinem Rechtsstreit – sollte der Herr es nicht sehen? (5Mo 25,1; Ps 94,5; Spr 24,12; Kla 3,59)37Wer ist es, der da sprach, und es geschah – ⟨und⟩ der Herr hat es nicht geboten? (1Kön 22,34; Ps 33,9)38Kommt nicht aus dem Mund des Höchsten das Böse und das Gute hervor? (2Sam 16,10; Hi 2,10; Jes 45,7)39Was beklagt sich der Mensch, der ⟨noch⟩ am Leben ist[23], ⟨was beklagt sich⟩ der Mann über seine Sündenstrafe?[24] (2Kön 6,33; Spr 19,3; Jer 10,19; Jer 30,15)40Prüfen wollen wir unsere Wege und erforschen und umkehren zu dem HERRN! (5Mo 4,30; Jes 55,7; Hos 5,15; Hos 6,1; Hag 1,5)41Lasst uns unser Herz samt den Händen erheben[25] zu Gott im Himmel! (Hi 11,13; Ps 134,2; Mt 6,9)42Wir, wir haben die Treue gebrochen und sind widerspenstig gewesen; du ⟨aber⟩, du hast nicht vergeben. (Esr 9,6; Dan 9,5; Sach 1,6)43Du hast dich in Zorn gehüllt und hast uns verfolgt; du hast uns umgebracht ohne Mitleid. (Ps 80,5; Kla 2,1; Kla 2,21; Kla 3,8)44Du hast dich in eine Wolke gehüllt, sodass kein Gebet hindurchdrang. (Ps 80,5; Kla 2,1; Kla 3,8)45Du hast uns zum Kehricht und zum Ekel gemacht mitten unter den Völkern. (5Mo 28,37; 1Kor 4,13)46Alle unsere Feinde reißen ihren Mund über uns auf. (Ps 22,14; Kla 2,16)47Grauen und Grube sind uns zuteilgeworden, Untergang und Zusammenbruch. (Jes 24,18; Jes 51,19)48Wasserbäche lässt mein Auge fließen[26] wegen des Zusammenbruchs der Tochter meines Volkes. (Ps 137,1; Jer 13,17)49Mein Auge ergießt sich und kommt nicht zur Ruhe, ⟨tränt⟩ unaufhörlich, (Kla 1,16; Lk 19,41)50bis der HERR vom Himmel herunterschaut und hinsieht. (Ps 80,15)51Mein Auge schmerzt mich[27] wegen all der Töchter meiner Stadt.52Wie einen Vogel jagten und jagten mich ⟨jene⟩, die grundlos meine Feinde sind. (Ps 35,19)53Sie stürzten mein Leben in die Grube[28] und warfen Steine auf mich. (Jer 38,6; Dan 6,17)54Wasser strömte über mein Haupt. Ich sagte ⟨mir⟩: Ich bin ⟨vom Leben⟩ abgeschnitten! (Hi 22,11; Jes 53,8; Jon 2,4)55Da rief ich deinen Namen an, HERR, aus der Grube tief unten. (Ps 130,1; Jon 2,3)56Du hast meine Stimme gehört. Verbirg dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, meinem Schreien[29]! (Ps 5,2; Ps 6,9; Ps 55,2; Ps 66,19; Dan 9,17)57Du nahtest an dem Tag, als ich dich anrief; du sprachst: Fürchte dich nicht! (2Kön 19,6; Ps 138,3)58Du hast, Herr, meinen Rechtsstreit geführt[30], hast mein Leben erlöst. (1Sam 25,39; Jer 31,11; Jer 38,13; Jer 50,34)59Du, HERR, hast meine Entrechtung[31] gesehen. Verhilf mir zu meinem Recht[32]! (Ps 10,14; Ps 35,23; Jer 11,20; Kla 3,36)60Du hast gesehen all ihre Rachgier, alle ihre Pläne gegen mich. (Jer 18,23)61Gehört hast du ihr Schmähen, HERR, alle ihre Pläne[33] gegen mich, (Jer 18,23)62das Gerede derer, die gegen mich aufgetreten sind, und ihren Spott über mich den ganzen[34] Tag.63Ihr Sitzen und ihr Aufstehen schau dir an! Ich bin ihr Spottlied. (Kla 3,14)64Übe an ihnen Vergeltung, HERR, nach dem Werk ihrer Hände! (Ps 28,4; Jer 51,56)65Gib ihnen Verblendung des Herzens[35]! Dein Fluch komme über sie! (Ps 109,17)66Jage ihnen nach im Zorn und rotte sie aus unter dem Himmel des HERRN! (Ps 35,5; Jer 15,15)
Klagelieder 3
Neues Leben. Die Bibel
von SCM Verlag1Ich bin ein Mensch, der das ganze Elend, das der Zorn des HERRN bringt, ansehen musste.2Er trieb mich in die Finsternis und ließ mich ohne Licht gehen. (Jer 4,23)3Ja, er hat sich gegen mich gewandt. Alle Tage erhebt er seine Hand. ב (Bet) (Jes 5,25)4Er hat meinen Körper und meine Haut altern lassen und mir die Knochen zerschlagen. (Jer 50,17)5Er schloss mich ein und umgab mich mit Gift und Leid.6Er hat mich in die Finsternis geschickt wie einen, der schon tot ist. ג (Gimel)7Er hat mich eingemauert, sodass ich nicht entkommen kann. In Ketten hat er mich gelegt. (Jer 40,4)8Auch wenn ich schreie und um Hilfe rufe, verschließt er seine Ohren vor meinem Gebet.9Er hat mir den Weg mit Steinquadern vermauert, hat meine Pfade unpassierbar gemacht. ד (Dalet) (Jes 63,17)10Aus dem Versteck hat er mir aufgelauert wie ein Bär oder ein Löwe.11Er ließ mich vom Weg abkommen, hat mich zerrissen und einsam liegen lassen. (Hos 6,1)12Er hat seinen Bogen gespannt und mich für den Pfeil zur Zielscheibe gemacht. ה (He)13Die Pfeile aus seinem Köcher schoss er tief in mein Herz.14Mein eigenes Volk macht sich über mich lustig. Den ganzen Tag lang singen sie ihre Spottlieder. (Kla 3,63)15Er hat mich mit Bitterkeit erfüllt. Er ließ mich seinen bitteren Wermutkelch leeren. ו (Waw) (Jer 9,14)16Auf Stein hat er mich mit den Zähnen beißen lassen. In den Staub hat er mich gedrückt. (Spr 20,17)17Meine Seele hat er vom Frieden verstoßen; was Glück ist, habe ich vergessen. (Jes 59,11; Jer 12,12)18Stattdessen muss ich sagen: »Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin!« ז (Zajin) (Hi 17,15; Hes 37,11)19Denk doch an mein Leid und an meine Verlassenheit, an die Bitterkeit und an das Gift![1] (Kla 3,5)20Immer wieder erinnert sich meine Seele daran und ist niedergeschlagen.21Dennoch will ich mir dies zu Herzen nehmen, das will ich hoffen: ח (Chet)22Die Gnade des HERRN nimmt kein Ende! Sein Erbarmen hört nie auf, (Jer 3,12; Mal 3,6)23jeden Morgen ist es neu. Groß ist seine Treue.24Meine Seele spricht: »Der HERR ist mein Anteil[2], auf ihn will ich hoffen.« ט (Thet)25Der HERR ist gut zu denen, die auf ihn warten und ihn suchen. (Jes 25,9; Jes 26,9)26Deshalb ist es gut, still zu werden und auf die Befreiung durch den HERRN zu warten.27Und es ist gut, sich schon als junger Mensch dem Joch seiner Disziplin unterzuordnen: י (Jod)28Wenn er es ihm auferlegt, so soll er es schweigend und still auf sich nehmen. (Jer 15,17)29Er möge sein Gesicht in den Staub legen – vielleicht besteht dann noch Hoffnung für ihn. (Hi 16,15; Hi 40,4)30Wenn ihn andere auf die Wange schlagen, soll er still halten und die Beleidigung schweigend ertragen. כ (Kaf) (Jes 50,6; Mt 5,39)31Denn der Herr verstößt niemanden endgültig: (Jes 54,7)32Wenn er Leid bringt, hat er auch wieder großes Erbarmen. (Hos 11,8)33Denn er hat keine Freude daran, die Menschen zu quälen und ins Elend zu stürzen. ל (Lamed)34Alle Gefangenen auf Erden wurden gedemütigt.35Vor den Augen des Allerhöchsten wurde ihr Recht gebeugt. (Spr 17,15)36Vor Gericht wurde das Recht der Menschen verdreht – sollte der Herr das etwa nicht sehen? מ (Mem) (Jer 22,3; Hab 1,13)37Kann überhaupt irgendetwas geschehen, ohne dass der Herr es will?38Kommt nicht Böses und Gutes aus dem Mund des Allerhöchsten? (Hi 2,10; Jer 32,42)39Wie kann sich ein Mensch über sein Leben beklagen? Sollte er nicht seine eigene Sünde beklagen? נ (Nun) (Mi 7,9; Hebr 12,5)40Lasst uns unser Verhalten überprüfen und wieder zum HERRN umkehren. (2Kor 13,5)41Lasst uns unsere Herzen und Hände zu Gott im Himmel erheben.42Wir, wir haben gesündigt und uns gegen dich aufgelehnt, darum hast du uns nicht vergeben. ס (Samek) (Neh 9,26; Jer 14,20)43Du hast dich in Zorn gehüllt, hast uns verfolgt, getötet und nicht verschont.44Du hast dich in einer Wolke verborgen, sodass dich kein Gebet erreichte.45Du hast uns vor den Völkern zu Dreck und Abscheu gemacht. פ (Pe) (1Kor 4,13)46Unsere Feinde zerreißen sich den Mund über uns. (Kla 2,16)47Schrecken und Fallgruben hast du uns gegeben, außerdem Verderben und Untergang. (Jer 48,43)48Das Schicksal meines Volkes lässt mich Bäche von Tränen vergießen! ע (Ajin)49Meine Tränen nehmen kein Ende. Sie versiegen nicht,50ehe der HERR nicht vom Himmel auf uns herabschaut und uns ansieht.51Das Schicksal der Frauen von Jerusalem bereitet mir große Schmerzen. צ (Sade)52Meine Feinde haben mir ohne Grund nachgestellt wie einem Vogel. (1Sam 26,20)53Sie haben mich lebend in eine Grube geworfen und sie mit Steinen verschlossen. (Jer 37,16)54Das Wasser reichte mir bis zum Hals und ich schrie: »Ich bin verloren!« ק (Qof) (Jon 2,4)55Doch dann rief ich aus der Tiefe der Grube deinen Namen, HERR,56und du hast mich erhört: »Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Hilferuf und vor meinem Schreien!« (Hi 34,28)57Du warst mir an dem Tag nahe, als ich zu dir schrie, und sagtest zu mir: »Fürchte dich nicht!« ר (Resch) (Jes 41,10)58Herr, du hast für mich gestritten und mir das Leben gerettet. (Jer 50,34; Jer 51,36)59Du, HERR, hast meine Unterdrückung gesehen. Verhilf mir zu meinem Recht!60Du hast ihre große Rachsucht und all ihre Pläne gegen mich gesehen. שׁ (Schin)61HERR, du hast gehört, wie sie mich beschimpften. Du kennst ihre Pläne – (Kla 5,1)62die Anschläge, die meine Feinde den ganzen Tag lang gegen mich aushecken. (Hes 36,3)63Sieh doch: Ob sie sitzen oder stehen, singen sie Spottlieder über mich! ת (Taw) (Kla 3,14)64Vergelte ihnen ihr Tun, HERR! (Jer 51,24)65Gib ihnen verstockte Herzen und dann schlag sie mit deinem Fluch! (5Mo 2,30)
Befriedigung des göttlichen Zorns
66Verfolge sie in deinem Zorn und rotte sie unter deinem Himmel aus, HERR. א (Alef)