Markus 14

Neues Leben. Die Bibel

1 Es waren nun noch zwei Tage bis zum Passahfest und dem Fest der ungesäuerten Brote. Die obersten Priester und Schriftgelehrten suchten noch immer nach einer Gelegenheit, Jesus heimlich zu ergreifen und zu töten. (Joh 11,55)2 »Auf keinen Fall während des Passahfestes«, hatten sie beschlossen, »sonst gibt es einen Aufruhr.«3 Jesus hielt sich inzwischen in Betanien im Haus Simons auf, eines Mannes, der an Aussatz erkrankt war. Als sie beim Essen saßen, kam eine Frau mit einem wunderschönen Gefäß voll kostbaren Öls[1]. Sie zerbrach das Gefäß und goss Jesus das Öl über den Kopf. (Lk 7,37)4 Einige am Tisch waren darüber entrüstet: »Warum wurde dieses kostbare Öl so verschwendet?«, fragten sie.5 »Sie hätte es für ein kleines Vermögen[2] verkaufen und das Geld den Armen geben können!« Und sie wiesen sie scharf zurecht.6 Doch Jesus hielt ihnen entgegen: »Lasst sie in Ruhe. Warum bringt ihr sie in Verlegenheit? Sie hat mir doch etwas Gutes getan.7 Die Armen werdet ihr immer bei euch haben. Ihr könnt ihnen helfen, wann immer ihr wollt. Aber ich werde nicht mehr lange bei euch sein. (5Mo 15,11)8 Sie hat getan, was in ihrer Macht stand, und meinen Körper im Voraus zum Begräbnis gesalbt. (Joh 19,40)9 Ich versichere euch: Überall in der Welt, wo die gute Botschaft gepredigt wird, wird man sich auch an die Tat dieser Frau erinnern.«10 Danach ging Judas Iskariot, einer der zwölf Jünger, zu den obersten Priestern, um Jesus an sie zu verraten.11 Die Priester waren hocherfreut, als sie hörten, warum er gekommen war, und versprachen ihm eine Belohnung. Von da an suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, um Jesus zu verraten.12 Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote, dem Tag, an dem die Passahlämmer geopfert wurden, fragten die Jünger Jesus: »Wo sollen wir hingehen und das Passahmahl vorbereiten?« (2Mo 12,14; 5Mo 16,1; 1Kor 5,7)13 Jesus schickte zwei von ihnen nach Jerusalem, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. »Wenn ihr in die Stadt kommt«, sagte er zu ihnen, »wird euch ein Mann begegnen, der einen Krug Wasser trägt. Folgt ihm.14 Geht in das Haus, das er betritt, und sagt zu dem Besitzer des Hauses: ›Unser Lehrer lässt fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Passahmahl feiern kann?‹ (2Mo 12,8; 3Mo 23,5)15 Er wird euch nach oben in einen großen Raum führen, der für das Festmahl schon hergerichtet ist. Das ist der Ort. Dahin geht und bereitet unser Mahl vor.«16 Die beiden Jünger machten sich auf den Weg in die Stadt und fanden alles genau so, wie Jesus es gesagt hatte; und sie bereiteten dort das Passahmahl vor.17 Am Abend kam Jesus mit den zwölf Jüngern.18 Als sie um den Tisch saßen und aßen, sagte Jesus: »Ich sage euch aber: Einer von euch wird mich verraten, einer, der hier mit mir isst.« (Ps 41,10)19 Erschrocken fragte ihn einer nach dem anderen: »Das bin doch nicht ich, oder?«20 Er erwiderte: »Es ist einer von euch Zwölf, einer, der jetzt mit mir isst.[3]21 Denn der Menschensohn muss sterben, wie es in der Schrift schon seit langer Zeit vorausgesagt ist. Für seinen Verräter aber wird es furchtbar sein. Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren worden wäre!« (Ps 22,2; Jes 53,3)22 Während sie aßen, nahm Jesus einen Laib Brot und bat Gott um seinen Segen. Dann brach er es in Stücke und gab es den Jüngern mit den Worten: »Nehmt, denn das ist mein Leib.« (1Kor 11,23)23 Dann nahm er einen Becher mit Wein und dankte Gott. Er reichte ihn den Jüngern, und sie tranken alle daraus. (1Kor 10,16)24 Und er sagte zu ihnen: »Das ist mein Blut, das für viele vergossen wird und den Bund[4] zwischen Gott und den Menschen besiegelt.25 Ich sage euch: Von jetzt an werde ich keinen Wein mehr trinken bis zu dem Tag, an dem ich ihn wieder neu im Reich Gottes trinken werde.«26 Nachdem sie ein Loblied gesungen hatten, gingen sie hinaus zum Ölberg.27 »Ihr werdet mich alle verlassen«, sagte Jesus zu ihnen. »Denn in der Schrift heißt es: ›Gott[5] wird den Hirten schlagen, und die Schafe werden zerstreut werden.‹[6] (Sach 13,7)28 Doch wenn ich von den Toten auferstanden bin, werde ich euch nach Galiläa vorausgehen und dort auf euch warten.« (Mk 16,7)29 Da sagte Petrus zu ihm: »Auch wenn alle anderen sich von dir abwenden, ich werde es nicht tun.«30 »Petrus«, entgegnete Jesus, »ich sage dir: Noch heute Nacht, bevor der Hahn zwei Mal kräht, wirst du mich drei Mal verleugnen.«31 »Nein!«, beharrte Petrus. »Und wenn ich mit dir sterben müsste! Niemals werde ich dich verleugnen!« Und auch die anderen Jünger beteuerten dies.32 Sie kamen zu einem Olivenhain, der Gethsemane heißt, und Jesus sagte: »Setzt euch hierher, bis ich gebetet habe.«33 Petrus, Jakobus und Johannes aber nahm er mit. Schreckliche Furcht und Angst ergriff ihn und (Mt 17,1; Mk 9,2; Lk 9,28)34 er sagte zu ihnen: »Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir.« (Ps 42,1; Ps 42,7; Joh 12,27)35 Er ging ein Stück weiter und warf sich zu Boden. Dann betete er darum, dass das Schreckliche, das ihn erwartete, wenn es möglich wäre, an ihm vorübergehe.36 »Abba[7], Vater«, sagte er, »dir ist alles möglich. Lass diesen Leidenskelch an mir vorübergehen. Doch dein Wille geschehe, nicht meiner.« (Mt 20,22; Joh 5,30; Joh 6,38; Joh 18,11; Röm 8,15; Gal 4,6)37 Als er zurückging, fand er die Jünger schlafend. »Simon!«, sagte er zu Petrus. »Schläfst du etwa? Konntest du nicht eine einzige Stunde mit mir wachen?38 Seid wachsam und betet, sonst wird euch die Versuchung überwältigen. Denn der Geist ist zwar willig, aber der Körper ist schwach.« (Röm 7,22)39 Danach ging er wieder weg und betete noch einmal und wiederholte seine Bitte.40 Als er wieder zu ihnen zurückkehrte, waren die Jünger wieder eingeschlafen, denn sie konnten ihre Augen nicht mehr offen halten. Und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten.41 Als er das dritte Mal zu ihnen zurückkam, sagte er: »Schlaft ihr noch immer? Ruht ihr euch immer noch aus?[8] Genug damit! Es ist so weit. Der Menschensohn wird in die Hände der Sünder ausgeliefert.42 Kommt, lasst uns gehen. Der Verräter ist da!«43 Kaum hatte er das gesagt, da kam Judas, einer von den zwölf Jüngern, mit vielen Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren. Sie waren von den obersten Priestern, den Schriftgelehrten und führenden Männern des Volkes geschickt worden.44 Judas hatte mit ihnen ein Zeichen vereinbart: »Ihr werdet wissen, wer es ist, wenn ich auf ihn zugehe und ihn mit einem Kuss begrüße. Den könnt ihr festnehmen und abführen.«45 Sobald sie angekommen waren, ging Judas auf Jesus zu. »Rabbi!«, rief er und küsste ihn.46 Da packten die anderen Jesus und verhafteten ihn.47 Aber einer von den Männern, die bei Jesus waren, zog ein Schwert und schlug dem Knecht des Hohen Priesters ein Ohr ab. (Joh 18,10)48 Jesus fragte sie: »Bin ich ein Schwerverbrecher, dass ihr mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet kommt, um mich zu verhaften?49 Warum habt ihr mich nicht im Tempel festgenommen? Ich war doch jeden Tag dort und habe gelehrt. Aber dies alles geschieht, damit erfüllt wird, was die Schrift über mich sagt.« (Jes 53,7; Lk 24,44)50 Da ließen ihn alle seine Jünger im Stich und flohen. (Ps 88,9; Joh 16,32)51 Ein junger Mann, nur mit einem Leinenhemd bekleidet, schlich hinterher. Als die Männer auch ihn zu fassen versuchten,52 rissen sie ihm das Hemd vom Leib, doch er entkam ihnen und lief nackt davon.53 Jesus wurde zum Haus des Hohen Priesters gebracht, wo die obersten Priester, die anderen führenden Männer des Volkes und die Schriftgelehrten sich versammelt hatten.54 Petrus folgte ihnen in weitem Abstand und schlich sich durch das Tor in den Hof des hohepriesterlichen Palastes. Eine Weile saß er bei den Wachen und wärmte sich am Feuer. (Mt 26,3; Joh 18,18)55 Währenddessen versuchten die obersten Priester und der gesamte Hohe Rat[9] Zeugen zu finden, die gegen Jesus aussagten, damit sie ihn zum Tod verurteilen konnten. Doch alle ihre Bemühungen waren vergebens.56 Zwar sagten viele falsche Zeugen gegen ihn aus, aber sie widersprachen einander. (Ps 35,11; Spr 6,16; Spr 19,5)57 Schließlich standen ein paar Männer auf und behaupteten:58 »Wir haben gehört, wie er sagte: ›Ich werde diesen Tempel, der von Menschen errichtet wurde, zerstören und in drei Tagen einen neuen bauen, der nicht von Menschen erbaut ist.‹« (Mk 15,29; Joh 2,19)59 Doch auch ihre Aussagen stimmten nicht überein.60 Da stellte sich der Hohe Priester vor die anderen hin und fragte Jesus: »Willst du denn überhaupt nicht reden? Was hast du zu diesen Anklagen zu sagen?«61 Jesus gab keine Antwort. Der Hohe Priester fragte ihn: »Bist du der Christus, der Sohn Gottes, des Hochgelobten?« (Jes 53,7; 1Petr 2,23)62 Jesus antwortete: »Ich bin es. Ihr werdet den Menschensohn zur Rechten Gottes, des Allmächtigen, sitzen und auf den Wolken des Himmels wiederkommen sehen.«[10] (Ps 110,1; Dan 7,13; Mt 16,27; Mt 24,30; Mk 8,38; Mk 13,26; Apg 1,11; 1Thess 4,16; 2Thess 1,7; Offb 1,1)63 Da zerriss der Hohe Priester sein Gewand und sagte: »Wozu brauchen wir noch weitere Zeugen? (3Mo 10,6; 3Mo 21,10; 4Mo 14,6)64 Ihr habt alle seine Gotteslästerung gehört. Wie lautet euer Urteil?« Und sie verurteilten ihn zum Tod. (3Mo 24,16; Joh 19,7)65 Einige begannen, Jesus anzuspucken; sie verbanden ihm die Augen und schlugen ihm mit den Fäusten ins Gesicht. »Du Prophet, sag uns, wer hat dich gerade geschlagen?«, höhnten sie. Und selbst die Wachen prügelten auf ihn ein, als sie ihn abführten. (Jes 50,6; Jes 53,5)66 In der Zwischenzeit hielt sich Petrus unten im Hof auf. Eine von den Dienerinnen des Hohen Priesters67 bemerkte ihn, als er sich am Feuer wärmte. Sie sah ihn näher an und sagte dann: »Du warst doch auch einer von denen, die mit Jesus von Nazareth zusammen waren.«68 Petrus stritt es ab. »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte er und ging hinaus in den Vorhof. In diesem Augenblick krähte ein Hahn.[11]69 Die Dienerin sah ihn dort stehen und sagte zu den anderen: »Dieser Mann da ist auch einer von ihnen!«70 Und wieder bestritt es Petrus. Kurz darauf sagten auch die Umstehenden zu Petrus: »Du musst auch einer von ihnen sein, du kommst doch auch aus Galiläa.« (Apg 2,7)71 Und Petrus erwiderte: »Ich schwöre bei Gott, ich kenne den Mann nicht, von dem ihr redet.«72 In diesem Augenblick krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da erinnerte sich Petrus daran, was Jesus zu ihm gesagt hatte: »Bevor der Hahn zwei Mal kräht, wirst du mich drei Mal verleugnen.« Und er brach zusammen und weinte. (Mk 14,30)