1Ich bin ein Mensch, der das ganze Elend, das der Zorn des HERRN bringt, ansehen musste.2Er trieb mich in die Finsternis und ließ mich ohne Licht gehen. (Jer 4,23)3Ja, er hat sich gegen mich gewandt. Alle Tage erhebt er seine Hand. ב (Bet) (Jes 5,25)4Er hat meinen Körper und meine Haut altern lassen und mir die Knochen zerschlagen. (Jer 50,17)5Er schloss mich ein und umgab mich mit Gift und Leid.6Er hat mich in die Finsternis geschickt wie einen, der schon tot ist. ג (Gimel)7Er hat mich eingemauert, sodass ich nicht entkommen kann. In Ketten hat er mich gelegt. (Jer 40,4)8Auch wenn ich schreie und um Hilfe rufe, verschließt er seine Ohren vor meinem Gebet.9Er hat mir den Weg mit Steinquadern vermauert, hat meine Pfade unpassierbar gemacht. ד (Dalet) (Jes 63,17)10Aus dem Versteck hat er mir aufgelauert wie ein Bär oder ein Löwe.11Er ließ mich vom Weg abkommen, hat mich zerrissen und einsam liegen lassen. (Hos 6,1)12Er hat seinen Bogen gespannt und mich für den Pfeil zur Zielscheibe gemacht. ה (He)13Die Pfeile aus seinem Köcher schoss er tief in mein Herz.14Mein eigenes Volk macht sich über mich lustig. Den ganzen Tag lang singen sie ihre Spottlieder. (Kla 3,63)15Er hat mich mit Bitterkeit erfüllt. Er ließ mich seinen bitteren Wermutkelch leeren. ו (Waw) (Jer 9,14)16Auf Stein hat er mich mit den Zähnen beißen lassen. In den Staub hat er mich gedrückt. (Spr 20,17)17Meine Seele hat er vom Frieden verstoßen; was Glück ist, habe ich vergessen. (Jes 59,11; Jer 12,12)18Stattdessen muss ich sagen: »Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin!« ז (Zajin) (Hi 17,15; Hes 37,11)19Denk doch an mein Leid und an meine Verlassenheit, an die Bitterkeit und an das Gift![1] (Kla 3,5)20Immer wieder erinnert sich meine Seele daran und ist niedergeschlagen.21Dennoch will ich mir dies zu Herzen nehmen, das will ich hoffen: ח (Chet)22Die Gnade des HERRN nimmt kein Ende! Sein Erbarmen hört nie auf, (Jer 3,12; Mal 3,6)23jeden Morgen ist es neu. Groß ist seine Treue.24Meine Seele spricht: »Der HERR ist mein Anteil[2], auf ihn will ich hoffen.« ט (Thet)25Der HERR ist gut zu denen, die auf ihn warten und ihn suchen. (Jes 25,9; Jes 26,9)26Deshalb ist es gut, still zu werden und auf die Befreiung durch den HERRN zu warten.27Und es ist gut, sich schon als junger Mensch dem Joch seiner Disziplin unterzuordnen: י (Jod)28Wenn er es ihm auferlegt, so soll er es schweigend und still auf sich nehmen. (Jer 15,17)29Er möge sein Gesicht in den Staub legen – vielleicht besteht dann noch Hoffnung für ihn. (Hi 16,15; Hi 40,4)30Wenn ihn andere auf die Wange schlagen, soll er still halten und die Beleidigung schweigend ertragen. כ (Kaf) (Jes 50,6; Mt 5,39)31Denn der Herr verstößt niemanden endgültig: (Jes 54,7)32Wenn er Leid bringt, hat er auch wieder großes Erbarmen. (Hos 11,8)33Denn er hat keine Freude daran, die Menschen zu quälen und ins Elend zu stürzen. ל (Lamed)34Alle Gefangenen auf Erden wurden gedemütigt.35Vor den Augen des Allerhöchsten wurde ihr Recht gebeugt. (Spr 17,15)36Vor Gericht wurde das Recht der Menschen verdreht – sollte der Herr das etwa nicht sehen? מ (Mem) (Jer 22,3; Hab 1,13)37Kann überhaupt irgendetwas geschehen, ohne dass der Herr es will?38Kommt nicht Böses und Gutes aus dem Mund des Allerhöchsten? (Hi 2,10; Jer 32,42)39Wie kann sich ein Mensch über sein Leben beklagen? Sollte er nicht seine eigene Sünde beklagen? נ (Nun) (Mi 7,9; Hebr 12,5)40Lasst uns unser Verhalten überprüfen und wieder zum HERRN umkehren. (2Kor 13,5)41Lasst uns unsere Herzen und Hände zu Gott im Himmel erheben.42Wir, wir haben gesündigt und uns gegen dich aufgelehnt, darum hast du uns nicht vergeben. ס (Samek) (Neh 9,26; Jer 14,20)43Du hast dich in Zorn gehüllt, hast uns verfolgt, getötet und nicht verschont.44Du hast dich in einer Wolke verborgen, sodass dich kein Gebet erreichte.45Du hast uns vor den Völkern zu Dreck und Abscheu gemacht. פ (Pe) (1Kor 4,13)46Unsere Feinde zerreißen sich den Mund über uns. (Kla 2,16)47Schrecken und Fallgruben hast du uns gegeben, außerdem Verderben und Untergang. (Jer 48,43)48Das Schicksal meines Volkes lässt mich Bäche von Tränen vergießen! ע (Ajin)49Meine Tränen nehmen kein Ende. Sie versiegen nicht,50ehe der HERR nicht vom Himmel auf uns herabschaut und uns ansieht.51Das Schicksal der Frauen von Jerusalem bereitet mir große Schmerzen. צ (Sade)52Meine Feinde haben mir ohne Grund nachgestellt wie einem Vogel. (1Sam 26,20)53Sie haben mich lebend in eine Grube geworfen und sie mit Steinen verschlossen. (Jer 37,16)54Das Wasser reichte mir bis zum Hals und ich schrie: »Ich bin verloren!« ק (Qof) (Jon 2,4)55Doch dann rief ich aus der Tiefe der Grube deinen Namen, HERR,56und du hast mich erhört: »Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Hilferuf und vor meinem Schreien!« (Hi 34,28)57Du warst mir an dem Tag nahe, als ich zu dir schrie, und sagtest zu mir: »Fürchte dich nicht!« ר (Resch) (Jes 41,10)58Herr, du hast für mich gestritten und mir das Leben gerettet. (Jer 50,34; Jer 51,36)59Du, HERR, hast meine Unterdrückung gesehen. Verhilf mir zu meinem Recht!60Du hast ihre große Rachsucht und all ihre Pläne gegen mich gesehen. שׁ (Schin)61HERR, du hast gehört, wie sie mich beschimpften. Du kennst ihre Pläne – (Kla 5,1)62die Anschläge, die meine Feinde den ganzen Tag lang gegen mich aushecken. (Hes 36,3)63Sieh doch: Ob sie sitzen oder stehen, singen sie Spottlieder über mich! ת (Taw) (Kla 3,14)64Vergelte ihnen ihr Tun, HERR! (Jer 51,24)65Gib ihnen verstockte Herzen und dann schlag sie mit deinem Fluch! (5Mo 2,30)
Befriedigung des göttlichen Zorns
66Verfolge sie in deinem Zorn und rotte sie unter deinem Himmel aus, HERR. א (Alef)
Klagelieder 3
Lutherbibel 2017
Klage und Trost eines Leidenden
1Ich bin der Mann, der Elend sehen muss durch die Rute seines Grimmes.2Er hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins Licht.3Er hat seine Hand gewendet gegen mich und erhebt sie gegen mich Tag für Tag.4Er hat mir Fleisch und Haut alt gemacht und mein Gebein zerschlagen.5Er hat mich ringsum eingeschlossen und mich mit Bitternis und Mühsal umgeben.6Er hat mich in Finsternis versetzt wie die, die längst tot sind.7Er hat mich ummauert, dass ich nicht herauskann, und mich in harte Fesseln gelegt.8Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich die Ohren zu vor meinem Gebet. (Ps 22,3; Ps 69,4)9Er hat meinen Weg vermauert mit Quadern und meinen Pfad zum Irrweg gemacht.10Er hat auf mich gelauert wie ein Bär, wie ein Löwe im Verborgenen.11Er lässt mich den Weg verfehlen, er hat mich zerfleischt und zunichtegemacht.12Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziel gegeben.13Er hat mir seine Pfeile in die Nieren geschossen.14Ich bin ein Hohn für mein ganzes Volk und täglich ihr Spottlied. (Hi 30,9)15Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt und mit Wermut getränkt.16Er hat mich auf Kiesel beißen lassen, er drückte mich nieder in die Asche.17Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben; ich habe das Gute vergessen.18Ich sprach: Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin.19Gedenke doch, wie ich so elend und verlassen, mit Wermut und Bitterkeit getränkt bin!20Du wirst ja daran gedenken, denn meine Seele sagt mir’s.21Dies nehme ich zu Herzen, darum hoffe ich noch:22Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, (Neh 9,31)23sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.24Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen. (Ps 16,5; Ps 73,26)25Denn der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt.26Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen. (Röm 8,25)27Es ist ein köstlich Ding für einen Mann, dass er das Joch in seiner Jugend trage.28Er sitze einsam und schweige, wenn Gott es ihm auferlegt,29und stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch Hoffnung.30Er biete die Backe dar dem, der ihn schlägt, und lasse sich viel Schmach antun. (Mt 5,39)31Denn der Herr verstößt nicht ewig; (Jes 54,8)32sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte.33Denn nicht von Herzen plagt und betrübt er die Menschen.34Wenn man alle Gefangenen auf Erden unter die Füße tritt35und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugt36und eines Menschen Sache verdreht, – sollte das der Herr nicht sehen?37Wer darf denn sagen, dass solches geschieht ohne des Herrn Befehl (Jes 45,7; Am 3,6)38und dass nicht Böses und Gutes kommt aus dem Munde des Allerhöchsten?39Was murren denn die Leute im Leben, ein jeder über die Folgen seiner Sünde?40Lasst uns erforschen und prüfen unsern Wandel und uns zum HERRN bekehren!41Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!42Wir, wir haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen, darum hast du nicht vergeben. (Ps 106,6)43Du hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt und ohne Erbarmen getötet.44Du hast dich mit einer Wolke verdeckt, dass kein Gebet hindurchkonnte.45Du hast uns zu Kehricht und Unrat gemacht unter den Völkern.46Alle unsere Feinde reißen ihr Maul auf über uns.47Wir werden gedrückt und geplagt mit Schrecken und Angst.48Wasserbäche rinnen aus meinen Augen über den Jammer der Tochter meines Volks.49Meine Augen fließen und können’s nicht lassen, und es ist kein Aufhören da,50bis der HERR vom Himmel herabschaut und darein sieht. (Ps 102,20)51Mein Auge macht mir Schmerzen wegen all der Töchter meiner Stadt.52Meine Feinde haben mich ohne Grund gejagt wie einen Vogel.53Sie haben mein Leben in der Grube zunichtegemacht und Steine auf mich geworfen.54Wasser hat mein Haupt überschwemmt; da sprach ich: Nun bin ich verloren.55Ich rief aber deinen Namen an, HERR, unten aus der Grube,56und du erhörtest meine Stimme: »Verbirg deine Ohren nicht vor meinem Seufzen und Schreien!«57Du nahtest dich zu mir, als ich dich anrief, und sprachst: Fürchte dich nicht!58Du führst, Herr, meine Sache und erlöst mein Leben.59Du siehst, HERR, wie mir Unrecht geschieht; hilf mir zu meinem Recht!60Du siehst, wie sie Rache üben wollen, und kennst alle ihre Gedanken gegen mich.61HERR, du hörst ihr Schmähen und alle ihre Anschläge gegen mich,62die Reden meiner Widersacher und ihr Geschwätz über mich den ganzen Tag.63Sieh doch: Ob sie sitzen oder aufstehen, singen sie über mich Spottlieder.64Vergilt ihnen, HERR, wie sie verdient haben! (Ps 137,8; Kla 1,21; 1Petr 2,23; 1Petr 3,9)65Lass ihnen das Herz verstockt werden, lass sie deinen Fluch fühlen!66Verfolge sie mit Grimm und vertilge sie unter dem Himmel des HERRN.