Klagelieder 1

Lutherbibel 2017

von Deutsche Bibelgesellschaft
1 Ach, wie liegt die Stadt so verlassen, die voll Volks war! Sie ist wie eine Witwe, die Fürstin unter den Völkern, und die eine Königin in den Ländern war, muss nun dienen. (Jer 51,5)2 Sie weint des Nachts, dass ihr die Tränen über die Backen laufen. Es ist niemand unter allen ihren Liebhabern, der sie tröstet. Alle ihre Freunde sind ihr untreu und ihre Feinde geworden. (Ps 69,21)3 Juda ist gefangen in Elend und schwerem Dienst, es wohnt unter den Völkern und findet keine Ruhe; alle seine Verfolger kommen heran in Bedrängnissen.4 Die Straßen nach Zion liegen wüst, weil niemand auf ein Fest kommt. All ihre Tore stehen öde, ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen sehen jammervoll drein, und sie ist betrübt.5 Ihre Widersacher sind obenauf, ihren Feinden geht’s gut; denn der HERR hat über sie Jammer gebracht um ihrer großen Sünden willen, und ihre Kinder sind gefangen vor dem Feind dahingezogen.6 Es ist von der Tochter Zion aller Schmuck dahin. Ihre Fürsten sind wie Hirsche, die keine Weide finden und matt vor dem Verfolger herlaufen.7 Jerusalem denkt in dieser Zeit, da sie elend und verlassen ist, wie viel Gutes sie von alters her gehabt hat, wie aber all ihr Volk darniedersank unter des Feindes Hand und ihr niemand half. Ihre Feinde sehen auf sie herab und spotten über ihren Untergang.8 Jerusalem hat sich versündigt; darum muss sie sein wie eine unreine Frau. Alle, die sie ehrten, verschmähen sie jetzt, weil sie ihre Blöße sehen; sie aber seufzt und hat sich abgewendet. (Hes 16,37)9 Ihr Unflat klebt an ihrem Saum. Sie hätte nicht gemeint, dass es ihr zuletzt so gehen würde. Sie ist ja gräulich heruntergestoßen und hat dazu niemand, der sie tröstet. »Ach, HERR, sieh an mein Elend; denn der Feind triumphiert!«10 Der Feind hat seine Hand gelegt an alle ihre Kleinode. Ja, sie musste zusehen, dass die Heiden in ihr Heiligtum gingen, während du geboten hast, sie sollten nicht in deine Gemeinde kommen. (5Mo 23,4; Jer 52,17)11 Alles Volk seufzt und geht nach Brot, es gibt seine Kleinode um Speise, um sein Leben zu erhalten. »Ach, HERR, sieh doch und schau, wie verachtet ich bin!«12 Euch allen, die ihr vorübergeht, sage ich: »Schaut doch und seht, ob irgendein Schmerz ist wie mein Schmerz, der mich getroffen hat; denn der HERR hat Jammer über mich gebracht am Tage seines grimmigen Zorns.13 Er hat ein Feuer aus der Höhe in meine Gebeine gesandt und lässt es wüten. Er hat meinen Füßen ein Netz gestellt und mich rückwärts fallen lassen; er hat mich zur Wüste gemacht, dass ich für immer siech bin.14 Schwer ist das Joch meiner Sünden; durch seine Hand sind sie zusammengeknüpft. Sie sind mir auf den Hals gekommen, sodass mir alle meine Kraft vergangen ist. Der Herr hat mich in die Gewalt derer gegeben, gegen die ich nicht aufkommen kann.15 Der Herr hat zertreten alle meine Starken, die ich hatte; er hat gegen mich ein Fest ausrufen lassen, um meine junge Mannschaft zu verderben. Der Herr hat die Kelter getreten der Jungfrau, der Tochter Juda. (Jes 63,3)16 Darüber weine ich so, und mein Auge fließt von Tränen; denn der Tröster, der meine Seele erquicken sollte, ist ferne von mir. Meine Kinder sind dahin; denn der Feind hat die Oberhand gewonnen.«17 Zion streckt ihre Hände aus, und doch ist niemand da, der sie tröstet; denn der HERR hat gegen Jakob seine Feinde ringsum aufgeboten, sodass Jerusalem zwischen ihnen sein muss wie eine unreine Frau.18 »Der HERR ist gerecht, denn ich bin seinem Worte ungehorsam gewesen. Höret, alle Völker, und schaut meinen Schmerz! Meine Jungfrauen und Jünglinge sind in die Gefangenschaft gegangen. (Kla 3,42; Kla 5,16)19 Ich rief meine Freunde, aber sie ließen mich im Stich. Meine Priester und meine Ältesten sind in der Stadt verschmachtet, sie gehen nach Brot, um ihr Leben zu erhalten.20 Ach, HERR, sieh doch, wie bange ist mir, dass mir’s im Leibe davon wehtut! Mir dreht sich das Herz im Leibe um, weil ich so ungehorsam gewesen bin. Draußen hat mich das Schwert und im Hause hat mich der Tod meiner Kinder beraubt.21 Man hört’s wohl, dass ich seufze, und doch habe ich keinen Tröster; alle meine Feinde hören mein Unglück und freuen sich, dass du es gemacht hast. Du hast den Tag kommen lassen, den du verkündet hast, – aber ihnen soll es gehen wie mir. (Kla 4,21)22 Lass alle ihre Bosheit vor dich kommen und richte sie zu, wie du mich zugerichtet hast um aller meiner Missetat willen; denn meiner Seufzer sind viel, und mein Herz ist betrübt.«

Klagelieder 1

Das Buch

von SCM Verlag

Das Kapitel ist in dieser Übersetzung nicht verfügbar.

Klagelieder 1

Gute Nachricht Bibel 2018

von Deutsche Bibelgesellschaft
1 Ach, wie einsam ist die Stadt geworden, die früher voller Menschen war! Einst war sie bei allen Völkern geachtet, jetzt gleicht sie einer schutzlosen Witwe. Sie, die Herrin über viele Länder, muss nun als Sklavin Frondienst leisten. (Jes 49,21; Jer 44,2)2 Sie weint und klagt die ganze Nacht, Tränen laufen ihr über die Wangen. Von den Liebhabern, die sie einst begehrten, kommt nicht einer, um sie zu trösten. Alle Freunde sind ihr untreu geworden und haben sich gegen sie gewandt. (Jer 30,14)3 Nach langer Zeit der Not und Bedrängnis wurden die Leute von Juda weggeführt. Die Verfolger trieben sie in die Enge und setzten ihnen grausam zu. Unter fremden Völkern müssen sie wohnen und können nirgendwo Ruhe finden.4 Die Wege zum Zionsberg liegen verlassen; sie trauern, weil niemand zum Fest kommt. Die Tore der Stadt sind trostlose Trümmer, die Priester des Tempels seufzen vor Gram, bedrückt sind die Mädchen, die früher dort sangen, Jerusalem selbst leidet tödliche Qualen.5 Die Feinde sind auf dem Gipfel des Glücks; sie haben endlich erreicht, was sie wollten. Der HERR hat der Stadt dieses Leid geschickt als Strafe für ihre vielen Vergehen. Ihre Kinder hat der Feind geraubt und als Gefangene vor sich hergetrieben.6 Die Zionsstadt hat all ihren Glanz verloren: Ihre Führer sind wie hungernde Hirsche, die nirgendwo ihre Weide finden und kraftlos immer weiter fliehen, weil der Jäger ihnen auf den Fersen bleibt.7 Die Zionsstadt denkt zurück an die Tage, als sie in höchste Bedrängnis geriet. Sie denkt traurig an die verlorenen Schätze, die sie seit uralter Zeit besaß. Als ihr Volk in die Hand des Feindes fiel, gab es weit und breit niemand, der ihr half. Ihre Gegner schauten schadenfroh zu und lachten, als sie unterging. (Kla 2,16; Kla 3,46)8 Sie hat schwere Schuld auf sich geladen und sich selbst zum Gespött gemacht. Wer sie früher verehrte, verachtet sie nun, weil er sie nackt und schutzlos liegen sah. Sie aber seufzt und stöhnt vor Scham und wendet ihr Gesicht von ihnen ab. (Kla 1,18)9 Bei ihrem schlimmen Treiben bedachte sie nicht, dass sie ihre Unreinheit nicht verbergen kann. Entsetzlich tief ist sie gefallen und niemand ist da, der sie trösten will. Nun schreit sie: »Sieh doch mein Elend, HERR! Höre doch, wie die Feinde prahlen!«10 Die Hand des Feindes hat zugegriffen und alle ihre Schätze geraubt. Hilflos musste sie es mit ansehen, wie die Fremden ins Heiligtum eindrangen, Fremde, denen der HERR doch verboten hatte, mit seinem Volk dort vor ihn zu treten. (Jer 51,51; Jer 52,17)11 Alle Bewohner der Zionsstadt stöhnen, verzweifelt suchen sie nach Nahrung. Sie geben ihren Schmuck für ein Stück Brot, damit sie sich am Leben erhalten. Laut klagt die Stadt: »HERR, sieh mich doch an! Sieh doch, wie sehr man mich verachtet!«12 Allen, die vorübergehen, ruft sie zu: »Nichts dergleichen möge euch treffen! Schaut her, wo gibt es solche Qualen, wie ich sie jetzt erleiden muss? Der HERR hat sie mir auferlegt am Tag, an dem sein Zorn mich traf.13 Von oben her schickte er Feuer auf mich, das in mir wütete und mich bezwang. Er spannte sein Netz aus, um mich zu fangen; ich lief hinein und stürzte zu Boden. Er hat mich völlig zugrunde gerichtet und mich für alle Zukunft krank gemacht.14 Alle meine Sünden hat er genommen; ein Joch hat er daraus gemacht, das hat er mir auf den Nacken gelegt und ich bin darunter zusammengebrochen. Er hat mich den Feinden preisgegeben, vor denen ich nicht standhalten konnte.15 Meine Krieger, die ich bei mir hatte, schob er mit einer Handbewegung fort. Er rief die Feinde gegen mich zusammen, um meine jungen Männer zu vernichten. Wie man Trauben in der Kelter zertritt, so ließ er das Volk von Juda von ihnen zertreten.16 Darum fließen meine Tränen unaufhörlich, ich weine mir die Augen aus dem Kopf. Ich habe niemand, um mich zu trösten, niemand, der mir Erleichterung bringt. Meine Kinder haben keine Zukunft mehr, die Übermacht der Feinde war zu groß.«17 Die Zionsstadt streckt die Hände aus, doch niemand ist da, der sie tröstet. Der HERR hat die Nachbarvölker gerufen, um sein Volk in die Enge zu treiben. Jerusalem ist für sie eine Stadt, auf die sie voller Abscheu blicken.18 »Der HERR ist im Recht, wenn er mich straft; denn ich habe mich seinem Wort widersetzt. Ihr Völker alle, hört meine Klage! Seht, welche Qualen ich erdulden muss: Meine Mädchen und meine jungen Männer, sie mussten fort in die Gefangenschaft! (Esr 9,7; Kla 3,42; Kla 5,16; Dan 9,4)19 Ich rief die Liebhaber, die mich einst begehrten, doch sie ließen mich alle im Stich. Meine Priester und die führenden Männer, elend sind sie umgekommen in der Stadt, weil sie nirgends etwas zu essen fanden, um sich am Leben zu erhalten.20 HERR, sieh doch, wie verzweifelt ich bin, wie es brennt in meinen Eingeweiden! Das Herz dreht sich mir im Leibe um! Wie konnte ich so widerspenstig sein? Draußen raubte mir das Schwert die Kinder, drinnen raffte sie die Seuche hin.21 Meine Feinde haben mich stöhnen gehört: ›Niemand ist da, um mich zu trösten!‹ Sie haben von meinem Unglück gehört und sich gefreut, dass du mir das angetan hast. Du hast dein Strafgericht über mich gebracht, das du mir seit Langem angekündigt hattest; aber auch ihnen soll es ergehen wie mir!22 Ihre Verbrechen sollen vor dein Gericht kommen; zieh sie dafür zur Rechenschaft, so wie du es mit mir getan hast wegen meiner vielen Vergehen! Ach, mein Stöhnen nimmt kein Ende, mein Herz ist schon ganz krank davon.« (Jer 11,20)

Klagelieder 1

Hoffnung für alle

von Biblica
1 Ach, wie einsam und verlassen liegt Jerusalem da, die Stadt, in der sich einst die Menschen drängten! Sie war berühmt bei allen Völkern, jetzt gleicht sie einer Witwe ohne Schutz. Sie, die über andere Länder herrschte, wird nun zum Sklavendienst gezwungen.[1]2 Sie weint und weint die ganze Nacht, die Tränen laufen ihr übers Gesicht. Unter all ihren Liebhabern ist niemand, der sie in ihrem Schmerz tröstet. Alle Freunde haben sie betrogen und sind zu ihren Feinden geworden!3 Juda musste viel Elend und Zwangsarbeit erdulden, bis sie gefangen fortgeschleppt wurde. Jetzt wohnt sie unter fremden Völkern und findet auch dort keine Ruhe; ihre Verfolger haben sie überfallen, als sie sich nicht wehren konnte.4 Die Wege, die nach Zion führen, sind verödet, weil niemand mehr zu den Festen hinaufzieht. Alle Tore Jerusalems sind menschenleer. Die Priester hört man nur noch seufzen, die jungen Mädchen weinen und trauern. Die ganze Stadt leidet bitteren Schmerz.5 Die sie hassen, haben die Macht über sie, ihre Feinde können sich in Sicherheit wiegen. Der HERR hat Leid über Jerusalem gebracht, um sie für ihre vielen Sünden zu strafen. Die Feinde nahmen ihre Kinder gefangen und trieben sie vor sich her aus dem Land.6 Zion hat all ihre Pracht verloren. Ihre Führer sind wie Hirsche, die keine Weide mehr finden; ausgehungert, wie sie sind, fehlt ihnen nun die Kraft, den Jägern zu entfliehen.7 Mitten im Elend, weit weg von der Heimat, erinnert sich Jerusalem an ihren alten Glanz. Sehnsüchtig denkt sie zurück an die Schätze, die sie seit grauer Vorzeit besaß. Als sie dem Feind in die Hände fiel, war weit und breit niemand da, der ihr half. Stattdessen sahen ihre Gegner schadenfroh zu und weideten sich an ihrem Unglück.8 Jerusalem hat große Schuld auf sich geladen, nun schüttelt man den Kopf über sie. Die sie früher verehrten, verachten sie jetzt, weil sie nackt und hilflos vor ihnen liegt. Sie aber stöhnt vor lauter Scham und vergräbt ihr Gesicht in den Händen.9 Sie hat ihre Kleider mit Sünde beschmutzt und die Folgen ihres Tuns nicht bedacht. Nun ist sie furchtbar tief gefallen – und keiner ist da, der sie tröstet. »Ach, HERR«, fleht sie, »sieh mein Elend an und hör doch, wie die Feinde prahlen!«10 Doch diese machten sich über sie her und raubten all ihre kostbaren Schätze. Ja, Jerusalem musste sogar mit ansehen, wie Fremde in den heiligen Tempel eindrangen. Dabei hatte Gott ihnen verboten, den Ort zu betreten, wo sich seine Gemeinde versammelt.11 Das Volk läuft seufzend umher auf der Suche nach einem Stück Brot. Sie geben all ihr Hab und Gut, nur um am Leben zu bleiben. Jerusalem fleht: »HERR, sieh mich an! Ich werde von allen verachtet!12 Ihr Fremden, geht nicht einfach an mir vorbei! Bleibt doch stehen und schaut mich an! Lässt euch dieser Anblick etwa kalt? Gibt es denn ein größeres Leid als meines? Ich weiß: Der HERR hat es mir zugefügt, sein glühender Zorn hat mich getroffen.13 Er ließ Feuer vom Himmel auf mich fallen, das in meinem Inneren wütete. Er hat mir eine Falle gestellt und mich zu Boden geworfen. Er hat mich völlig zugrunde gerichtet, endlos sieche ich nun dahin.14 Schwer lasten meine Sünden auf mir wie ein Joch, das der Herr mir aufgebürdet hat. Er legte es auf meinen Nacken, und ich brach darunter zusammen. Dann übergab er mich an die Feinde, gegen die ich nichts ausrichten konnte.15 Vernichtet hat er meine besten Soldaten, die ich bei mir hatte, um mich zu schützen. Er hat die Feinde zu einem Schlachtfest geladen, um unsere jungen Männer niederzumetzeln. Der Herr hat das Volk von Juda zertreten, so wie man Trauben in der Kelter zerstampft.16 Darüber muss ich bitterlich weinen, die Tränen verschleiern mir die Augen. Denn ich habe keinen bei mir, der mich tröstet, niemanden, der mir wieder Mut zuspricht. Meine Kinder sind ihrem Schicksal ausgeliefert, der Feind hat uns alle in seiner Gewalt.«17 Verzweifelt streckt Zion ihre Hände aus, doch keiner ist da, der sie tröstet! Der HERR hat Israels Feinde von allen Seiten herbeigerufen, sie stürmen gegen die Nachkommen von Jakob heran. Voller Abscheu blicken sie auf Jerusalem, die Stadt ist für sie zum Schandfleck geworden.18 »Zu Recht hat der HERR mich bestraft, denn ich habe mich seinen Geboten widersetzt! All ihr anderen Völker, hört her! Seht doch, wie groß mein Schmerz ist! Die Mädchen und die jungen Männer, sie wurden als Gefangene verschleppt.19 Ich rief nach meinen einstigen Liebhabern, aber sie haben mich alle im Stich gelassen. Meine Priester und die führenden Männer sind mitten in der Stadt zusammengebrochen. Mit letzter Kraft suchten sie nach Nahrung, um sich am Leben zu erhalten.20 Ach, HERR, sieh doch, wie verzweifelt ich bin! In mir wühlt der Schmerz; mir bricht das Herz, wenn ich daran denke, wie ich mich gegen dich aufgelehnt habe. Draußen raubte das Schwert mir meine Kinder, und drinnen raffte die Seuche sie dahin.21 Man hört mich seufzen, doch keiner tröstet mich. Stattdessen jubeln meine Feinde, wenn sie erfahren, welches Unglück du über mich gebracht hast. Doch wenn dein Gerichtstag kommt, den du seit langem angekündigt hast, dann wird es ihnen ergehen wie mir.22 Zieh sie zur Rechenschaft für all ihre Bosheit! Vergelte ihnen ihre grausamen Taten, so wie du es auch mit mir getan hast, als du mich für meine Schuld bestraftest! Denn ich seufze ohne Ende, der Kummer macht mich krank.«

Klagelieder 1

Menge Bibel

1 Ach, wie liegt sie doch (jetzt) so einsam da, die (einst) volkreiche Stadt! Wie zu einer Witwe ist sie geworden, sie, die (vordem) groß war unter den Völkern: die Fürstin unter den Städten muß nun Frondienste[1] leisten!2 Bitterlich weint sie nachts, tränenbenetzt sind ihre Wangen; keiner ist da, sie zu trösten, von all ihren (früheren) Liebhabern: all ihre Freunde haben ihr die Treue gebrochen, sind ihr zu Feinden geworden!3 In die Gefangenschaft ist Juda gewandert vor Elend und hartem Knechtsdienst; es weilt unter den Heiden, ohne Ruhe zu finden; alle seine Verfolger haben es in seiner Bedrängnis erhascht!4 Die Straßen nach Zion trauern, weil niemand mehr zu den Festen kommt; alle Tore der Stadt sind verwüstet, ihre Priester seufzen; ihre Jungfraun sind tief betrübt, und sie selbst – ach, ihr ist bitter wehe!5 Ihre Bedränger sind obenauf gekommen, ihre Feinde wohlgemut, denn der HERR hat sie in Trauer versetzt ob ihren vielen Sünden; ihre Kinder haben in die Gefangenschaft[2] wandern müssen vor dem Bedränger her.6 Geschwunden ist aus der Tochter Zion all ihre Herrlichkeit; ihre Fürsten sind den Hirschen[3] gleich geworden, die keine Weide finden: kraftlos sind sie dahingezogen vor dem Treiber her.7 Jerusalem denkt jetzt in den Tagen seines Elends und seiner Vereinsamung an all das Herrliche zurück, das es seit den Tagen der Vorzeit genossen hat: wie jetzt sein Volk in Feindeshand gefallen und niemand ihm zu Hilfe gekommen ist, während die Bedränger dabei zusahen und über seinen Untergang hohnlachten.8 Jerusalem hat schwer gesündigt und ist darum zum Abscheu geworden: alle, welche die Stadt einst ehrten, verachten sie jetzt, weil sie ihre Blöße geschaut haben; auch sie selbst seufzt und wendet sich ab.9 Ihre Schleppe ist schmählich besudelt, sie hatte ihr Ende nicht bedacht; darum ist sie so tief gesunken: sie hat keinen Tröster! »Ach, HERR, sieh mein Elend an, denn der Feind frohlockt!«10 Der Feind hat seine Hand ausgestreckt nach allen ihren Kostbarkeiten: ja, Heiden hat sie in ihr Heiligtum eindringen sehen, denen du doch den Zutritt zu deiner Gemeinde versagt hast!11 Ihre gesamte Bewohnerschaft seufzt auf der Suche nach Brot; ihre Kostbarkeiten geben sie für Lebensmittel hin, um nur den Hunger zu stillen. »Ach, HERR, blicke her und sieh darein, wie verachtet ich bin!«12 Rührt es euch nicht, ihr alle, die ihr des Weges vorüberzieht? Blicket her und seht, ob einen Schmerz es gibt wie den Schmerz, der mich getroffen, mich, die der HERR heimgesucht hat am Tage seines lodernden Zorns!13 Aus der Höhe hat er Feuer geschleudert in meine Gebeine, wo es vernichtend wütet; meinen Füßen hat er ein Netz gestellt und mich zu Fall gebracht, hat mich einsam gemacht, siech immerdar!14 Fest geknüpft durch seine Hand ist das Joch meiner Übertretungen; ineinander verschlungen sind sie mir auf den Nacken gelegt: er hat meine Kraft gebrochen; der Herr hat mich in die Hände derer fallen lassen, gegen die ich nicht aufkommen konnte[4].15 Der Herr hat alle meine tapferen Krieger in meiner Mitte weggerafft; er hat ein Opferfest gegen mich ausgerufen, um meine junge Mannschaft zu zerschmettern: der Herr hat der jungfräulichen Tochter Juda die Kelter getreten.16 Darüber muß ich weinen, mein Auge zerfließt in Tränen; denn fern von mir ist ein Tröster, der mein Herz ermutigen könnte; meine Kinder sind vernichtet, denn der Feind ist übermächtig.17 (Die Tochter) Zion streckt ihre Hände aus, aber niemand ist da, sie zu trösten; der HERR hat gegen Jakob seine Nachbarn ringsum als Widersacher entboten: Jerusalem ist zum Abscheu unter ihnen geworden!18 Der HERR ist gerecht[5], denn seinen Geboten habe ich widerstrebt! Hört es doch, ihr Völker alle, und seht meinen Schmerz: meine Jungfraun und meine Jünglinge sind in die Gefangenschaft gezogen!19 Ich habe meine Liebhaber angerufen, doch sie haben mich betrogen; meine Priester und meine Ältesten sind in der Stadt verschmachtet, als sie sich Nahrung suchten, um ihren Hunger zu stillen.20 Ach, HERR, sieh, wie mir so angst ist! Mein Inneres glüht[6]; das Herz kehrt sich mir in der Brust um, weil ich so ungehorsam gewesen! Draußen beraubt mich das Schwert meiner Kinder, drinnen ist’s wie der Tod!21 Sie haben gehört, wie ich seufzte: »Ich habe keinen Tröster!« Alle meine Feinde haben von meinem Unglück gehört, haben sich gefreut, daß du selbst es getan, daß du den angedrohten Tag herbeigeführt hast – möge es ihnen ebenso ergehen wie mir!22 Laß all ihre Bosheit dir vor Augen treten und tu ihnen, wie du mir getan hast wegen all meiner Verfehlungen! Ach, zahlreich sind meine Seufzer, und mein Herz ist krank!