1Es ekelt mich vor diesem ganzen Leben, drum halt ich meine Klage nicht zurück; es muss heraus, was mich verzweifeln lässt! (Hi 7,11)2Du kannst mich doch nicht einfach schuldig sprechen! Gott, sag mir jetzt, was wirfst du mir denn vor? (Hi 6,24)3Was bringt es dir, dass du so grausam bist? Verachtest du, was du geschaffen hast, und lässt gelingen, was Verbrecher planen?4Siehst du denn auch nicht mehr, als Menschen sehen, und urteilst so beschränkt, wie wir es tun? (1Sam 16,7)5Dein Leben ist doch nicht wie unser Leben, du zählst es nicht wie wir nach kurzen Jahren.6Was suchst du dann so eilig meine Schuld und spürst voll Eifer meinen Sünden nach,7obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin und niemand mich aus deiner Hand errettet?8Mit deinen Händen hast du mich gestaltet und nun verschlingst du mich mit Haut und Haar. (1Mo 2,7; 1Mo 3,19)9Vergiss es nicht: Du formtest mich wie Ton. Willst du mich jetzt in Staub zurückverwandeln?10Wie Milch hast du mich damals hingegossen, im Mutterleib mich Form annehmen lassen.11Mit Haut und Muskeln hast du mich umgeben, aus Knochen und aus Sehnen mich geflochten.12Das Leben gabst du mir und deine Liebe; dein Schutz bewahrte meinen Lebensgeist.13Und doch, ich weiß, dass du bei alledem ganz im Geheimen etwas anderes plantest:14Du wolltest sehen, ob ich schuldig würde, um mir dann jeden Fehler vorzuhalten.15Tu ich nun Unrecht, so ergeht’s mir schlecht. Tu ich das Rechte, lässt du’s auch nicht gelten. Von Schmach und Schande bin ich wie benommen.16Gelingt mir etwas und ich fühle Stolz, so machst du wie ein Löwe Jagd auf mich und ängstigst mich mit deiner Übermacht.17Dir fehlt es nie an Zeugen gegen mich, damit du Grund hast, mir noch mehr zu grollen und immer neue Strafen zu verhängen.[1]18Warum, Gott, hast du mich ans Licht geholt, hervorgezogen aus dem Leib der Mutter? Wär ich gestorben, eh’ ein Mensch mich sah! (Hi 3,3)19Vom Schoß der Mutter gleich hinein ins Grab, das wäre so, als wär ich nie gewesen!20Ich habe nur noch kurze Zeit zu leben; lass mich in Frieden diesen Rest genießen! (Hi 7,7)21Bald geh ich fort ins dunkle Land der Toten, aus dem es niemals eine Rückkehr gibt, (Hi 7,9)22ins Land, wo Finsternis und Chaos herrschen und selbst das Licht so schwarz ist wie die Nacht.«
1»Mein Leben ekelt mich an! Darum will ich der Klage freien Lauf lassen und mir die Bitterkeit von der Seele reden.2Gott, stell mich nicht als schuldig hin! Erklär mir doch, warum du mich anklagst!3Gefällt es dir, dass du mich unterdrückst? Warum verachtest du mich, den du selbst so kunstvoll gebildet hast? Die Pläne gewissenloser Menschen aber führst du zum Erfolg.4Hast du denn Menschenaugen? Siehst du die Dinge nur von außen, so wie wir?5Sind deine Lebenstage auch begrenzt, deine Jahre rasch vergangen so wie unsere?6Warum suchst du dann nach meiner Schuld und hast es eilig, jede Sünde aufzuspüren?7Du weißt doch genau, dass ich unschuldig bin und dass es keinen gibt, der mich aus deiner Hand befreit.8Deine Hände haben mich gebildet und geformt. Willst du dich jetzt von mir abwenden und mich zerstören?9Bedenke doch, dass du mich wie Ton gestaltet hast! Lässt du mich jetzt wieder zu Staub zerfallen?10Dir verdanke ich mein Leben: dass mein Vater mich zeugte und ich im Mutterleib Gestalt annahm.[1]11Mit Knochen und Sehnen hast du mich durchwoben, mit Muskeln und Haut mich bekleidet.12Ja, du hast mir das Leben geschenkt und mir deine Güte erwiesen; deine Fürsorge hat mich stets bewahrt.13Aber tief in deinem Herzen denkst du anders; in Wirklichkeit hast du dies beschlossen:14Auf jedes Vergehen willst du mich festnageln und mich von meiner Schuld nicht mehr freisprechen.15Habe ich mich schuldig gemacht, dann bin ich verloren! Doch auch wenn ich im Recht bin, kann ich nicht zuversichtlich sein, denn man überhäuft mich mit Schande, und mein Elend steht mir ständig vor Augen.16Will ich mich behaupten, jagst du mich wie ein Löwe und richtest mich wieder schrecklich zu.17Einen Zeugen nach dem anderen lässt du gegen mich auftreten, dein Zorn wird nur noch größer, auf immer neue Art greifst du mich an.18Warum hast du zugelassen, dass ich geboren wurde? Wäre ich doch gleich gestorben – kein Mensch hätte mich je gesehen!19Vom Mutterleib direkt ins Grab! Ich wäre wie einer, den es nie gegeben hat.20Wie kurz ist mein Leben! Schon fast vergangen! Lass mich jetzt in Frieden, damit ich noch ein wenig Freude habe!21Bald muss ich gehen und komme nie mehr wieder. Ich gehe in ein Land, wo alles schwarz und düster ist,22ins Land der Dunkelheit und tiefen Nacht, ein Land, in dem es keine Ordnungen mehr gibt, wo selbst das Licht nur schwarz ist wie die Nacht.«
1Hiob redete weiter: „Mein ganzes Leben kotzt mich an! Und ich will meinen Frust hier auch rauslassen, ich will darüber reden, was mich so kaputt gemacht hat und was mir wehtut.2Und ich sage dabei zu Gott:,Bitte mach mich nicht total kaputt! Und sag mir endlich, warum du mich überhaupt so anzählst! Was hab ich denn so Schlimmes verbrochen?3Bist du so sadomäßig unterwegs, oder was? Macht es dir Spaß, wenn du Leute kaputt machst, die du mal gebaut hast? Und den ganzen fiesen Typen hilfst du auch noch, wenn sie irgendwelche Leute abziehen?4Kannst du dich nicht in die Menschen einfühlen? Kannst du die Dinge nicht so sehen, wie wir Menschen sie sehen?5Vergeht denn für dich die Zeit so wie für uns? Hast du nicht ein ganz anderes Zeitgefühl als wir?6Warum sind dir meine Fehler so wichtig? Warum checkst du mein Leben so krass ab, ob ich irgendwo Mist gebaut habe?7Und das, obwohl du weißt, dass ich nichts ausgefressen habe. Außerdem weißt du auch, dass es niemanden gibt, der mich vor dir retten kann.8Zuerst wurde ich von dir in Handarbeit hergestellt, und jetzt wirfst du mich in den Müll.9Denk doch mal dran: Du hast mich aus Matsch gemacht! Willst du mich jetzt wirklich wieder zu einem Matschklumpen zerquetschen?10Hast du mich nicht damals wie aus Knetmasse geformt und dann aushärten lassen?11Hast du nicht dafür gesorgt, dass an mir Haut, Knochen, Sehnen und Muskeln gewachsen sind?12Weil du mich liebst, hast du mir erlaubt, dass ich überhaupt leben darf, und mein Innerstes wurde von dir beschützt.13Aber jetzt ist mir klar, dass du die ganze Zeit eigentlich was ganz anderes mit mir vorhattest.14Du wolltest mich austesten, ob ich irgendwann mal Mist baue oder nicht. Und dann hättest du mir meinen Mist nicht verziehen, und ich wäre dran gewesen.15Wenn ich Mist baue, dann krieg ich richtig eins drauf! Und wenn ich keinen Mist baue, kann ich immer noch nicht aufrecht rumlaufen, ich muss ständig den Kopf einziehen. Ich bin total blamiert und als Krönung noch in der absoluten Krise.16Und wenn ich mal was auf die Reihe kriege, dann wärst du sofort hinter mir her und würdest mir eine Mordsangst einjagen, weil du einfach viel stärker bist als ich. Aber dann würdest du wieder gute Sachen bringen, über die ich einfach nur staunen kann.17Es wäre kein Problem für dich, vor Gericht noch ein paar mehr Zeugen aufzufahren, die gegen mich aussagen würden. Dann hättest du noch mehr Grund, sauer auf mich zu sein. Es würden wie im Schichtwechsel immer wieder neue Feinde auftauchen und gegen mich kämpfen.18Warum bin ich überhaupt geboren worden, Gott? Wenn ich wenigstens bei der Geburt gestorben wäre, dann hätte mich nie ein Mensch gesehen.19Am besten alles in einem Abwasch: direkt aus der Gebärmutter ins Grab, dann wäre es so, als wäre ich nie am Leben gewesen.20Ich bin sowieso bald tot. Also lass mich bitte in Ruhe noch meine letzten Tage leben, damit ich wenigstens wieder etwas besser draufkomme als jetzt.21Bald verschwinde ich von hier. Dann bin ich endlich tot, im absoluten Nichts.22Dort ist es nur megadunkel, und das totale Chaos herrscht da. Selbst wenn man dort eine Lampe anmachen würde, wäre das Licht schwarz.“