von SCM Verlag1Hat der Mensch nicht ein schweres Los[1] zu tragen? Sein Leben lang geht es ihm nicht besser als einem Knecht. (3Mo 25,50; Hi 14,6)2Wie ein Arbeiter in der Sonnenhitze sehnt er sich nach Schatten, wie ein Knecht wartet er auf seinen Lohn.3Auch mir sind Monate der Enttäuschung beschieden worden und Nächte des Elends muss ich durchmachen.4Wenn ich mich schlafen lege, denke ich: Wann endlich ist die Nacht vorbei? Wann kann ich wieder aufstehen? Doch dann wälze ich mich bis zum Morgen hin und her, weil die Nacht sich endlos hinzieht. (5Mo 28,67; Hi 7,13)5Mein Körper ist mit Würmern und Wundkrusten bedeckt, die Haut bricht auf und Eiter fließt heraus.
Hiob schreit zu Gott
6Meine Tage eilen schneller dahin als ein Weberschiffchen. Sie entschwinden ohne Hoffnung.7O Gott, bedenke doch, dass mein Leben im Nu vorbei ist und dass ich das Glück nicht wieder sehen werde! (Hi 7,16; Hi 9,25; Ps 78,39)8Wer nach mir schaut, wird mich nicht mehr sehen. Suchen deine Augen nach mir, bin ich nicht mehr da. Du siehst mich jetzt, aber nicht mehr lange. Deine Augen ruhen auf mir, doch eines Tages werde ich nicht mehr da sein. (Hi 7,21; Hi 20,9)9Wie sich eine Wolke auflöst und verschwindet, so kommt niemand, der ins Totenreich hinuntergefahren ist, wieder herauf.10Er hat sein Haus für immer verlassen, an seinem Wohnort kennt man ihn nicht mehr. (Ps 103,16)11Darum will ich nicht schweigen, sondern aussprechen, was mich quält. Meine Seele ist voll Bitterkeit, ich muss meine Klagen loswerden.12Bin ich denn das Meer oder ein Seeungeheuer, dass du mich so streng bewachen lässt?13Wenn ich denke: ›Mein Bett wird mich trösten, ich will versuchen, mein Elend im Schlaf zu vergessen‹, (Hi 7,4; Ps 6,7)14so erschreckst du mich mit Träumen und ängstigst mich mit Visionen.15Lieber ließe ich mich erwürgen, lieber wäre ich tot, statt als ausgemergeltes Gerippe weiterzuleben.16Ich gebe auf, ich will nicht noch länger so weiterleben müssen. Lass mich in Ruhe, denn von meinem Leben ist nicht mehr viel übrig.17Was ist der Mensch, dass du so großes Aufheben um ihn machst? Warum achtest du auf ihn? (Hi 22,2; Hebr 2,6)18Du siehst ihn jeden Morgen an und prüfst ihn jeden einzelnen Augenblick des Tages.19Wie lange willst du mich noch so beobachten? Kannst du mich nicht in Ruhe lassen – nur einen Augenblick?20Habe ich gesündigt? Was habe ich dir getan, du Wächter der Menschheit? Warum machst du mich zur Zielscheibe deiner Angriffe? Bin ich dir eine Last? (Hi 35,3)21Warum vergibst du mir nicht meine Sünde und nimmst nicht meine Schuld von mir? Denn bald lege ich mich in den Staub und sterbe. Wenn du mich dann suchst, bin ich fort.« (Hi 10,9)
1„Ist der Mensch auf Erden nicht immer im Dienst, / so wie ein Söldner jeden Tag?2Wie ein Sklave sich nach Schatten sehnt, / wie ein Tagelöhner nach dem Lohn,3so sind mir leere Monate beschert / und Nächte voller Mühsal zugeteilt.4Wenn ich liege, sage ich mir: / 'Wann stehe ich endlich wieder auf?' / Doch die Nacht zieht sich dahin, / und ich wälze mich bis zur Morgendämmerung herum.5Mein Leib ist gekleidet in Maden und Schorf, / meine Haut ist verkrustet und verfault.6Wie ein Weberschiffchen[1] fliegen meine Tage, / ganz ohne Hoffnung schwinden sie dahin.7Bedenke, dass mein Leben ein Hauch ist, / mein Auge nie mehr Gutes sehen wird.8Wer mich sehen will, / erblickt mich nicht mehr, / sucht mich dein Auge, / bin ich nicht mehr da.9Die Wolke löst sich auf und verschwindet, / und wer zu den Toten fährt, steigt nicht wieder auf.10Er kehrt nicht mehr in sein Haus zurück, / und seine Stätte kennt ihn nicht mehr.“
Hiob protestiert gegen Gottes Handeln mit ihm
11„So will auch ich meinen Mund nicht halten, / will reden in meiner inneren Angst, / will klagen voller Bitterkeit.12Bin ich ein Ungeheuer oder ein Meer, / dass du eine Wache gegen mich stellst?13Wenn ich sage: 'Mein Bett soll mich trösten, / mein Lager meine Klage ertragen',14so erschreckst du mich mit Träumen, / bringst mich durch Visionen in Angst,15so dass ich lieber ersticken wollte, / lieber den Tod als meine Knochen hier sehe.16Ich bin es satt! / Ich mag nicht ewig leben. / Lass mich! / Mein Leben ist doch nur ein Hauch.17Was ist der Mensch, / dass du ihn groß machst, / dass du Acht auf ihn hast,18dass du ihn jeden Morgen zur Rechenschaft ziehst, / dass du ihn jeden Augenblick prüfst?19Wann endlich blickst du von mir weg, / dass ich in Ruhe meinen Speichel schlucken kann?20Hab ich gesündigt? Was tat ich dir an, du Wächter der Menschen? / Warum hast du mich zu deiner Zielscheibe gemacht? / Warum werde ich mir selbst zur Last?21Und warum vergibst du mein Vergehen nicht / und erlässt mir meine Schuld? / So lege ich mich jetzt in den Erdenstaub, / und wenn du mich suchst, bin ich nicht mehr da.“