1Da antwortete Hiob: 2»Wie lange wollt ihr mich noch quälen und mit euren Worten auf mich einschlagen?3Zehnmal habt ihr mich nun beschimpft. Ihr misshandelt mich, ohne euch zu schämen.4Und selbst wenn ich gesündigt hätte, wäre das allein meine Sache.5Wenn ihr wirklich über mich triumphieren wollt, dann legt mir dar, wofür ich mich schämen soll. (Ps 35,26; Ps 38,17)6Ihr müsst doch sehen, dass Gott mir Unrecht tut! Er hat sein Netz rings um mich ausgeworfen. (Hi 18,8; Hi 27,2; Ps 66,11)7Schreie ich: ›Gewalttat‹, antwortet mir niemand. Rufe ich um Hilfe, finde ich keine Gerechtigkeit. (Hab 1,2)8Gott hat meinen Weg vermauert, ich kann nicht weitergehen. Er hat meine Straße in Dunkelheit gehüllt. (Kla 3,7)9Er hat mir meine Ehre genommen und mir die Krone vom Kopf gezerrt. (Ps 89,40; Kla 5,16)10Er hat mich von allen Seiten niedergerissen, mit mir ist es aus. Ich bin wie ein entwurzelter Baum – ohne Hoffnung.11In seinem Zorn wütet er gegen mich, er hat mich zu seinem Feind erklärt.12Seine Truppen rücken gemeinsam vor. Sie bauen Straßen, um mich anzugreifen. Sie haben mein Haus umstellt.13Meine Brüder hat er mir genommen, meine Bekannten haben sich von mir entfremdet. (Ps 69,9; Ps 88,9)14Meine Nachbarn halten sich von mir fern und meine Freunde haben mich vergessen.15Meine Hausdiener und meine Mägde behandeln mich wie einen Fremden, für sie bin ich zu einem Ausländer geworden.16Ich rufe nach meinem Knecht, doch er antwortet nicht, ich muss ihn geradezu anflehen!17Meiner Frau ist mein Atem zuwider und meinen Brüdern ekelt vor meinem Gestank.18Selbst die kleinen Kinder verachten mich. Wenn ich versuche aufzustehen, machen sie spöttische Bemerkungen.19Alle, denen ich vertraute, verabscheuen mich, und die Menschen, die ich geliebt habe, stellen sich gegen mich. (Ps 38,12; Ps 55,13)20Ich bin nur noch Haut und Knochen und sogar meine Zähne hab ich verloren. (Ps 102,6; Kla 4,8)21Habt Mitleid mit mir, meine Freunde, habt Mitleid, denn die Hand Gottes hat mich schwer getroffen.22Warum verfolgt ihr mich, wie Gott es tut? Wann habt ihr endlich genug davon, mich so zu zerfleischen? (Ps 69,27)23Ich wollte, meine Worte könnten aufgeschrieben und in einem Buch festgehalten werden, (Jes 30,8; Jer 36,2)24oder sie könnten mit eisernem Griffel in einen Felsen gehauen und mit Blei ausgegossen werden, damit sie für immer zu lesen wären!25Und doch weiß ich, dass mein Erlöser lebt und auf dieser Erde das letzte Wort haben wird[1]. (Ps 78,35; Jes 43,14; Jer 50,34)26Mag meine Haut noch so zerfetzt und von meinem Fleisch wenig übrig sein, werde ich Gott doch sehen[2]. (Mt 5,8; 1Kor 13,12; 1Joh 3,2)27Ich werde ihn sehen, ja, mit meinen eigenen Augen werde ich ihn erblicken, ohne jede Fremdheit. Danach sehnt sich alles in mir.28Wenn ihr sagt: ›Wir wollen diesen Mann stellen, um ihm nachzuweisen, dass er an seiner Notlage selbst schuld ist‹,29dann nehmt euch in Acht vor dem richtenden Schwert. Ihr werdet für euer Verhalten bestraft werden. Und dann werdet ihr erkennen, dass es ein Gericht gibt.« (Ps 9,8; Pred 12,14)
1Da erwiderte Hiob:2„Wie lange wollt ihr mich quälen, / mich mit Worten zerschlagen?3Schon zehnmal habt ihr mich beschimpft / und schämt euch nicht, mich zu misshandeln!4Und hätte ich wirklich geirrt, / müsste ich das selber ertragen.5Müsst ihr denn so großtun gegen mich / und mir meine Schmach beweisen?“
Gott behandelt mich als Feind
6„Seht doch ein, dass Gott mir Unrecht tut, / dass er seine Schlinge um mich zieht.7Ich schreie: 'Gewalt!', aber niemand hört. / Ich rufe um Hilfe, doch da ist kein Recht.8Er hat mir den Weg verbaut, / ich kann nicht weiter. / Meine Pfade hüllt er mit Finsternis ein.9Er zog mir meine Ehre aus / und nahm mir die Krone vom Kopf.10Er hat mich ringsum niedergebrochen, so dass ich vergehe. / Meine Hoffnung riss er aus wie einen Baum.11Seinen Zorn ließ er gegen mich lodern / und hat mich zu seinen Feinden gezählt.12Geschlossen rückten seine Scharen an, / bahnten ihren Weg gegen mich / und lagerten sich rings um mein Zelt.“
Er hat mir Verwandte und Freunde entfremdet
13„Meine Brüder hat er von mir entfernt, / Bekannte kennen mich nicht mehr.14Meine Verwandten halten sich fern, / meine Freunde vergessen mich.15Den Gästen meines Hauses[1] und meinen Mägden bin ich wie ein Fremder, / ein Ausländer bin ich für sie.16Ich rufe den Sklaven, er gibt keine Antwort; / ich muss ihn anflehen mit eigenem Mund.17Meiner Frau ist mein Atem zuwider, / meinen Geschwistern mein Gestank.18Selbst Kinder lachen über mich, / verhöhnen mich, wenn ich aufstehen will.19All meine Vertrauten verabscheuen mich, / und die ich liebte, haben sich gegen mich gestellt.20Nur Haut und Knochen bin ich noch, / nur das nackte Leben brachte ich davon.21Habt Erbarmen, Erbarmen mit mir, meine Freunde! / Was mich zu Boden schlug, war Gottes Hand.22Warum verfolgt ihr mich wie Gott, / bekommt nicht genug davon, mich zu zerfleischen?“
Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!
23„Ich wünschte, jemand schriebe meine Worte auf, / zeichnete sie auf in ein Buch,24mit eisernem Griffel in Blei, / in den Felsen gehauen auf ewig!25Doch ich weiß, dass mein Erlöser lebt, / zuletzt erhebt er sich über den Staub. (Ps 22,15)26Nachdem meine Haut so sehr zerschunden ist, / schaue ich Gott auch ohne mein Fleisch.27Ihn selbst werde ich sehen, / ja, meine Augen schauen ihn an; / er wird kein Fremder für mich sein. / Ich sehne mich von Herzen danach.“
Seht euch vor!
28„Wenn ihr überlegt: 'Wie können wir ihn verfolgen, / wie finden wir den Grund seines Übels?'29Dann fürchtet euch selbst vor dem Schwert! / Denn Zorn wird mit dem Schwert bestraft, / damit ihr wisst: Es gibt ein Gericht.“