von SCM Verlag1Wie vergänglich ist doch der Mensch! Wie kurz ist sein Leben und wie viel Leid muss er tragen![1] (Hi 5,7; Pred 2,23)2Wie eine Blume blüht er für einen Augenblick auf und im nächsten ist er verwelkt. Er verschwindet wie ein Schatten und hat keinen Bestand.3Dennoch behältst du ihn auf Schritt und Tritt im Auge, und mich stellst du vor dein Gericht.4Kann denn aus einem schuldbeladenen Geschlecht ein schuldloser Mensch hervorgehen? Niemals![2] (Hi 15,14; Hi 25,4)5Du bestimmst die Lebensdauer eines Menschen. Du legst fest, wie viele Tage und Monate er hat, und schenkst ihm nicht eine Minute mehr. (Hi 21,21)6Wende deinen Blick wenigstens kurz von ihm ab und gönne ihm etwas Ruhe, damit er wie ein Arbeiter zufrieden auf seinen Tag zurückblicken kann.7Wenn ein Baum gefällt wird, dann besteht Hoffnung, dass er wieder ausschlägt und neue Zweige treibt.8Seine Wurzeln mögen im Boden altern und der Stumpf absterben,9trotzdem wird er schon allein vom Geruch des Wassers neues Grün treiben und ausschlagen wie ein junger Sämling.10Doch wenn ein Mensch stirbt, ist seine Kraft verschwunden. Er tut seinen letzten Atemzug, und wo ist er dann? (Hi 13,19)11Wie das Wasser eines Sees verdampft und ein Fluss versickert und austrocknet, (Jes 19,5)12legt sich der Mensch zum Sterben hin und steht nicht wieder auf. Bis der Himmel vergeht, wird er nicht mehr erwachen und nicht aus seinem Schlaf aufgeweckt werden.13Ich wünschte, du würdest mich bei den Toten[3] verbergen und mich dort aufbewahren, bis dein Zorn verraucht ist, du würdest mir eine Frist setzen und dich dann wieder an mich erinnern. (Jes 26,20)14Wenn ein Mensch stirbt, kann er dann ins Leben zurückkehren? Wenn es so wäre, würde ich jeden Tag, an dem ich hier kämpfe, sehnsüchtig auf meine Ablösung warten.15Du würdest rufen und ich würde antworten, und du hättest Sehnsucht nach mir, denn du hast mich geschaffen.16Dann würdest du meine Schritte zählen, ohne dabei auf eine Sünde zu lauern. (Hi 10,6; Hi 31,4; Hi 34,21; Spr 5,21)17Mein Vergehen wäre in einem Sack versiegelt und du würdest meine Schuld zudecken. (5Mo 32,32)18Doch wie Berge einstürzen und Felsen von der Klippe rollen,19wie Wasser Steine aushöhlt und Flüsse den Boden fortschwemmen, so vernichtest du die Hoffnung des Menschen. (Hi 7,6)20Du überwältigst ihn und er verschwindet für immer. Du entstellst sein Gesicht im Tod und schickst ihn fort. (Hi 20,7; Hi 34,20)21Er weiß nicht, ob seine Söhne einmal zu Ehren kommen oder in Bedeutungslosigkeit versinken. (Pred 9,5)22Er ist ganz eingesponnen in seinen eigenen Schmerz und seinen eigenen Kummer.[4]«
1„Der Mensch, geboren von der Frau, / ist knapp an Tagen und unruhevoll.2Er blüht wie eine Blume auf und verwelkt, / er flieht wie ein Schatten, hat keinen Bestand.3Doch über ihn hast du ein waches Auge, / ihn ziehst du vor dein Gericht.4Gibt es denn einen Reinen, der von Unreinen stammt? / Nicht einen!5Sind seine Tage bestimmt, / steht die Zahl seiner Monate fest, / hast du ihm die Schranke gesetzt, / die er niemals überschreiten kann,6dann schau doch von ihm weg, dass er Ruhe hat, / dass er wie ein Tagelöhner sich seines Tagwerks freuen kann!“
Verzweifelt: Der Mensch hat keine Hoffnung.
7„Denn für den Baum gibt es Hoffnung: / Wird er gefällt, so schlägt er wieder aus, / an Trieben fehlt es ihm nicht.8Wenn seine Wurzel im Boden altert, / sein Stumpf im Staub abstirbt,9so sprosst er wieder vom Duft des Wassers, / treibt Zweige wie ein Pflänzling.10Der Starke aber stirbt und ist schwach, / ein Mensch kommt um – und wo ist er?11Wie Wasser aus dem See verschwindet, / wie ein Strom austrocknet und versiegt,12so legt der Mensch sich hin und steht nicht mehr auf; / der Himmel vergeht, bevor er erwacht / und geweckt wird aus seinem Schlaf.13Ach, dass du mich bei den Toten verstecktest, / mich verbirgst, bis dein Zorn vorüber ist, / mir eine Frist setzt und dann an mich denkst!14Wenn ein Starker stirbt, wird er wieder leben? / Meine Dienstzeit lang wollte ich warten, / bis meine Ablösung käme!15Du würdest rufen und ich gäbe dir Antwort, / du sehntest dich nach dem Werk deiner Hände.16Dann zähltest du zwar meine Schritte, / doch du hieltest mir meine Sünden nicht vor.17Mein Vergehen wäre ein versiegeltes Bündel, / meine Schuld hättest du übertüncht.18Doch auch ein Berg stürzt ein und zerfällt, / und ein Fels rückt von der Stelle.19Steine werden vom Wasser zerrieben, / das Erdreich schwemmt ein Wolkenbruch weg, / und die Hoffnung des Menschen löschst du aus.20Du überwältigst ihn, er geht für immer fort, / du entstellst sein Gesicht und schickst ihn weg.21Kommen seine Kinder zu Ehren, weiß er es nicht, / kommen sie herunter, merkt er es nicht.22Nur sein eigener Körper bereitet ihm Schmerz, / nur um die eigene Seele trauert er noch.“