von SCM Verlag1Da sagte Agrippa zu Paulus: »Du kannst nun zu deiner Verteidigung sprechen.« Paulus hob die Hand und begann seine Verteidigung:2»Ich schätze mich glücklich, König Agrippa, dass ich gerade dir meine Verteidigung gegen all diese Anschuldigungen durch die führenden Männer des jüdischen Volkes vortragen kann,3denn ich weiß, dass du dich mit jüdischen Bräuchen und Streitfragen sehr gut auskennst. Nun sei so freundlich, mich geduldig anzuhören!4Wie die führenden Männer des jüdischen Volkes sehr wohl wissen, wurde ich von frühester Kindheit an bei meinem eigenen Volk und in Jerusalem nach jüdischer Tradition erzogen. (Gal 1,13; Phil 3,5)5Wenn sie es vielleicht auch nicht zugeben, so wissen sie doch genau, dass ich ein Mitglied der Pharisäer war, der strengsten Gruppierung unserer Religion.6Nun stehe ich vor Gericht, weil ich die Erfüllung der Verheißung erwarte, die Gott unseren Vorfahren gegeben hat. (1Mo 3,15; 1Mo 22,18; 1Mo 26,4; 5Mo 18,15; Jes 7,14; Jes 9,5; Jer 23,5; Jer 33,14; Hes 34,23; Hes 37,24; Dan 9,24; Mal 3,1; Apg 13,32; Apg 23,6)7Die zwölf Stämme Israels beten wegen dieser Verheißung Tag und Nacht zu Gott; sie haben dieselbe Hoffnung wie ich. Trotzdem behaupten sie, König, es sei falsch von mir, diese Hoffnung zu hegen! (Phil 3,11; 1Thess 3,10)8Warum sollte es denn irgendjemand von euch für unglaubwürdig halten, dass Gott die Toten auferwecken kann? (Dan 12,2; Apg 23,6)9Früher glaubte ich, alles, was in meinen Kräften steht, tun zu müssen, um den Anhängern des Jesus von Nazareth Einhalt zu gebieten[1]. (Joh 15,21; Joh 16,2; 1Tim 1,13)10Von den Anführern des jüdischen Volkes dazu bevollmächtigt, ließ ich viele Gläubige in Jerusalem verhaften. Wenn sie zum Tode verurteilt wurden, stimmte ich ebenso gegen sie. (Apg 8,3; Apg 22,4)11Oft ließ ich sie in den Synagogen auspeitschen, weil ich sie dazu bringen wollte, Christus zu verfluchen. Ich bekämpfte sie mit solcher Erbitterung, dass ich sie sogar bis in weit entfernte Städte im Ausland verfolgte.12Aus diesem Grund reiste ich eines Tages mit der Ermächtigung und im Auftrag der obersten Priester nach Damaskus. (Apg 9,1)13Etwa gegen Mittag, o König, fiel aus dem Himmel ein Licht, strahlender als die Sonne, auf mich und meine Begleiter.14Wir stürzten alle zu Boden, und ich hörte, wie eine Stimme auf Hebräisch zu mir sagte: ›Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es ist schwer für dich, gegen meinen Willen anzukämpfen.[2]‹ (Apg 9,7)15›Wer bist du, Herr?‹, fragte ich. Und der Herr antwortete: ›Ich bin Jesus, den du verfolgst.16Steh jetzt auf! Denn ich bin dir erschienen, um dich zu meinem Diener und Zeugen zu machen. Du sollst der Welt von dieser Erfahrung und von anderen Ereignissen erzählen, bei denen ich dir erscheinen werde. (Apg 22,14; Gal 1,12; Kol 1,25; 1Tim 1,12)17Und ich werde dich sowohl vor deinem eigenen Volk als auch vor den anderen Völkern beschützen, zu denen ich dich senden werde. (Apg 13,46; Apg 22,21; Röm 11,13; Röm 15,16; Gal 1,15; Gal 2,7; 1Tim 2,7; 2Tim 1,11)18Ihnen sollen die Augen geöffnet werden, damit sie sich vom Dunkel zum Licht und aus der Macht des Satans zu Gott bekehren. Dann werden sie Vergebung für ihre Sünden und einen Platz im Volk Gottes empfangen, alle, die durch den Glauben an mich ausgesondert sind.‹ (Jes 35,5; Jes 42,7; Jes 61,1; Lk 1,77; Eph 1,11; Eph 5,8; Kol 1,13; 1Petr 2,9)19Deshalb, König Agrippa, habe ich dieser Vision aus dem Himmel gehorcht.20Ich habe zuerst den Juden in Damaskus, dann denen in Jerusalem und in ganz Judäa sowie auch den Nichtjuden gepredigt, dass sie sich von ihren Sünden abwenden und zu Gott bekehren müssen. Durch ihre guten Werke sollen sie beweisen, dass sie ihr Leben geändert haben. (Mt 3,8; Apg 9,19)21Weil ich das gepredigt habe, verhafteten mich einige Juden im Tempel und versuchten, mich umzubringen. (Apg 21,30)22Doch Gott beschützte mich, sodass ich heute noch lebe, um allen, vom Kleinsten bis zum Größten, diese Tatsachen zu berichten. Ich lehre nur das, was schon die Propheten und Mose vorausgesagt haben – (Lk 24,27)23nämlich dass der Christus leiden und als Erster von den Toten auferstehen würde, als Licht für die Juden wie für die Nichtjuden.« (Jes 42,6; Jes 49,6; Lk 24,46; Röm 1,3; 1Kor 15,20; Kol 1,18; Offb 1,5)24Plötzlich rief Festus: »Paulus, du bist verrückt. Das viele Studieren hat dir wohl den Verstand geraubt!« (1Kor 4,10)25Doch Paulus erwiderte: »Ich bin nicht verrückt, ehrwürdigster Festus. Was ich sage, ist wahr und meine Worte sind vernünftig.26König Agrippa weiß darüber Bescheid. Ich spreche ganz offen, denn ich bin sicher, dass diese Ereignisse ihm alle wohl bekannt sind; schließlich haben sie sich nicht im Verborgenen ereignet! (Joh 18,20; Apg 26,3)27König Agrippa, glaubst du den Propheten? Ich weiß, dass du es tust.«28Agrippa unterbrach ihn: »Meinst du wirklich, du kannst so leicht einen Christen aus mir machen?[3]«29Paulus entgegnete: »Ob leicht oder nicht, jedenfalls bete ich zu Gott, dass sowohl du als auch jeder Einzelne der Zuhörer hier so werde wie ich – nur ohne diese Ketten.«30Da standen der König, der Statthalter, Berenike und alle anderen auf und gingen.31Als sie miteinander über die Angelegenheit sprachen, waren sie sich einig: »Dieser Mann hat nichts getan, was eine Todes- oder Gefängnisstrafe verdient hätte.« (Apg 23,9)32Und Agrippa sagte zu Festus: »Er könnte eigentlich freigelassen werden, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte!« (Apg 25,11)
Die Verteidigungsrede des Apostels: Sein früheres Leben …
1Nun wandte sich Agrippa an Paulus und sagte: »Es ist dir gestattet, in eigener Sache zu sprechen!« Paulus hob die Hand[1] und begann dann seine Verteidigungsrede:2»Angesichts all der Anschuldigungen, die vonseiten der Juden gegen mich erhoben werden, schätze ich mich glücklich, König Agrippa, dass ich heute Gelegenheit habe, mich vor dir zu verteidigen,3und das umso mehr, als du – wie ich weiß – ein hervorragender Kenner aller jüdischen Sitten[2] und Streitfragen bist. Daher bitte ich dich, mich jetzt wohlwollend[3] anzuhören.4Was meinen früheren Lebensweg betrifft, so gibt es daran nichts, was nicht allen Juden bekannt wäre, habe ich doch von meiner Jugend an mitten unter meinem Volk in Jerusalem gelebt[4].5Alle wissen – und können es, wenn sie nur wollen, jederzeit bezeugen –, dass ich damals der strengsten Richtung unserer Religion angehörte, derjenigen der Pharisäer, und ihren Regeln entsprechend gelebt habe.6Wenn ich nun heute vor Gericht stehe, dann nur, weil ich der festen Überzeugung bin[5], dass Gott die Zusage erfüllen wird, die er unseren Vorfahren gegeben hat.7Unser ganzes zwölfstämmiges Volk dient Gott unablässig[6] bei Tag und bei Nacht in der Hoffnung, die Erfüllung dieser Zusage zu erleben. Und jetzt, Majestät, werde ich wegen dieser Hoffnung angeklagt, und das ausgerechnet von Juden!8Warum fällt es euch Juden so schwer zu glauben[7], dass Gott Tote auferweckt?9Zunächst allerdings war auch ich der Meinung, ich müsste den Glauben an diesen Jesus[8] von Nazaret mit allen Mitteln bekämpfen.10Das habe ich dann auch getan: Ausgestattet mit den nötigen Vollmachten vonseiten der führenden Priester, brachte ich in Jerusalem zahlreiche Christen[9] ins Gefängnis, und wenn sie zum Tod verurteilt wurden[10], stimmte ich ihrer Hinrichtung zu[11].11In sämtlichen Synagogen ´der Stadt`[12] habe ich viele Male versucht, die Christen durch Strafmaßnahmen dazu zu zwingen, Jesus zu verfluchen[13]. Ich war so wild entschlossen, diese Bewegung auszurotten, dass ich ihre Anhänger[14] sogar bis in die Städte außerhalb ´von Judäa` verfolgte.«
… seine Umkehr zu Jesus Christus
12»In dieser Absicht reiste ich dann auch nach Damaskus; ich hatte die Zustimmung der führenden Priester eingeholt und war mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet.13Unterwegs, Majestät, – es war gegen Mittag – sah ich plötzlich vom Himmel her ein Licht aufleuchten, ein Licht, das heller war als die Sonne und das mich und meine Begleiter von allen Seiten umgab.14Wir alle stürzten zu Boden, und ich hörte eine Stimme auf hebräisch[15] zu mir sagen: ›Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Du schlägst vergeblich gegen den Stock des Treibers aus!‹ –15›Herr‹, sagte ich, ›wer bist du?‹ Der Herr antwortete: ›Ich bin der, den du verfolgst; ich bin Jesus.16Doch jetzt steh auf! Denn ich bin dir erschienen, um dich zu meinem Diener und Zeugen zu machen. Bezeuge ´den Menschen`, dass du mich ´heute` gesehen hast[16], und bezeuge es ihnen, wenn ich dir wieder erscheine[17].[18] (2Kor 12,1)17Ich sende dich sowohl zum jüdischen Volk als auch zu den Nichtjuden, und vor allen ihren Angriffen werde ich dich schützen.[19]18Öffne ihnen die Augen, damit sie umkehren und sich von der Finsternis zum Licht wenden und von der Macht des Satans zu Gott. Dann werden ihnen ihre Sünden vergeben, und sie werden zusammen mit allen anderen, die durch den Glauben an mich zu Gottes heiligem Volk gehören, ein ´ewiges` Erbe erhalten[20].‹«
… seine evangelistische Tätigkeit
19»Angesichts dieser Erscheinung vom Himmel, König Agrippa, gab es für mich nur eins: Ich gehorchte dem, was mir gesagt worden war[21],20und verkündete ´die Botschaft von Jesus` zunächst in Damaskus und Jerusalem, dann in ganz Judäa und schließlich unter den nichtjüdischen Völkern. Überall forderte ich die Menschen auf, ihre verkehrten Wege zu verlassen, zu Gott umzukehren und ein Leben zu führen, das dieser Umkehr angemessen ist.«
… und seine Verhaftung
21»Das alles führte schließlich dazu, dass die Juden[22] über mich herfielen, als ich ´in Jerusalem` im Tempel war, und mich umzubringen versuchten.22Doch Gott kam mir zu Hilfe, und deshalb stehe ich bis zum heutigen Tag als sein Zeuge[23] vor den Menschen, den einfachen ebenso wie den hoch gestellten. Was ich bezeuge, ist nichts anderes als das, was die Propheten angekündigt haben und wovon bereits Mose gesprochen hat:23dass nämlich der Messias[24] leiden und sterben müsse und dass er als Erster von den Toten auferstehen werde, um dann allen Völkern das Licht des Evangeliums zu bringen[25], sowohl dem jüdischen Volk als auch den anderen Völkern.«
Agrippa weicht einer Entscheidung aus
24Als Paulus in seiner Verteidigungsrede an diesem Punkt angelangt war, rief Festus mit lauter Stimme: »Paulus, du bist verrückt geworden! Deine große Gelehrsamkeit[26] treibt dich in den Wahnsinn.«25Doch Paulus erwiderte: »Ich bin nicht verrückt, hochverehrter Festus! Was ich sage, ist wahr, und meine Worte sind vernünftig.26Der König, zu dem ich so frei und offen rede, weiß sehr wohl über diese Dinge Bescheid. Ich bin überzeugt, dass ihm nichts von dem, ´was ich gesagt habe,` unbekannt gewesen ist; schließlich hat sich das alles nicht in irgendeinem verborgenen Winkel zugetragen.27König Agrippa, glaubst du den Propheten? Ich weiß, dass du ihnen glaubst!«28Agrippa entgegnete: »Du redest so überzeugend, dass du demnächst noch einen Christen aus mir machst![27]«29Darauf sagte Paulus: »Ich bete zu Gott, dass früher oder später nicht nur du, sondern alle, die mich heute gehört haben, das werden, was ich ´geworden` bin – abgesehen natürlich von den Fesseln.«30Nun erhoben sich der König und der Gouverneur und ebenso Berenike und alle anderen, die an der Zusammenkunft teilgenommen hatten.31Beim Verlassen[28] des Saales unterhielten sie sich ´über das, was Paulus gesagt hatte`.[29] »Dieser Mann«, so lautete das einhellige Urteil, »tut nichts, was den Tod oder auch nur eine Gefängnisstrafe verdient!«32Und Agrippa sagte zu Festus: »Der Mann hätte freigelassen werden können, wenn er nicht verlangt hätte, dass sein Fall vor den Kaiser kommt[30].[31]«