1Da erwiderte Hiob: 2»Hört mir doch einmal richtig zu, das würde mich schon trösten.3Ertragt mich und lasst mich reden. Wenn ich dann gesprochen habe, könnt ihr mich weiter verhöhnen.4Richtet sich meine Klage etwa gegen Menschen? Nein, gegen Gott, und deshalb bin ich so ungeduldig. (Hi 6,11; Hi 7,11)5Seht mich an! Ihr werdet erschrecken und euch entsetzt die Hand vor den Mund halten. (Ri 18,19; Hi 29,9; Hi 40,4)6Wenn ich daran denke, was ich jetzt aussprechen werde, schaudere ich selbst und zittere am ganzen Leib. (Ps 55,6)7Warum bleiben die Bösen am Leben und warum werden sie alt und mächtig? (Ps 73,3; Jer 12,1)8Sie haben ihre Kinder, denen es ebenfalls gut geht, in ihrer Nähe und freuen sich an ihren Enkelkindern. (Ps 17,15)9Sie leben in Frieden in ihren Häusern und haben nichts zu fürchten. Gott straft sie nicht. (Ps 73,5)10Ihr Stier deckt die Herden und ihre Kühe kalben ohne Fehlgeburt.11Ihre Kinder schicken sie hinaus wie eine Herde Lämmer und ihre Kleinen hüpfen fröhlich umher.12Sie singen zur Musik von Tamburin und Harfe und freuen sich am Klang der Flöte.13Sie verbringen ihre Tage im Glück und sterben in Frieden[1]. (Hi 36,11)14So leben sie, obwohl sie zu Gott sagen: ›Bleib weg von uns. Wir wollen von deinen Wegen nichts wissen.15Wer ist schon der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten? Was nützt es uns, wenn wir zu ihm beten?‹16Und trotzdem haben sie ihr Glück nicht in der Hand. So wie die Gottlosen will ich auf keinen Fall leben![2]17Aber wie oft geschieht es denn, dass den Gottlosen das Licht ausgeht? Wie oft werden sie von Unheil überfallen und wie oft vernichtet Gott sie tatsächlich in seinem Zorn?18Wann werden sie denn wie Stroh vom Wind verweht oder vom Sturm fortgerissen? (Ps 1,4; Ps 35,5; Ps 83,14; Jes 17,13)19›Nun gut‹, sagt ihr, ›spätestens ihre Kinder wird Gott strafen.‹ Ich finde aber, dass Gott den strafen sollte, der die Sünde begeht, und nicht dessen Kinder! Der Gottlose soll die Strafe am eigenen Leib zu spüren bekommen.[3] (2Mo 20,5; Hes 18,4)20Mit eigenen Augen soll er seinem Untergang zusehen. Er selbst soll den Zornesbecher des Allmächtigen bis auf den letzten Tropfen leeren. (Jes 51,17; Jer 25,15; Offb 14,10)21Denn was kümmert es ihn, was mit seiner Familie geschieht, wenn er tot und seine Zeit abgelaufen ist?22Doch wer kann Gott, den obersten Richter, Weisheit lehren? (Hi 36,22; Ps 82,1; Jes 40,13; Röm 11,34)23Der eine stirbt bei guter körperlicher Verfassung, in Sicherheit und Frieden.24Seine Kannen sind voll Milch[4], sodass er immer gut versorgt war.25Der andere tritt ab in bitterer Armut, ohne je erfahren zu haben, wie schön das Leben sein kann.26Zum Schluss werden beide im gleichen Staub begraben und von den gleichen Würmern gefressen. (Hi 3,13; Hi 24,20)27Ich weiß genau, was ihr jetzt denkt. Ich kenne eure Hinterlist, mit der ihr mir zusetzen wollt.28Ihr fragt: ›Wo ist das Haus des Tyrannen denn geblieben und wo steht das Zelt des Gottlosen jetzt?‹ (Hi 1,3)29Habt ihr euch noch nie bei den Reisenden erkundigt, die viel herumgekommen sind? Sie wissen es und können euch die Wahrheit unwiderlegbar bezeugen:30In Zeiten des Unglücks wird der Böse stets verschont, es gelingt ihm immer, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.[5] (Hi 20,29; Spr 16,4; Röm 2,5; 2Petr 2,9)31Niemand wagt es, ihm die Wahrheit über seinen Lebenswandel ins Gesicht zu sagen. Niemand zieht ihn zur Rechenschaft für seine Taten.32Nein, mit feierlichem Geleit wird er schließlich beerdigt und eine Ehrengarde bewacht sein Grab.33Er ruht in Frieden. Es ergeht ihm so, wie es vielen vor ihm ergangen ist und wie es vielen nach ihm ergehen wird.[6] (Hi 3,19; Hi 17,16; Hi 24,24)34Wie könnt ihr mir nur solchen nutzlosen Trost anbieten? Eure Antworten taugen alle nichts!« (Hi 16,2)
Hiob 21
Lutherbibel 2017
Hiobs zweite Antwort an Zofar
1Hiob antwortete und sprach:2Hört doch meiner Rede zu und lasst mir das eure Tröstung sein!3Ertragt mich, dass ich rede, und danach spottet über mich!4Geht denn gegen einen Menschen meine Klage, oder warum sollte ich nicht ungeduldig sein?5Kehrt euch her zu mir; ihr werdet erstarren und die Hand auf den Mund legen müssen. (Hi 40,4)6Wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern ergreift meinen Leib.7Warum bleiben die Frevler am Leben, werden alt und nehmen zu an Kraft? (Jer 12,1)8Ihr Geschlecht ist sicher um sie her, und ihre Nachkommen sind bei ihnen.9Ihr Haus hat Frieden ohne Furcht, und Gottes Rute ist nicht über ihnen.10Ihr Stier bespringt und es missrät nicht; ihre Kuh kalbt und wirft nicht fehl.11Ihre Knaben lassen sie hinaus wie eine Herde, und ihre Kinder springen umher.12Sie jauchzen mit Pauken und Harfen und sind fröhlich mit Flöten.13Sie werden alt bei guten Tagen, und still ziehen sie in das Totenreich hinab,14und doch sagen sie zu Gott: »Weiche von uns, wir wollen von deinen Wegen nichts wissen! (Hi 22,17)15Wer ist der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten? Oder was nützt es uns, wenn wir ihn anrufen?« (2Mo 5,2; 2Kön 18,35; Ps 12,5; Dan 3,15)16»Doch siehe, ihr Glück steht nicht in ihren Händen, und der Rat der Gottlosen ist ferne von mir.« (Ps 1,1)17Wie oft verlischt denn die Leuchte der Frevler und kommt ihr Unglück über sie? Teilt er Schmerzen zu in seinem Zorn,18dass sie werden wie Stroh im Wind und wie Spreu, die der Sturmwind mit sich nimmt? (Ps 1,4)19Spart Gott sein Unheil auf für die Kinder des Frevlers? Er vergelte es ihm selbst, dass er’s einsehe! (2Mo 20,5; Hi 20,10)20Mit eigenen Augen möge er sein Verderben sehen, und vom Grimm des Allmächtigen möge er trinken!21Denn was liegt ihm an seinem Hause, wenn er dahin ist, wenn die Zahl seiner Monde zu Ende ist?22Wer will Gott Weisheit lehren, der auch die Hohen richtet? (Pred 5,7)23Der eine stirbt frisch und gesund in allem Reichtum und voller Genüge,24sein Melkfass ist voll Milch, und sein Gebein wird gemästet mit Mark;25der andere aber stirbt mit verbitterter Seele und hat nie vom Glück gekostet,26miteinander liegen sie im Staub, und Gewürm deckt sie zu. (Hi 3,18)27Siehe, ich kenne eure Gedanken und eure Ränke, mit denen ihr mir Unrecht antut.28Denn ihr sprecht: »Wo ist das Haus des Fürsten, und wo ist die Hütte, in der die Frevler wohnten?«29Habt ihr nicht befragt, die des Weges kommen, und nicht auf ihre Zeichen geachtet,30dass der Böse erhalten wird am Tage des Verderbens und am Tage des Grimms bleibt?31Wer sagt ihm ins Angesicht, was er verdient? Wer vergilt ihm, was er getan hat?32Wird er doch zu Grabe geleitet, und man hält Wache über seinem Hügel!33Süß sind ihm die Schollen des Grabes, und alle Menschen ziehen ihm nach, und die ihm vorangehen, sind nicht zu zählen.34Wie tröstet ihr mich mit Nichtigkeiten, und von euren Antworten bleibt nichts als Trug!