1Hiob antwortete und sprach:2Hört doch meiner Rede zu und lasst mir das eure Tröstung sein!3Ertragt mich, dass ich rede, und danach spottet über mich!4Geht denn gegen einen Menschen meine Klage, oder warum sollte ich nicht ungeduldig sein?5Kehrt euch her zu mir; ihr werdet erstarren und die Hand auf den Mund legen müssen. (Hi 40,4)6Wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern ergreift meinen Leib.7Warum bleiben die Frevler am Leben, werden alt und nehmen zu an Kraft? (Jer 12,1)8Ihr Geschlecht ist sicher um sie her, und ihre Nachkommen sind bei ihnen.9Ihr Haus hat Frieden ohne Furcht, und Gottes Rute ist nicht über ihnen.10Ihr Stier bespringt und es missrät nicht; ihre Kuh kalbt und wirft nicht fehl.11Ihre Knaben lassen sie hinaus wie eine Herde, und ihre Kinder springen umher.12Sie jauchzen mit Pauken und Harfen und sind fröhlich mit Flöten.13Sie werden alt bei guten Tagen, und still ziehen sie in das Totenreich hinab,14und doch sagen sie zu Gott: »Weiche von uns, wir wollen von deinen Wegen nichts wissen! (Hi 22,17)15Wer ist der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten? Oder was nützt es uns, wenn wir ihn anrufen?« (2Mo 5,2; 2Kön 18,35; Ps 12,5; Dan 3,15)16»Doch siehe, ihr Glück steht nicht in ihren Händen, und der Rat der Gottlosen ist ferne von mir.« (Ps 1,1)17Wie oft verlischt denn die Leuchte der Frevler und kommt ihr Unglück über sie? Teilt er Schmerzen zu in seinem Zorn,18dass sie werden wie Stroh im Wind und wie Spreu, die der Sturmwind mit sich nimmt? (Ps 1,4)19Spart Gott sein Unheil auf für die Kinder des Frevlers? Er vergelte es ihm selbst, dass er’s einsehe! (2Mo 20,5; Hi 20,10)20Mit eigenen Augen möge er sein Verderben sehen, und vom Grimm des Allmächtigen möge er trinken!21Denn was liegt ihm an seinem Hause, wenn er dahin ist, wenn die Zahl seiner Monde zu Ende ist?22Wer will Gott Weisheit lehren, der auch die Hohen richtet? (Pred 5,7)23Der eine stirbt frisch und gesund in allem Reichtum und voller Genüge,24sein Melkfass ist voll Milch, und sein Gebein wird gemästet mit Mark;25der andere aber stirbt mit verbitterter Seele und hat nie vom Glück gekostet,26miteinander liegen sie im Staub, und Gewürm deckt sie zu. (Hi 3,18)27Siehe, ich kenne eure Gedanken und eure Ränke, mit denen ihr mir Unrecht antut.28Denn ihr sprecht: »Wo ist das Haus des Fürsten, und wo ist die Hütte, in der die Frevler wohnten?«29Habt ihr nicht befragt, die des Weges kommen, und nicht auf ihre Zeichen geachtet,30dass der Böse erhalten wird am Tage des Verderbens und am Tage des Grimms bleibt?31Wer sagt ihm ins Angesicht, was er verdient? Wer vergilt ihm, was er getan hat?32Wird er doch zu Grabe geleitet, und man hält Wache über seinem Hügel!33Süß sind ihm die Schollen des Grabes, und alle Menschen ziehen ihm nach, und die ihm vorangehen, sind nicht zu zählen.34Wie tröstet ihr mich mit Nichtigkeiten, und von euren Antworten bleibt nichts als Trug!
1Da antwortete Ijob und sprach:2Hört, hört doch auf mein Wort, / das wäre mir schon Trost von euch.3Ertragt mich, sodass ich reden kann. / Habe ich geredet, dann könnt ihr spotten.[1]4Richte ich an Menschen meine Klage, / habe ich nicht Grund zur Ungeduld? (Hi 6,26)5Wendet euch mir zu und erstarrt / und legt die Hand auf den Mund! (Hi 29,9; Hi 40,4)6Denke ich daran, bin ich erschreckt / und Schauder packt meinen Leib.
Glück des Frevlers
7Warum bleiben Frevler am Leben, / werden alt und stark an Kraft? (Ps 73,3; Pred 7,15; Jer 12,1; Mal 3,15)8Ihre Nachkommen stehen fest vor ihnen, / ihre Sprösslinge vor ihren Augen.9Ihre Häuser sind in Frieden, ohne Schreck, / die Rute Gottes trifft sie nicht.10Ihr Stier bespringt und fehlt nicht, / die Kühe kalben und verwerfen nicht.11Wie Schafe treiben sie ihre Kinder aus, / ihre Kleinen tanzen und springen.12Sie singen zu Pauke und Harfe, / erfreuen sich am Klang der Flöte, (Jes 5,12; Am 6,5)13sie bringen hin ihre Tage im Glück / und fahren voll Ruhe hinab ins Totenreich. (Ps 73,3)14Und doch sagten sie zu Gott: Weiche von uns! / Deine Wege wollen wir nicht kennen. (Hi 22,17; Ps 95,10)15Was ist der Allmächtige, dass wir ihm dienen, / was nützt es uns, wenn wir uns an ihn wenden? (Mal 3,14)16Doch in ihrer Hand liegt nicht das Glück, / der Frevler Denkart ist mir fern.17Wie oft erlischt der Frevler Lampe, / kommt Unheil über sie, / teilt er Verderben zu in seinem Zorn? (Hi 18,5)18Wie oft werden sie wie Stroh vor dem Wind, / wie Spreu, die der Sturm entführt? (Ps 1,4)19Spart Gott sein Unheil auf für dessen Kinder? / Ihm selbst vergelte er, dass er es spürt!20Mit eigenen Augen soll er sein Unglück schauen, / vom Grimm des Allmächtigen soll er trinken. (Ps 75,9)21Denn was kümmert ihn sein Haus, wenn er dahin ist, / wenn abgeschnitten seiner Monde Zahl? (Hi 14,21; Pred 9,5)
Trügerischer Trost
22Darf man Gott Erkenntnis lehren, / ihn, der die Erhabenen richtet? (Jes 40,13)23Der eine stirbt in vollem Glück, / ist ganz in Frieden, sorgenfrei.24Seine Schenkel sind voll von Fett, / getränkt mit Mark sind seine Knochen.25Der andere stirbt mit bitterer Seele / und hat kein Glück genossen.26Zusammen liegen sie im Staub / und Gewürm deckt beide zu. (Pred 9,2)27Seht, euer Denken kenne ich wohl, / die Ränke, die ihr sinnt gegen mich.28Ihr sagt: Wo ist das Haus des Edlen / und wo das Zelt, in dem Frevler wohnen?29Habt ihr nie die fahrenden Leute befragt / und nicht ihre Zeichen genau beachtet? (Sir 34,9)30Dass am Unglückstag der Böse verschont wird, / weggebracht am Tag des Zorns. (Röm 2,3)31Wer hält ihm seinen Lebenswandel vor, / was er getan hat, wer vergilt es ihm? (Pred 8,10)32Er aber wird zur Gruft geleitet, / bei seinem Grab hält man die Wacht.33Ein Labsal sind für ihn die Schollen des Schachts, / hinter ihm her zieht alle Welt, / vor ihm eine Menge ohne Zahl.34Wie wollt ihr mich mit Nichtigem trösten? / Eure Antworten bleiben Betrug.
Hiobs Antwort: Wohlergehen der Gottlosen – Gottes Willkür im Austeilen von Glück und Unglück – Kein Gericht über die Gottlosen
1Und Hiob antwortete und sagte: (Hi 3,2)2Höret, hört meine Rede! Das wäre ⟨wahrer⟩ Trost von euch! (Hi 13,6)3Ertragt mich, dann will ich reden, und nachdem ich geredet habe, magst du spotten[1]. (Hi 12,4)4⟨Trage⟩ ich mein Anliegen[2] etwa einem Menschen vor? Oder warum sollte ich nicht ungeduldig sein? (Hi 10,1)5Wendet euch zu mir und schaudert und legt die Hand auf den Mund! (Hi 40,4; Spr 30,32; Mi 7,16)6Ja, wenn ich daran denke, so bin ich bestürzt, und Erbeben packt mein Fleisch. (Hi 9,28; Kla 3,20)7Warum leben die Gottlosen, werden alt, nehmen gar noch zu an Macht? (Hi 12,6; Pred 7,15)8Ihre Nachkommen stehen fest vor ihnen so gut wie sie, und ihre Sprösslinge[3] sind vor ihren Augen. (Jes 65,23)9Ihre Häuser haben Frieden ohne Furcht, und Gottes Rute[4] ist nicht über ihnen.10Sein Stier bespringt und verfehlt nicht, seine Kuh kalbt ohne Fehlgeburt.11Ihre Buben schicken sie aus wie eine Schafherde, und ihre Kinder hüpfen umher.12Sie[5] erheben ⟨ihre Stimme⟩ bei[6] Tamburin und Zither und sind fröhlich beim Klang der Flöte. (Ps 150,4)13Im Glück genießen sie ihre Tage, und in Ruhe sinken sie in den Scheol hinab[7]. (Hi 24,24; Ps 73,4; Lk 16,19)14Und doch sagen sie zu Gott: Weiche von uns! Und an der Erkenntnis deiner Wege haben wir kein Gefallen. (Hi 22,17; Ps 95,10; Spr 1,29; Jes 30,11; Jer 2,31; Mt 8,34)15Was ist der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten, und was hilft es uns, dass wir ⟨mit Bitten⟩ in ihn dringen? (2Mo 5,2; Hi 22,3; Hi 34,9; Hi 35,3; Ps 73,13; Mal 3,14)16Siehe, steht nicht ihr Glück in ihrer Hand?[8] Der Rat der Gottlosen sei fern von mir[9]! (Hi 22,18; Ps 1,1)17Wie oft erlischt ⟨denn⟩ die Leuchte der Gottlosen und kommt über sie ihr Verderben, ⟨wie oft⟩ teilt er Vernichtung zu in seinem Zorn? (Hi 18,5)18⟨Wie oft denn⟩ werden sie wie Stroh vor dem Wind und wie Spreu, die der Sturmwind entführt? (Hi 27,21; Ps 1,4; Ps 83,14; Jes 17,13; Hos 13,3)19Bewahrt Gott sein Unheil auf für seine Kinder[10]? Er vergelte ihm selbst[11], dass er es fühlt[12]! (2Mo 20,5)20Seine ⟨eigenen⟩ Augen sollen seinen Verfall sehen, und vom Zorn des Allmächtigen trinke er! (Ps 75,9)21Denn was liegt ihm an seinem Haus nach ihm, wenn die Zahl seiner Monate zu Ende ist[13]? (Hi 14,21)22Kann man Gott Erkenntnis lehren, ihn, der ⟨selbst⟩ die Erhabenen[14] richtet? (Hi 36,23; Hi 38,3; Jes 40,13; Jer 23,18; Röm 11,34)23Dieser stirbt in seiner Vollkraft, ganz ungestört und ruhig.24Seine Schenkel[15] sind voll Fett[16], und das Mark seiner Gebeine ist ⟨wohl⟩getränkt.25Und jener stirbt mit bitterer Seele und hat nichts vom Glück genossen.26Zusammen liegen sie im Staub, und Gewürm deckt sie zu. (Hi 3,19; Hi 24,20; Pred 9,2; Jes 14,11)27Siehe, ich erkenne eure Gedanken, und die Anschläge, die ihr gegen mich ersinnt.28Denn ihr sagt: Wo ist das Haus des Edlen[17] und wo das Zelt, die Wohnung der Gottlosen? (Hi 20,5)29Habt ihr die nicht befragt, die des Weges vorüberziehen? Und habt ihr ihre Zeichen nicht genau betrachtet:30dass der Böse am Tag des Verderbens verschont wird, dass sie am Tag des Grimms[18] ⟨in Sicherheit⟩ geleitet werden? (Ps 73,5)31Wer wird ihm ins Gesicht seinen Weg vorhalten? Und hat er gehandelt, wer wird ihm vergelten?32Er aber, er wird zu den Gräbern geleitet, und auf dem Grabhügel hält man Wache.33Süß sind ihm die Schollen des Tales. Und alle Welt zieht hinter ihm her, auch vor ihm ohne Zahl.34Wie tröstet ihr mich nun mit Dunst? Und von euren Einwänden bleibt ⟨nur⟩ Trug übrig. (Hi 13,12; Hi 16,2)
1Ijob antwortete:2»Wenn ihr doch einmal richtig hören wolltet! Denn damit könntet ihr mich wirklich trösten!3Ertragt mich doch, gestattet mir zu reden; dann mögt ihr weiterspotten, wenn ihr wollt![1]4Beklag ich mich denn über einen Menschen? Warum verliere ich wohl die Geduld?5Seht mich doch an, dann werdet ihr erschaudern, ihr legt die Hand vor Schrecken auf den Mund.6Wenn ich dran denke, was geschehen ist, dann fang ich an, am ganzen Leib zu zittern.7Warum lässt Gott die Bösen weiterleben? Sie werden alt, die Kraft nimmt sogar zu. (Hi 12,6; Mal 3,14)8Gesichert wachsen ihre Kinder auf, mit Freuden sehen sie noch ihre Enkel.9Kein Unglück stört den Frieden ihrer Häuser, sie kriegen Gottes Geißel nie zu spüren.10Ihr Stier bespringt die Kühe nicht vergebens, die Kühe kalben leicht und ohne Fehlwurf.11Frei wie die Lämmer laufen ihre Kinder und ihre Jugend tanzt und springt vor Freude.12Sie singen laut zu Tamburin und Leier, sind voller Fröhlichkeit beim Klang der Flöte.13Im Glück verbringen sie ihr ganzes Leben und sterben einen sanften, schönen Tod.14›Lass uns in Ruhe‹, sagen sie zu Gott, ›von deinem Willen wollen wir nichts wissen! (Hi 22,17)15Bist du so mächtig? Müssen wir dir dienen? Was nützt es eigentlich, zu dir zu beten?‹16Sie glauben, ihres Glückes Schmied zu sein. Doch ihre Art zu denken liegt mir fern!17Wie oft hast du es eigentlich erlebt, dass es erloschen ist, das Licht der Bösen? Wie oft geschieht es, dass sie Unglück trifft? Hat Gott sie je in seinem Zorn gestraft? (Hi 18,5)18Wann sind sie denn wie Stroh im Wind gewesen? Wann hat der Sturm sie fortgeweht wie Spreu? (Ps 1,4)19Ihr habt gesagt, dass Gottes Strafgericht die Kinder für die Schuld des Vaters trifft. Das ist nicht recht! Den Vater soll es treffen; der Schuldige soll auch die Strafe tragen! (2Mo 20,5; 5Mo 24,16; Hi 20,10)20Er selbst soll seinen Untergang erleben und Gottes Zorn[2] am eigenen Leibe spüren!21Ob es den Kindern gut geht oder schlecht, das kümmert ihn nicht mehr nach seinem Tod.22Muss Gott vielleicht noch unterwiesen werden, er, der Gericht hält über Hoch und Niedrig?23Der eine bleibt gesund bis an sein Ende; dann stirbt er, frei von Sorgen und im Frieden,24der Körper wohlgenährt, die Glieder stark.25Der andere stirbt verbittert und enttäuscht, weil er vom Glück nichts abbekommen hat.26Nun liegen sie zusammen in der Erde, ein Heer von Würmern deckt sie beide zu.27Ich weiß genau, wie ihr jetzt weiterdenkt; euch geht’s ja nur darum, euch durchzusetzen.28›Was ist denn aus dem reichen Mann geworden?‹, fragt ihr. ›Was blieb denn noch von seinem Haus?‹29Habt ihr denn nie mit Reisenden gesprochen und nie gehört, was sie berichtet haben?[3]30Am Tag, wenn Gott Gericht hält voller Zorn, ist der Verbrecher stets in Sicherheit.31Wer wagt es, ihm sein Unrecht vorzuhalten? Wer zahlt ihm heim, was er verbrochen hat?32Mit allen Ehren trägt man ihn zum Friedhof, an seinem Grab hält man die Totenwacht.33Unübersehbar ist sein Leichenzug, sogar die Erde deckt ihn freundlich zu.34Doch ihr versucht, mir Trug als Trost zu bieten; denn jede Antwort, die ihr bringt, ist Schwindel!«
1Da erwiderte Hiob:2»Ach, hört mir doch einmal zu! Damit würdet ihr mich trösten!3Ertragt mich, wenn ich rede, und spottet hinterher weiter, wenn ihr wollt!4Ich trage doch meine Klage nicht einem sterblichen Menschen vor, darum habe ich allen Grund, ungeduldig zu sein!5Seht mich an! Lässt euch dieser Anblick kalt? Verschlägt es euch da nicht die Sprache?6Ich bin bis ins Innerste aufgewühlt, ich zittere am ganzen Leib, wenn ich über dieser Frage grüble:7Warum bleiben die Gottlosen am Leben, werden alt und immer mächtiger?8Ihre Kinder wachsen heran, und auch ihre Enkel haben sie ständig um sich.9Gott hält jedes Unglück von ihren Häusern fern; so leben sie in Frieden, ohne Angst.10Ihr Stier deckt die Kühe auf der Weide, und diese kalben ohne Fehlgeburt.11Ihre Kinder spielen draußen; sie springen herum wie die Lämmer, die Jüngsten tanzen fröhlich umher.12Man singt zu Tamburin und Laute und feiert beim Klang der Flöte.13Sie verbringen ihre Jahre glücklich und zufrieden und sterben einen sanften Tod.14Und Gott? ›Lass mich in Ruhe!‹, sagen sie zu ihm. ›Ich will von dir nichts wissen und nicht den Weg gehen, den du mir zeigst!15Wer ist schon Gott, dass ich ihm dienen sollte, was bringt es mir, wenn ich zu ihm bete?‹ –16Und doch: Ihr Glück liegt nicht in ihrer Hand. Von ihren üblen Reden halte ich mich fern! –17Wie oft geschieht’s denn, dass ihr Licht verlöscht, das Licht der Menschen, die Gott verachten? Wie oft holt sie das Unheil ein? Wann trifft sie jemals Gottes Zorn?18Wann endlich sind sie wie Spreu im Wind, wie ein Strohhalm, den der Sturm wegwirbelt?19Ihr sagt: ›Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Gott straft stattdessen ihre Kinder!‹ Nein! Sie selbst sollen Gottes Strafe spüren!20Mit eigenen Augen sollen Übeltäter ihr Verderben sehen, vom Zorn des Allmächtigen bis zur bitteren Neige kosten!21Denn was kümmert sie das Schicksal ihrer Kinder, wenn ihr eigenes Leben abgelaufen ist?22Gott richtet selbst die höchsten Engel[1]. Wer unter uns will ihn da noch belehren?23Der eine stirbt, noch voll bei Kräften, hat sicher und sorglos gelebt.24Seine Melkeimer flossen stets über von frischer Milch; er selbst war gesund und wohlgenährt.25Der andere stirbt einsam und verbittert, er hat sein Leben lang nicht eine Spur von Glück gesehen.26Nun liegen sie beide unter der Erde, werden beide von Würmern zerfressen!27Ich weiß genau, was ihr jetzt denkt, mit welchen Vorurteilen ihr mir unrecht tut!28Ihr sagt: ›Wo ist es geblieben, das Haus des Tyrannen? Von der Bleibe der Gottlosen ist nichts mehr zu sehen!‹29Doch habt ihr noch nie mit Reisenden gesprochen, die weit herumgekommen sind, und noch nie gehört, was sie erzählten:30dass der Böse verschont wird, wenn Gott in seinem Zorn Gericht hält? Er kommt mit heiler Haut davon!31Wer sagt ihm ins Gesicht, was er getan hat? Wer bestraft ihn, wie er es verdient? Keiner!32Nach seinem Tod wird er mit allen Ehren beigesetzt; an seinem Grab hält man noch Ehrenwache!33Unübersehbar ist sein Leichenzug, der ihn zur letzten Ruh’ geleitet, und Heimaterde deckt ihn freundlich zu.34Wollt ihr mich mit blankem Schwindel trösten? Jede Antwort, die ihr gebt, ist eine glatte Lüge!«
1Darauf antwortete Hiob und sprach: (Hi 6,1; Hi 9,1; Hi 23,1; Hi 26,1)2Hört, o hört doch an, was ich zu sagen habe; das soll der Trost sein, den ihr mir gewährt! (Hi 6,10; Hi 13,3; Hi 15,11; Ps 42,4; Ps 42,11; Ps 119,50; Ps 119,76)3Erlaubt mir, dass ich rede; und nachdem ich gesprochen habe, magst du spotten! (Hi 12,4; Hi 13,13; Hi 13,17; Hi 16,20; Hi 17,2)4Richte ich etwa meine Klage an einen Menschen? Und warum sollte ich nicht ungeduldig sein? (1Sam 1,16; Hi 10,1)5Wendet euch zu mir und staunt, und legt die Hand auf den Mund! (Hi 29,9; Hi 40,4; Spr 30,32)6Ja, wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern erfasst meinen Leib. (Kla 3,19; Hab 3,16)7Warum leben denn die Gottlosen, werden alt, groß und stark? (Hi 12,6; Ps 73,3; Pred 8,14; Jer 12,1)8Ihr Same gedeiht vor ihrem Angesicht um sie her, und ihre Sprösslinge sind vor ihren Augen. (Hi 5,3; Hi 20,10; Hi 20,28)9Ihre Häuser haben Frieden, keine Furcht; die Rute Gottes schlägt sie nicht. (Ps 73,5; Ps 89,33; Jes 30,31)10Sein Stier bespringt, und nicht umsonst; seine Kuh kalbt ohne Fehlgeburt. (5Mo 7,13; 5Mo 28,11)11Ihre Jungen lassen sie ausziehen wie eine Schafherde, und ihre Kinder hüpfen herum. (Ps 107,41; Ps 127,3)12Sie singen laut zur Pauke und Laute und sind fröhlich beim Klang der Schalmei. (Jes 22,13; Am 6,4)13Sie verbringen ihre Tage in Wohlleben und fahren in einem Augenblick in das Totenreich hinab. (Hi 24,24; Lk 16,22; Lk 17,28)14Und doch sprechen sie zu Gott: »Weiche von uns; nach der Erkenntnis deiner Wege fragen wir nicht! (Hi 22,17; Jes 30,11; Jer 2,13; Jer 2,31; Lk 8,37; Lk 19,14)15Was ist schon der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten, und was nützt es uns, ihn anzurufen?« (2Mo 5,2; Hi 22,3; Hi 34,9; Hi 35,3; Mal 3,14; Mt 16,26; 1Tim 6,5)16— Doch siehe, ihr Glück liegt nicht in ihrer Hand; [darum] sei der Rat der Gottlosen fern von mir! — (Hi 22,18; Ps 1,1; Spr 1,10)17Wie oft erlischt die Leuchte der Gottlosen und ereilt sie ihr Unglück, teilt Er ihnen Verderben zu in seinem Zorn, (Hi 18,5; Spr 13,9; Lk 12,46)18werden sie wie Stroh vor dem Wind und wie Spreu, die der Sturm entführt? (Ps 1,4; Ps 35,5; Hos 13,3)19Spart Gott das Unglück [des Gottlosen] für seine Kinder auf? — Ihm selbst sollte er vergelten, sodass er es weiß! (2Mo 20,5; Hi 18,15; Hi 18,19)20Seine eigenen Augen sollen sein Verderben sehen, und den Zorn des Allmächtigen soll er selbst trinken! (Hi 14,21; Ps 75,9; Jes 51,17)21Denn was liegt ihm an seinem Haus nach seinem Tod, wenn die Zahl seiner Monate abgerissen ist? (Pred 9,5)22Kann man Gott Erkenntnis lehren, da er es doch ist, der die Hohen richtet? (Hi 36,23; Hi 40,7; Ps 103,20; Jes 40,14; Dan 7,10; Röm 11,34; Hebr 1,14)23Der eine stirbt im Vollbesitz seiner Kraft, vollkommen ruhig und sorglos; (Lk 16,19)24seine Tröge fließen über von Milch, und das Mark seiner Gebeine ist getränkt. (Hi 15,27; Ps 17,10)25Der andere aber stirbt mit betrübter Seele und hat nie Gutes geschmeckt: (Hi 7,11; Hi 9,18; Hi 9,25; Spr 14,10; Spr 17,20; Pred 6,6; Jer 29,32)26Gemeinsam liegen sie im Staub, und Gewürm bedeckt sie beide. (Hi 3,19; Ps 49,15; Pred 9,2; Jes 14,11)27Seht, ich kenne eure Überlegungen und die listigen Pläne, mit denen ihr mir Unrecht tun wollt! (Lk 5,22; Joh 2,24)28Denn ihr denkt: »Wo ist das Haus des Fürsten? Und wo ist das Zelt, in dem die Gottlosen wohnten?« (Hi 20,5; Hab 2,9; Sach 5,4)29Habt ihr nicht die befragt, die auf dem Weg vorüberzogen? Und habt ihr ihre Hinweise nicht beachtet, (Jes 8,19)30dass der Böse verschont wird am Tag des Unglücks und dem Tag des Zorns entgeht? (Hi 24,22; Ps 73,5; Spr 16,4; Röm 9,22; 2Petr 2,9)31Wer kann ihm ins Gesicht seinen Wandel vorhalten, und sein Tun, wer vergilt es ihm? (2Sam 12,7; Ps 50,21; Gal 2,11)32Doch er wird [feierlich] zu Grabe getragen, und über seinem Grabhügel hält man Wache. (Mt 27,62)33Angenehm sind ihm die Schollen des Tales; hinter ihm her zieht jedermann, und vor ihm her eine unzählbare Schar. (Pred 3,2; Pred 3,20)34Was tröstet ihr mich da mit Nichtigkeiten? Eure Antworten sind nichts als Trug! (Hi 13,12; Hi 16,2; Kla 1,2)