1ER Ich komm in den Garten, zu dir, meine Braut! Ich pflücke die Myrrhe, die würzigen Kräuter. Ich öffne die Wabe und esse den Honig. Ich trinke den Wein, ich trinke die Milch. Esst, Freunde, auch ihr, und trinkt euren Wein; berauscht euch an Liebe! SIE2Ich lag im Schlaf, jedoch mein Herz blieb wach. Da klopft’s! Ich weiß: Mein Freund steht vor der Tür. ER »Mach auf, mein Schatz, mach auf, ich will zu dir!3Mein Täubchen, öffne doch, lass mich hinein! Mein Haar ist nass vom Tau der kühlen Nacht.« SIE »Ich habe doch mein Kleid schon ausgezogen und müsst es deinetwegen wieder anziehn. Auch meine Füße habe ich gewaschen; ich würde sie ja wieder schmutzig machen!«4Durchs Fenster an der Tür greift seine Hand; ich höre, wie sie nach dem Riegel sucht. Mein Herz klopft laut und wild. Er ist so nah!5Ich springe auf und will dem Liebsten öffnen. Als meine Hände nach dem Riegel greifen, da sind sie feucht von bestem Myrrhenöl.6Schnell öffne ich die Tür für meinen Freund; doch er ist fort, ich kann ihn nicht mehr sehn. Mein Herz steht still, fast tötet mich der Schreck! Ich suche meinen Freund, kann ihn nicht finden. Ich rufe ihn, doch er gibt keine Antwort.
Helft mir suchen!
7Die Wächter finden mich bei ihrem Rundgang. Sie schlagen ohne Mitleid auf mich ein und reißen mir den Umhang von den Schultern. SIE (Hl 3,3)8Ihr Mädchen alle, ich beschwöre euch: Wenn euch mein Freund begegnet, sagt ihm doch, die Liebessehnsucht macht mich matt und krank! DIE MÄDCHEN9Beschreib ihn uns, du schönste aller Frauen! Wer ist es, den du suchst? Was unterscheidet ihn von anderen Männern, dass du uns so beschwörst? SIE10Mein Liebster ist blühend und voller Kraft, nur einer von Tausenden ist wie er!11Sein schönes Gesicht ist so braun gebrannt, sein Haar dicht und lockig und rabenschwarz.12Die Augen sind lebhaften Tauben gleich. Ganz weiß sind die Zähne, als hätten sie gebadet in Bächen von reiner Milch.13Die Wangen sind Beete voll Balsamkraut, die herrlichsten Würzkräuter sprießen dort.[1] Wie Lilien leuchtet sein Lippenpaar, das feucht ist von fließendem Myrrhenöl.14Die Arme sind Barren aus rotem Gold, mit Steinen aus Tarschisch rundum besetzt. Sein Leib ist ein Kunstwerk aus Elfenbein, geschmückt mit Saphiren von reinster Art.15Die Beine sind marmornen Säulen gleich, die sicher auf goldenen Sockeln stehn. Dem Libanon gleicht er an Stattlichkeit, den ragenden Zedern an Pracht und Kraft.16Sein Mund ist voll Süße, wenn er mich küsst – ja, alles an ihm ist begehrenswert! Seht, so ist mein Liebster und so mein Freund. Nun wisst ihr’s, ihr Mädchen Jerusalems!
Hoheslied 5
Lutherbibel 2017
1Ich bin gekommen, meine Schwester, liebe Braut, in meinen Garten. Ich habe meine Myrrhe samt meinen Gewürzen gepflückt; ich habe meine Wabe samt meinem Honig gegessen; ich habe meinen Wein samt meiner Milch getrunken. Esst, meine Freunde, und trinkt und werdet trunken von Liebe!2Ich schlief, aber mein Herz war wach. Horch, mein Freund klopft an: »Tu mir auf, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, du Makellose! Mein Haupt ist voll Tau und meine Locken voll Tropfen der Nacht.«3»Ich habe mein Kleid ausgezogen – wie soll ich es wieder anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen – wie soll ich sie wieder schmutzig machen?«4Mein Freund steckte seine Hand durchs Riegelloch, und mein Leib bebte ihm entgegen.5Da stand ich auf, dass ich meinem Freunde auftäte; meine Hände troffen von Myrrhe und meine Finger von fließender Myrrhe an den Griffen des Riegels.6Aber als ich meinem Freund aufgetan hatte, war er weg und fortgegangen. Meine Seele war außer sich, dass er sich abgewandt hatte. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht; ich rief, aber er antwortete mir nicht.7Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen; die schlugen mich wund. Die Wächter auf der Mauer nahmen mir meinen Schleier.8Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, wenn ihr meinen Freund findet, was sollt ihr ihm sagen? Dass ich krank bin vor Liebe.9Was hat dein Freund andern Freunden voraus, o du Schönste unter den Frauen? Was hat dein Freund andern Freunden voraus, dass du uns so beschwörst?10Mein Freund ist weiß und rot, auserkoren unter vielen Tausenden.11Sein Haupt ist das feinste Gold. Seine Locken sind Rispen, schwarz wie ein Rabe.12Seine Augen sind wie Tauben an den Wasserbächen, sie baden in Milch und sitzen an reichen Wassern.13Seine Wangen sind wie Balsambeete, in denen Gewürzkräuter wachsen. Seine Lippen sind wie Lotosblüten, die von fließender Myrrhe triefen.14Seine Arme sind wie goldene Stäbe, voller Türkise. Sein Leib ist wie aus Elfenbein, mit Saphiren geschmückt.15Seine Beine sind wie Marmorsäulen, gegründet auf goldenen Füßen. Seine Gestalt ist wie der Libanon, auserwählt wie Zedern.16Sein Mund ist voll Süße und alles an ihm ist lieblich. – So ist mein Freund, so ist mein Geliebter, ihr Töchter Jerusalems!