1Schon bald nach der Entsendung von Apollonius schickte König Antiochus den Athener Geron nach Jerusalem. Er sollte die Juden zwingen, den Glauben ihrer Vorfahren aufzugeben und nicht mehr nach den Geboten Gottes zu leben. (1Mak 1,41)2Zu seinem Auftrag gehörte es, den Tempel in Jerusalem zu entweihen und in ein Heiligtum des Griechengottes Zeus umzuwandeln, und genauso den Tempel der Samariter auf dem Berg Garizim, was übrigens die Leute dort selbst vorgeschlagen hatten.[1] Der oberste Gott der Griechen sollte in Jerusalem als »Herrscher auf dem Götterberg Olymp« und auf dem Garizim als »Hüter des Gastrechts« verehrt werden.3Was nun geschah, war unerhört; jeder Scheußlichkeit war Tür und Tor geöffnet.4Die Fremden trieben es schlimm im Heiligtum. Sie hielten mit Prostituierten Gelage und verkehrten mit ihnen innerhalb des heiligen Bezirks. Auch brachten sie viele Dinge in den Tempel, die dort nicht hingehören.5Auf dem Altar verbrannten sie massenhaft unreine Tiere, die nach dem Gesetz Gottes nicht zum Opfer zugelassen sind.6Es war weder möglich, den Sabbat zu halten, noch die alten Feste zu begehen; überhaupt durfte sich niemand mehr zum jüdischen Glauben bekennen.7Auf demütigende Weise wurden die Bewohner Jerusalems jeden Monat am Geburtstag des Königs gezwungen, an einem Opfermahl teilzunehmen, und sie mussten am Fest des Weingottes Dionysos mit Kränzen aus Efeu in der Prozession mitgehen.8Ptolemäus[2] schickte den Städten in der Nachbarschaft Judäas die Anweisung, gegen die Juden, die bei ihnen wohnten, auf die gleiche Weise vorzugehen und sie zur Teilnahme an ihren Opfermahlzeiten zu zwingen.9Wer sich weigerte, die griechischen Bräuche mitzumachen, sollte hingerichtet werden. Nun zeigte sich erst recht, welches Unglück über die Juden hereingebrochen war.10Zwei Frauen hatten ihre neugeborenen Söhne beschneiden lassen und wurden deshalb vor Gericht gestellt. Man hängte ihnen die Säuglinge an die Brust, führte sie öffentlich in der Stadt herum und stürzte sie anschließend von der Stadtmauer.11Andere waren außerhalb Jerusalems zusammengekommen, um heimlich in Höhlen den Sabbat zu feiern. Das wurde Philippus, dem königlichen Bevollmächtigten, verraten und alle wurden in ihren Höhlen ausgeräuchert. Weil sie den Sabbat heilig halten und das Sabbatgebot nicht brechen wollten, unternahmen sie nichts, um sich zu retten. (1Mak 2,29)
Gott meint es gut mit seinem Volk
12An dieser Stelle möchte ich meine Leser ermahnen, nicht den Mut zu verlieren, wenn sie von diesen schlimmen Ereignissen hören. Sie sollen sich vielmehr vor Augen halten: Der Herr straft unser Volk nicht, um es zu vernichten, sondern um es auf den rechten Weg zurückzubringen. (2Mak 5,17)13Es ist ein Zeichen seiner Güte, wenn er einen Schuldigen nicht lange schont, sondern ihn sofort zur Rechenschaft zieht. (Weis 11,9)14Bei den anderen Völkern wartet er geduldig ab, bis das Maß ihrer Schuld voll ist. Mit uns will er anders verfahren.15Er will uns nicht so tief in Schuld geraten lassen, dass er uns am Ende völlig vernichten muss.16Darum schickt er uns Leiden, damit wir auf den rechten Weg zurückkehren. Aber er gibt sein Volk niemals auf und entzieht uns nicht seine Liebe.17Daran wollte ich hier kurz erinnern und werde nun in der Erzählung fortfahren.
Ein alter Mann wird auf die Probe gestellt
18Zu den angesehensten Gesetzeslehrern zählte damals Eleasar. Er war schon sehr alt, aber noch rüstig und eine eindrucksvolle Erscheinung. Man riss ihm den Mund auf und wollte ihn zwingen, Schweinefleisch zu essen. (3Mo 11,7)19-20Eleasar aber wollte lieber ehrenvoll sterben als in Schande weiterleben. Er spuckte das Fleisch wieder aus und begab sich freiwillig zur Folterbank. Damit gab er allen, die zur Teilnahme am Opfermahl gezwungen werden sollten, ein Beispiel und machte ihnen klar:[3] Was Gott verboten hat, wird nicht gegessen, selbst wenn die Weigerung das Leben kostet.21Die Männer, die den Auftrag hatten, dieses schändliche Opfermahl abzuhalten, waren gute alte Bekannte Eleasars. Sie nahmen ihn beiseite und machten ihm den Vorschlag: »Bring uns doch Fleisch, das du essen darfst und das du dir selbst zubereitet hast. Iss es vor aller Augen, aber tu so, als sei es das Opferfleisch, das der König vorgeschrieben hat. (Hebr 11,35)22Wir wollen dir gerne helfen und dir das Leben retten. Wir sind doch alte Freunde!«23Eleasar aber dachte an sein Alter und sein hohes Ansehen. Von Jugend auf hatte er vorbildlich gelebt und war in Ehren ergraut. Nun sollte er das alles preisgeben? Vor allem aber wollte er dem heiligen Gesetz Gottes treu bleiben und so sagte er ohne Zögern: »Tötet mich!24Wer so alt ist wie ich, darf seine Überzeugung nicht verleugnen. Viele der jungen Leute werden sonst glauben, ich mit meinen neunzig Jahren hätte mich zu der fremden Lebensweise bekehrt.25Dann wird meine Heuchelei schuld sein, wenn sie auf den falschen Weg geraten. Soll ich alter Mann mir Schimpf und Schande zuziehen? Und das alles wegen der kurzen Zeit, die ich noch zu leben hätte?26Vielleicht kann ich mich für den Augenblick vor der Strafe retten, die von Menschen verhängt wird. Aber vor der Strafe, die Gott, der Herrscher der ganzen Welt, verhängt, wird mich nichts und niemand retten, weder im Leben noch im Tod.27Darum will ich jetzt tun, was sich für einen Mann meines Alters schickt, und mutig in den Tod gehen.28Dann werden die jungen Männer an meinem Beispiel lernen, willig und würdig für die alten und heiligen Gesetze Gottes zu sterben.« Nach diesen Worten trat Eleasar entschlossen an die Folterbank.29Seine alten Freunde hielten ihn für verrückt und ihr Wohlwollen schlug in Feindschaft um.30Während man ihn zu Tode peitschte, sagte er stöhnend: »Gott weiß alles; er weiß auch, dass ich dem Tod hätte entrinnen können. Mein Körper leidet Qualen, aber in meinem Innern dulde ich alles freudig, weil ich den Herrn ehre.«31So starb er. Nicht nur für die Jugend, sondern auch für den größeren Teil seines Volkes wurde er zum Vorbild ehrenhafter Gesinnung und tapferen Handelns.
2.Makkabäer 6
Lutherbibel 2017
Das Verbot der jüdischen Religion
1Nicht lange danach sandte der König den Athener Geron, damit er die Juden zwingen sollte, dass sie von den Gesetzen ihrer Väter abfielen und nicht mehr nach Gottes Gesetzen lebten. (1Mak 1,41)2Auch sollte er den Tempel zu Jerusalem entweihen und ihn »Tempel des Zeus Olympios« nennen und den auf dem Garizim »Tempel des Zeus Xenios«, wie es diejenigen wollten, die dort wohnten. (Joh 4,20; 1Mak 1,54)3Aber das wüste Treiben nahm so überhand, dass es schlimm und ganz widerwärtig war.4Denn die Heiden schwelgten und prassten im Heiligtum, gaben sich leichtfertig mit Dirnen ab und sogar im heiligen Bezirk wohnten sie Frauen bei; auch trugen sie viel hinein, was sich nicht gehörte.5Man opferte auf dem Altar Opfer, die in den Gesetzen verboten sind; (Dan 7,25; 1Mak 1,44)6es war nicht mehr möglich, den Sabbat oder andere altgewohnte Feiertage zu halten, und man durfte nicht einmal bekennen, Jude zu sein;7vielmehr trieb man sie mit roher Gewalt alle Monate zum Opferschmaus, wenn der Geburtstag des Königs war. Wenn man aber das Fest des Dionysos beging, zwang man sie, dass sie mit Kränzen von Efeu dem Dionysos zu Ehren einherziehen mussten.8Man hatte auch auf Anraten des Ptolemäus an die benachbarten griechischen Städte ein Gebot ausgehen lassen, sie sollten die Juden ebenso zum Opferschmaus zwingen; (1Mak 3,38)9wenn aber jemand darauf bestehen würde, nicht zu den griechischen Sitten überzugehen, sollte man ihn niedermachen. Da sah man einen großen Jammer.10Zwei Frauen nämlich wurden vorgeführt, weil sie ihre Söhne beschnitten hatten. Denen band man die Kindlein an die Brust und führte sie öffentlich herum durch die ganze Stadt und warf sie zuletzt über die Mauer hinab. (1Mak 1,60)11Andere hatten sich in den nahen Höhlen zusammengefunden, um heimlich den Sabbat zu halten. Als das Philippus angezeigt wurde, verbrannte man sie; denn sie wollten sich nicht wehren, damit sie sich nicht gegen den hochheiligen Tag vergingen. (1Mak 2,31)
Der Sinn der Leiden des jüdischen Volkes
12Ich möchte aber hier diejenigen, die dieses Buch in die Hände bekommen, ermahnen, sich durch diesen Jammer nicht entmutigen zu lassen, sondern zu bedenken, dass unserm Volk Strafen nicht zum Verderben, sondern zur Erziehung widerfahren. (Spr 3,11)13Denn das ist ein Zeichen großer Gnade, wenn den Sündern nicht lange Zeit gewährt wird, sondern sie bald der Strafe anheimgegeben werden.14Denn unser Herrscher sieht uns nicht so langmütig zu wie den andern Völkern, die er hingehen lässt, bis sie das Maß ihrer Sünden erfüllt haben, und sie dann bestraft; sondern er hat beschlossen, uns gegenüber nicht so zu sein,15dass wir’s nicht zu weit treiben mit unseren Sünden und er zuletzt sich an uns rächen müsse.16Deshalb nimmt er seine Barmherzigkeit nie ganz von uns; und wenn er uns durch ein Unglück erzieht, lässt er doch sein Volk nie im Stich. (2Mak 7,16)17Dies habe ich als Ermahnung hier sagen wollen. Nun aber wollen wir rasch wieder auf die Geschichte kommen.
Eleasars Märtyrertod
18Eleasar war einer der angesehensten Schriftgelehrten, ein schon betagter und sehr schöner Mann; dem sperrte man mit Gewalt den Mund auf, weil er Schweinefleisch essen sollte. (3Mo 11,7)19Aber er wollte lieber in Ehren sterben als in Schande leben und ließ sich freiwillig martern20und spie es aus, wie es sich ziemt für die, die sich standhaft weigern, aus Liebe zum Leben Verbotenes zu essen. (Dan 1,8)21Weil nun die Männer, die zur Aufsicht beim gesetzwidrigen Opferschmaus bestellt waren, ihn seit langer Zeit gekannt hatten, nahmen sie ihn beiseite und redeten ihm zu, er sollte sich Fleisch besorgen, das er essen dürfte, und es selbst zubereiten; er sollte aber so tun, als wäre es das vom König befohlene Opferfleisch,22damit er so vor dem Tode bewahrt bleiben und wegen der alten Freundschaft mit ihnen Freundlichkeit erfahren könnte.23Aber er dachte so edel, wie es seinen hohen Jahren, dem Ansehen seines Greisenalters und seinem in Ehren ergrauten Haupt wohl anstand, auch seinem untadeligen Wandel von Jugend auf; und mehr noch: Er folgte der heiligen Gesetzgebung Gottes und sagte sogleich geradeheraus: Schickt mich nur in das Totenreich!24Denn es will meinem Alter übel anstehen, dass ich heuchle, sodass viele von den Jungen denken müssen, Eleasar, der nun neunzig Jahre alt ist, sei auch zum Heiden geworden,25und sie durch mich verführt werden, weil ich vor den Leuten heuchle und so mein Leben noch eine kleine Zeit friste. Das wäre für mein Alter Schimpf und Schande.26Wenn ich auch jetzt der Strafe der Menschen entgehen würde, so kann ich doch den Händen des Allmächtigen nicht entfliehen, weder lebendig noch tot. (Ps 139,7; Hebr 10,31)27Darum will ich jetzt tapfer sterben, wie es mir altem Mann wohl ansteht,28und den Jungen ein gutes Beispiel hinterlassen, damit auch sie freudig und tapfer um der erhabenen, heiligen Gesetze willen einen guten Tod sterben. Als er diese Worte gesagt hatte, ging er sogleich zum Richtplatz. (Dan 12,3)29Die ihn aber führten und ihm kurz vorher freundlich gewesen waren, wurden ihm jetzt feind um solcher Worte willen; denn sie meinten, er hätte sie aus Trotz gesagt.30Als sie ihn aber so geschlagen hatten, dass er dem Tode nahe war, seufzte er und sprach: Der Herr, der die heilige Erkenntnis hat, der weiß, dass ich die Schläge und großen Schmerzen, die ich an meinem Leibe ertrage, und den Tod wohl hätte umgehen können, dass meine Seele sie aber gern erleidet, weil ich ihn fürchte. (Mt 10,28)31Und so ist er verschieden und hat mit seinem Tod nicht allein der Jugend, sondern für sein ganzes Volk ein Beispiel edler Gesinnung und ein Denkmal der Tapferkeit hinterlassen.