1Sein ganzes Leben muss der Mensch sich quälen, für große Mühe gibt’s geringen Lohn. (Hi 14,1; Ps 39,5; Sir 40,1)2Er gleicht dem Sklaven, der nach Schatten lechzt, dem Knecht, der sehnlich auf den Abend wartet.3Auch mir ist solch ein Los zuteilgeworden: Sinnlos vergeht ein Monat nach dem andern, und Nacht für Nacht verbringe ich mit Schmerzen.4Leg ich mich nieder, schleppen sich die Stunden; ich wälze mich im Bett und kann nicht schlafen und warte ungeduldig auf den Morgen.5Mein Körper fault und ist bedeckt mit Krusten, die Haut bricht auf und eitert überall.6Ganz ohne Hoffnung schwinden meine Tage, sie eilen schneller als ein Weberschiffchen. (Hi 9,25; Jes 38,12)7Gott, denk an mich: Mein Leben ist ein Hauch; mein Glück vergeht, ich seh es nie mehr wieder! (Ps 39,5)8Noch siehst du mich, doch bald ist es zu spät; blickst du dann wieder her, so bin ich fort.9Die Wolke löst sich auf und ist verschwunden; genauso geht’s dem Menschen, wenn er stirbt: Vom Ort der Toten kommt er nicht zurück. (Hi 10,21; Hi 14,12; Jak 4,14)10Nie mehr betritt auf Erden er sein Haus, und wer ihn kannte, wird ihn bald vergessen.11Deswegen werde ich den Mund nicht halten, ich lasse meiner Zunge freien Lauf. Was mich so bitter macht, das muss heraus! (Hi 10,1)12Weshalb, Gott, lässt du mich so streng bewachen? Bin ich das Meer? Bin ich ein Ungeheuer?[1] (Hi 9,13)13Wenn ich auf meinem Lager Ruhe suche, der Schlaf mir meine Schmerzen lindern soll,14dann quälst du mich mit schauerlichen Träumen und ängstigst mich mit schlimmen Schreckensbildern.15Mir wär es lieber, wenn du mich erwürgtest; der Tod ist besser als ein solches Leben! (Hi 3,21)16Ich bin es satt, ich mag nicht weiter kämpfen. Mein ganzes Leben ist doch ohne Sinn.17Warum nimmst du den Menschen denn so wichtig, dass du den Blick auf ihn gerichtet hältst? (Ps 8,5; Ps 144,3)18Zur Rechenschaft ziehst du ihn jeden Morgen und stellst ihn immer wieder auf die Probe.19Wann blickst du endlich weg, lässt mich in Ruhe, so lang nur, dass ich einmal schlucken kann? (Hi 14,6; Hi 33,11; Ps 39,14; Ps 139,1)20Wenn ich gesündigt habe ohne Wissen, was tat ich dir damit, du Menschenwächter? Warum bin ich das Ziel für deine Pfeile? Bin ich dir[2] wirklich so zur Last gefallen? (4Mo 15,22; Hi 6,4; Ps 19,13)21Kannst du denn meine Fehler nicht verzeihen und meine Sünde einfach übersehen? Nicht lange mehr, dann liege ich im Staub, und suchst du mich, so bin ich nicht mehr da.«
1»Das Leben der Menschen gleicht der Zwangsarbeit, von früh bis spät müssen sie sich abmühen!2Ein Landarbeiter sehnt sich nach dem kühlen Schatten am Abend; er wartet darauf, dass ihm sein Lohn bezahlt wird.3Und was ist mein Lohn? Monate, die sinnlos dahinfliegen, und kummervolle Nächte!4Wenn ich mich schlafen lege, denke ich: ›Wann kann ich endlich wieder aufstehen?‹ Die Nacht zieht sich in die Länge, ich wälze mich schlaflos hin und her bis zum Morgen.5Mein Körper ist von Würmern und von dreckigem Schorf bedeckt. Meine Haut platzt auf und eitert.6Schneller als ein Weberschiffchen sausen meine Tage dahin, sie schwinden ohne jede Hoffnung.7O Gott, bedenke, dass mein Leben nur ein Hauch ist! Mein Glück ist dahin; es kommt nie wieder.8Noch siehst du mich, doch nicht mehr lange, und wenn du mich dann suchst, bin ich nicht mehr da.9-10Wie eine Wolke, die vorüberzieht, so ist ein Mensch, der stirbt: Vom Ort der Toten kehrt er nie zurück; dort, wo er einmal wohnte, ist er bald vergessen.11Nein – ich kann nicht schweigen! Der Schmerz wühlt in meinem Innern. Ich lasse meinen Worten freien Lauf, ich rede aus bitterem Herzen.12O Gott, warum lässt du mich so scharf bewachen? Bin ich denn das Meer oder ein Meeresungeheuer?13-14Wenn ich dachte: ›Ich will im Schlaf Ruhe finden und mein Elend vergessen‹, dann hast du mich bis in die Träume verfolgt und mir durch Visionen Angst eingejagt.15Am liebsten würde ich erhängt! Lieber sterben als noch länger in diesem elenden Körper leben!16Ich gebe auf! So will ich nicht mehr weiterleben! Lass mich in Ruhe, denn mein Leben hat keinen Sinn mehr!17Gott, warum nimmst du einen Menschen so ernst? Warum beachtest du ihn überhaupt?18Jeden Morgen verlangst du Rechenschaft von ihm; du beobachtest ihn jeden Augenblick.19Wie lange schaust du mich noch prüfend an? Du lässt mich keinen Augenblick in Ruhe![1]20Du Menschenwächter – hat dich meine Sünde denn verletzt? Warum machst du mich zu deiner Zielscheibe? Bin ich dir zur Last geworden?21Warum vergibst du mir mein Unrecht nicht? Kannst du keine Sünde übersehen? Denn bald liege ich unter der Erde, und wenn du mich dann suchst, bin ich nicht mehr da.«
1Hiob war aber noch nicht fertig: „Besteht das ganze Leben nicht nur aus Krampf, Quälerei und Nervkram? Jeden Tag muss ein Mensch wie blöd arbeiten und bekommt dafür gerade mal einen Hungerlohn.2Im Grunde ist es so wie bei einem Arbeiter, der in der stechenden Mittagssonne auf der Baustelle schuften muss und die ganze Zeit davon träumt, in einen kühlen Pool springen zu dürfen. Oder es ist so wie bei der Frau beim Lidl an der Kasse, die sich schon am Monatsanfang auf die Gehaltsüberweisung freut.3Mir geht es genauso. Seit Monaten dämmer ich hier sinnlos vor mich hin. Viele Nächte lag ich wach in meinem Bett und hatte Depressionen.4Morgens zähle ich die Stunden, bis der Tag endlich vorbei ist. Und wenn ich mich pennen gelegt hab, frag ich mich, wann diese schreckliche Nacht endlich zu Ende geht.5An meinem Körper hab ich überall Pickel, die voll von gelbem Eiter sind; sie stinken, und es tummeln sich sogar weiße Maden drin.6Jeden Tag schieb ich voll den Depri und hab überhaupt keine Hoffnung, dass es mal besser werden wird. Mein Leben ist so schnell vorbei wie ’ne Fahrt in der Achterbahn.7Ich werde nie mehr vergessen, dass mein Leben im Grunde nur wie ein Furz ist. Mir wird es nie wieder richtig gut gehen.8Im Moment lebe ich noch, und ihr könnt euch noch mit mir treffen, wenn ihr wollt. Aber bald bin ich tot, dann bin ich nicht mehr da, ihr werdet mich dann nicht mehr sehen.9Die Wolken am Himmel kommen und gehen, mal lösen sie sich auf, dann sind sie wieder da. Genauso ist das, wenn einer stirbt. Er ist einfach nicht mehr da. Aus dem Grab kommt man nicht wieder zurück.10Er wird nie mehr nach Haus kommen, und bald hat man ihn vergessen.11Darum werde ich mein Maul nicht halten. Ich will alles sagen, was mir gerade so einfällt. Ich lasse meinen Frust einfach raus.12Hey, Gott, bin ich irgendwie zu gefährlich, oder was? Bin ich irgend so ein Top-Terrorist, dass du mich so krass bewachen musst?13Wenn ich mich unter der Bettdecke verkriechen will, damit ich mich da wenigstens etwas ausheulen kann,14dann sorgst du dafür, dass ich irgendwelche Horrorträume hab! Auch mit diesen schlimmen Nächten15sorgst du dafür, dass ich lieber tot wäre, als weiterzuleben.16Ich hab die Schnauze gestrichen voll! Ich will nicht ewig so weitermachen. Lass mich in Ruhe! Mein Leben ist sowieso für’n Arsch.17Warum ist dir der Mensch überhaupt so wichtig, Gott? Warum kümmerst du dich überhaupt so um ihn?18Jeden Morgen testest du ihn wieder neu aus. Jeden Tag checkst du ihn ab.19Kannst du mich nicht mal für einen Moment in Ruhe lassen? Darf ich bitte wenigstens einmal atmen, ohne dass du mir dabei zusiehst?20Was hab ich denn jetzt so Großes verbrochen, verdammt? Hab ich irgendwas getan, was du nicht so toll fandest, du großer Oberschiedsrichter der Menschen? Was hast du plötzlich gegen mich, dass ich zu deiner Zielscheibe geworden bin? Nerv ich dich, oder was?21Kannst du mir nicht einfach den ganzen Mist vergeben, den ich gemacht habe? Kannst du meine Fehler nicht einfach mal vergessen? Bald bin ich endlich tot, dann wird meine Leiche verbuddelt, und gut ist. Dann kannst du mich lange suchen, ich bin dann mal weg.“