1Jetzt nahm Elifas von Teman das Wort:2»Erträgst du es, wenn ich dir etwas sage? Ich kann beim besten Willen nicht mehr schweigen!3Du hast doch viele Menschen unterwiesen und schlaff gewordene Hände stark gemacht.4Wenn jemand strauchelte, du halfst ihm auf, den weichen Knien gabst du Halt und Kraft.5Jetzt, wo du selber dran bist, wirst du schwach und kannst dem Unglück nicht ins Auge sehen.6Hast du nicht Gott zu jeder Zeit geehrt? War nicht dein Leben frei von jedem Tadel? Dann könntest du doch Mut und Hoffnung haben!7Denk einmal nach: Ging je ein Mensch zugrunde, der treu und ehrlich war und ohne Schuld? (Ps 34,20; Spr 12,21; 2Petr 2,9; Sir 2,10)8Ich kann nur sagen, was ich selber sah: Da pflügen Leute auf dem Feld der Bosheit, sie säen Unheil – und das ernten sie! (Spr 22,8; Gal 6,7; Sir 7,3)9Die solches tun, erregen Gottes Zorn, der sie hinwegfegt wie ein heißer Sturm.10Die Unheilstifter brüllen wie die Löwen, doch Gott bricht ihnen alle Zähne aus.11Sie gehen ein wie Löwen ohne Beute und ihre Kinder werden weit zerstreut.
Beuge dich unter das allgemeine Menschenlos!
12Ganz heimlich ist ein Wort zu mir gekommen, wie leises Flüstern drang es an mein Ohr,13so wie ein Traum den Menschen überfällt und ihm die Ruhe seines Schlafes raubt.14Das Grauen packte mich, ließ mich erschaudern, ich zitterte vor Angst an allen Gliedern.15Ein kalter Hauch berührte mein Gesicht, die Haare sträubten sich mir vor Entsetzen.16Vor meinen Augen sah ich etwas stehen, doch konnt’ ich nicht erkennen, was es war, und eine leise Stimme hörte ich:17›Wie kann ein Mensch vor seinem Gott bestehen? Wie kann er schuldlos sein vor seinem Schöpfer? (Hi 14,4; Hi 15,14; Hi 25,4; Ps 14,3; Ps 143,2; Spr 20,9; Röm 3,10)18Gott traut nicht einmal seinen eigenen Dienern, selbst seinen Engeln wirft er Fehler vor. (Hi 15,15)19Meinst du, er traute dem Geschöpf aus Lehm, das aus dem Staub hervorgegangen ist, das man zerdrücken kann wie eine Motte?‹20Am Morgen munter, sind sie abends tot, sie gehen dahin für immer, unbeachtet. (Ps 90,5)21Wenn Gott die Seile ihres Zeltes löst, ist ihre Zeit vorbei, sie müssen fort.[1]
1Elifas aus Teman versuchte als Erster, Hiob eine Antwort zu geben.2»Du bist zwar aufgebracht«, sagte er, »doch will ich versuchen, dir etwas zu sagen; ich kann nicht länger schweigen!3Du selbst hast zahllose Menschen gelehrt, auf Gott zu vertrauen. Kraftlose Hände hast du wieder gestärkt.4War jemand mutlos und ohne Halt, du hast ihn wieder aufgerichtet und ihm neuen Lebensmut gegeben.5Jetzt aber, wo du selbst an der Reihe bist, verlierst du die Fassung. Kaum bricht das Unglück über dich herein, bist du entsetzt!6Dabei hast du allen Grund zur Hoffnung! Dein Leben war stets tadellos, und Gott hast du von Herzen geehrt. Sei zuversichtlich!7Kannst du mir nur ein Beispiel nennen, wo ein gerechter Mensch schuldlos zugrunde ging?8Im Gegenteil – immer wieder habe ich gesehen: Wer Unrecht sät, wird Unglück ernten!9Denn Gott fegt Übeltäter mit seinem Atem hinweg, mit zornigem Schnauben richtet er sie zugrunde.10Wenn sie auch wie die Löwen brüllen, bringt Gott sie doch zum Schweigen und bricht ihnen die Zähne aus.11Sie verenden wie Löwen, die keine Beute mehr finden, und ihre Kinder werden in alle Winde zerstreut.12Hiob, heimlich habe ich eine Botschaft bekommen, leise wurde sie mir zugeflüstert!13Es geschah in jener Zeit der Nacht, wenn man sich unruhig im Traum hin- und herwälzt, wenn tiefer Schlaf die Menschen überfällt:14Da packten mich Grauen und Entsetzen; ich zitterte am ganzen Leib.15Ein Windhauch wehte dicht an mir vorüber – die Haare standen mir zu Berge!16Dann sah ich jemanden neben mir, aber ich konnte ihn nicht erkennen, nur ein Schatten war zu sehen; er flüsterte:17›Kann denn ein Mensch gerecht sein vor Gott, vollkommen vor seinem Schöpfer?‹18Selbst seinen Dienern im Himmel vertraut Gott nicht, und an seinen Engeln findet er Fehler.19Wie viel weniger vertraut er dann den Menschen! Sie hausen in Lehmhütten, die im Staub auf der Erde stehen, und werden wie eine Motte zertreten.20Mitten aus dem Leben werden sie gerissen, unwiederbringlich, und keiner beachtet es!21Ja, Gott bricht ihre Zelte ab; sie sterben plötzlich und sind kein bisschen weise geworden!«
1Nachdem seine Freunde ihm lange zugehört hatten, versuchte Elifas, dem Hiob irgendwie zu helfen. Er sagte:2„Ach Mann, Hiob! Dir ist vielleicht im Moment nicht nach Reden, aber auch wenn es dir grad nicht so in den Kram passt, ich muss da was loswerden!3Hör mal, du warst es doch immer, der die Leute wieder aufgebaut hat, wenn es ihnen dreckig ging.4Wenn jemand total down war, dann warst du zur Stelle und hast ihn wieder ermutigt.5Und jetzt, wo es dir selbst mal so richtig beschissen geht, machst du schlapp.6Glaubst du nicht mehr, dass dein Respekt vor Gott dir hilft, wenn du immer alles radikal mit ihm durchziehst?7Überleg doch mal: Ist das schon mal vorgekommen, dass einer kaputtgegangen ist, der immer voll gottmäßig gelebt hat?8Also, nach meiner Erfahrung ist es immer so, dass Menschen, die ständig Mist bauen, auch irgendwann in der Scheiße landen.9Wer mies lebt, wird irgendwann von Gott umgepustet. Er niest nur einmal, und die sind weg vom Fenster.10Leute, die so drauf sind, haben laut gebellt und geknurrt wie ein Kampfhund, aber Gott hat ihnen das Maul gestopft und ihnen die Zähne gezogen.11Sie verhungern, weil ihnen das Herrchen kein Chappi mehr gegeben hat, und ihre Welpen verrecken auf der Straße.12Ich hab mal geträumt, wie mir jemand ’ne Ansage machte. Der hat mir was ins Ohr geflüstert, und ich hab voll die Panik bekommen und am ganzen Körper gezittert.13Das war echt wie ein Horrortrip, den man im Tiefschlaf manchmal erlebt, und morgens wacht man auf und muss immer noch dran denken.14Das war echt übel, der reinste Albtraum.15Es war so, als hätte jemand die Tür aufgemacht, und mir würde ein eiskalter Wind über das Gesicht blasen, ich bekam voll die Gänsehaut.16Plötzlich stand so ein Geist vor mir, wie aus einem schlechten Horrorfilm. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, nur die Umrisse von seinem Körper. Es war unheimlich still. Und dann fing er an zu reden:17,Ist es möglich, dass jemand besser drauf ist als Gott? Schließlich hat er die Menschen geschaffen, da kann ihm nun mal keiner das Wasser reichen.18Gott kann noch nicht mal den Leuten, die für ihn arbeiten, vollständig vertrauen. Auch seine Engel, die ja seine Botschafter sind, kriegen was von ihm auf die Ohren, wenn sie Fehler machen.19Du glaubst doch nicht im Ernst, er würde dann den Menschen vertrauen, die er selber gemacht hat und die er so mal eben zermatschen kann, wenn er will, wie eine Fliege mit einer Fliegenklatsche.20Nach dem Aufstehen kommen sie für ein paar Stunden in die Puschen, und jeden Abend fallen sie wieder wie tot ins Bett. Und irgendwann sterben sie alle, und keiner erinnert sich lange an sie.21Stimmt doch, oder? Ist deren Uhr abgelaufen, legen sie sich hin und sind tot. Und gelernt haben sie in der Zeit, in der sie leben, einfach gar nichts.‘“