Richter 11

Einheitsübersetzung 2016

von Katholisches Bibelwerk
1 Jiftach, der Gileaditer, war ein tapferer Held; er war der Sohn einer Dirne und Gilead zeugte Jiftach.2 Auch Gileads Ehefrau gebar ihm Söhne. Als nun die Söhne der Ehefrau herangewachsen waren, jagten sie Jiftach fort und sagten zu ihm: Du sollst im Haus unseres Vaters nicht erben; denn du bist der Sohn einer anderen Frau.3 Da floh Jiftach vor seinen Brüdern. Er ließ sich im Land Tob nieder und Männer, die nichts zu verlieren hatten, scharten sich um Jiftach und zogen mit ihm aus.4 Nach einiger Zeit führten die Ammoniter Krieg mit Israel.5 Als nun die Ammoniter mit Israel Krieg führten, machten sich die Ältesten Gileads auf den Weg, um Jiftach aus dem Land Tob zu holen.6 Sie sagten zu Jiftach: Komm, sei unser Anführer, damit wir gegen die Ammoniter kämpfen können!7 Jiftach erwiderte den Ältesten Gileads: Habt ihr mich nicht gehasst und aus dem Haus meines Vaters verjagt? Warum kommt ihr jetzt zu mir, da ihr in Bedrängnis seid?8 Die Ältesten Gileads antworteten Jiftach: Eben darum haben wir uns jetzt dir wieder zugewandt. Geh mit uns und kämpfe gegen die Ammoniter; dann wirst du für uns das Haupt aller Bewohner Gileads sein.9 Jiftach entgegnete den Ältesten Gileads: Wenn ihr mich zum Kampf gegen die Ammoniter zurückholt und der HERR sie mir preisgibt, will auch ich für euch das Haupt sein!10 Die Ältesten Gileads antworteten Jiftach: Der HERR soll uns Ohrenzeuge sein: Ganz gewiss werden wir genau nach deinem Wort handeln.11 Daraufhin ging Jiftach mit den Ältesten Gileads und das Volk setzte ihn zum Haupt und Anführer über sich ein. Jiftach aber brachte in Mizpa alle seine Angelegenheiten vor den HERRN.12 Danach schickte Jiftach Boten zum König der Ammoniter und ließ ihn fragen: Was haben du und ich miteinander zu schaffen, dass du herangerückt bist, um gegen mein Land Krieg zu führen?13 Der König der Ammoniter antwortete den Boten Jiftachs: Israel hat mir mein Land zwischen dem Arnon und dem Jabbok, bis hin zum Jordan, weggenommen, als es aus Ägypten heraufzog. Gib es jetzt freiwillig wieder zurück!14 Darauf schickte Jiftach noch einmal Boten zum König der Ammoniter15 und ließ ihm sagen: So spricht Jiftach: Israel hat das Land Moabs und das Land der Ammoniter nicht weggenommen.16 Als Israel aus Ägypten heraufzog, wanderte es durch die Wüste bis zum Roten Meer und kam nach Kadesch.17 Da schickte Israel Boten zum König von Edom und ließ ihm sagen: Ich möchte durch dein Land ziehen. Aber der König von Edom hörte nicht darauf. Auch zum König von Moab schickten sie, aber auch er wollte nicht. Deshalb blieb Israel in Kadesch.18 Es zog dann durch die Wüste, umging das Land Edoms und das Land Moabs und kam so in das Gebiet östlich vom Land Moabs. Sie schlugen jenseits des Arnon ihr Lager auf, kamen also gar nicht in das Gebiet Moabs; denn der Arnon ist die Grenze Moabs. (4Mo 21,13)19 Dann sandte Israel Boten zu Sihon, dem König der Amoriter, dem König von Heschbon, und ließ ihm sagen: Wir möchten durch dein Gebiet bis zu meinem Ort ziehen. (4Mo 21,21)20 Sihon aber traute Israel nicht, dass es nur durch sein Gebiet durchziehen wollte. Sihon sammelte sein ganzes Volk und sie schlugen in Jahaz ihr Lager auf und er eröffnete den Kampf gegen Israel.21 Der HERR, der Gott Israels, aber gab Sihon und sein ganzes Volk in die Hand Israels. Israel schlug sie und nahm das ganze Land der Amoriter, der Bewohner jenes Landes, in Besitz.22 So nahmen sie das ganze Land der Amoriter vom Arnon bis zum Jabbok und von der Wüste bis zum Jordan in Besitz.23 Der HERR, der Gott Israels, hat also die Amoriter vor seinem Volk Israel vertrieben. Und du willst es nun aus seinem Besitz vertreiben?24 Ist es nicht so: Wen Kemosch, dein Gott, vertreibt, dessen Besitz nimmst du, und wen immer der HERR, unser Gott, vor unseren Augen vertreibt, dessen Besitz nehmen wir.25 Bist du denn wirklich besser als der Moabiterkönig Balak, der Sohn Zippors? Hat er denn mit Israel einen Streit oder einen Krieg angefangen? (4Mo 22,2; Jos 24,9)26 Als Israel dreihundert Jahre lang in Heschbon und seinen Tochterstädten saß, in Aroër und seinen Tochterstädten und in allen Städten, die zu beiden Seiten des Arnon liegen, warum habt ihr diese Städte nicht in jener Zeit an euch gerissen?27 Ich habe dir kein Unrecht getan, aber du willst mir Böses antun, indem du den Kampf gegen mich eröffnest. Der HERR, der Richter, möge heute richten zwischen den Israeliten und den Ammonitern.28 Doch der König der Ammoniter hörte nicht auf die Botschaft, die ihm Jiftach schickte.29 Da kam der Geist des HERRN über Jiftach und Jiftach zog durch Gilead und Manasse und er zog nach Mizpa in Gilead und von Mizpa in Gilead zog er gegen die Ammoniter. (Ri 3,10; Ri 6,34; Ri 13,25)30 Jiftach legte dem HERRN ein Gelübde ab und sagte: Wenn du die Ammoniter wirklich in meine Hand gibst31 und wenn ich wohlbehalten von den Ammonitern zurückkehre, dann soll, was immer mir aus der Tür meines Hauses entgegenkommt, dem HERRN gehören und ich will es als Brandopfer darbringen.32 Darauf zog Jiftach gegen die Ammoniter in den Kampf und der HERR gab sie in seine Hand.33 Er schlug sie von Aroër bis dahin, wo man nach Minit kommt, zwanzig Städte, und bis hin nach Abel-Keramim. So mussten sich die Ammoniter vor den Israeliten beugen.34 Als Jiftach nach Mizpa zu seinem Haus kam, siehe, da kam ihm seine Tochter entgegen mit Handtrommeln und Reigentänzen. Sie war sein einziges Kind; er hatte weder einen Sohn noch eine andere Tochter.35 Und es geschah, sobald er sie sah, zerriss er seine Kleider und sagte: Weh, meine Tochter! Du hast mich tief gebeugt und du gehörst zu denen, die mich ins Unglück stürzen. Habe ich doch dem HERRN gegenüber meinen Mund zu weit aufgetan und kann nun nicht mehr zurück.36 Sie erwiderte ihm: Mein Vater, du hast dem HERRN gegenüber deinen Mund zu weit aufgetan. Tu mit mir, wie es aus deinem Mund hervorgegangen ist, nachdem dir der HERR Rache an deinen Feinden, den Ammonitern, verschafft hat!37 Und sie sagte zu ihrem Vater: Nur das eine soll mir gewährt werden: Lass mir noch zwei Monate Zeit, damit ich in die Berge hinabgehe und zusammen mit meinen Freundinnen meine Jungfrauschaft beweine.38 Er entgegnete: Geh! und ließ sie für zwei Monate fort. Und sie ging mit ihren Freundinnen hin und beweinte in den Bergen ihre Jungfrauschaft.39 Und es geschah, als zwei Monate zu Ende waren, kehrte sie zu ihrem Vater zurück und er erfüllte an ihr sein Gelübde, das er gelobt hatte; sie aber hatte noch mit keinem Mann Verkehr gehabt. So wurde es Brauch in Israel,40 dass Jahr für Jahr die Töchter Israels hingehen und die Tochter des Gileaditers Jiftach besingen, vier Tage lang, jedes Jahr.

Richter 11

Zürcher Bibel

von Theologischer Verlag Zürich
1 Und Jiftach, der Gileaditer, war ein tüchtiger Krieger, aber er war der Sohn einer Hure. Und Gilead zeugte Jiftach, (Ri 6,12)2 aber auch die Frau Gileads hatte ihm Söhne geboren. Als die Söhne der Frau heranwuchsen, vertrieben sie Jiftach und sagten zu ihm: Du sollst keinen Erbbesitz haben im Haus unseres Vaters, denn du bist der Sohn einer anderen Frau. (1Mo 21,10)3 Und Jiftach floh vor seinen Brüdern und blieb im Land Tob. Und haltlose Männer scharten sich um Jiftach, und sie zogen aus mit ihm. (2Sam 9,4; 2Sam 10,6)4 Und nach einiger Zeit führten die Ammoniter Krieg gegen Israel. (1Sam 11,1)5 Und als die Ammoniter Krieg führten gegen Israel, gingen die Ältesten des Gilead hin, um Jiftach aus dem Land Tob zu holen.6 Und sie sprachen zu Jiftach: Komm und sei unser Anführer, damit wir gegen die Ammoniter kämpfen. (Ri 10,18)7 Jiftach aber sagte zu den Ältesten des Gilead: Habt nicht ihr mich gehasst und vertrieben aus dem Haus meines Vaters? Und warum kommt ihr nun zu mir, da ihr in Bedrängnis seid? (1Mo 26,27)8 Da sprachen die Ältesten des Gilead zu Jiftach: Deshalb sind wir nun zu dir zurückgekommen: Geh mit uns und kämpf gegen die Ammoniter, dann sollst du unser Haupt über alle Bewohner des Gilead sein.9 Und Jiftach sagte zu den Ältesten des Gilead: Wenn ihr mich zurückholt, um gegen die Ammoniter zu kämpfen, und der HERR gibt sie mir preis, dann werde ich euer Haupt sein.10 Und die Ältesten des Gilead sprachen zu Jiftach: Der HERR wird Zeuge sein gegen uns, wenn wir nicht nach deinem Wort handeln.11 Und Jiftach ging mit den Ältesten des Gilead, und das Volk machte ihn zu seinem Haupt und zum Anführer über sich. Und Jiftach brachte alle seine Anliegen vor den HERRN in Mizpa.12 Und Jiftach sandte Boten zum König der Ammoniter und liess ihm sagen: Was willst du von mir, dass du gegen mich angerückt bist, um Krieg zu führen gegen mein Land? (5Mo 20,10)13 Und der König der Ammoniter sagte zu den Boten Jiftachs: Israel hat mein Land genommen, als es aus Ägypten heraufzog, vom Arnon bis an den Jabbok und bis an den Jordan. Und nun gib mir dies in Frieden zurück. (4Mo 21,24)14 Aber Jiftach sandte nochmals Boten zum König der Ammoniter,15 und sie sagten zu ihm: So hat Jiftach gesprochen: Israel hat das Land Moabs und das Land der Ammoniter nicht genommen. (5Mo 2,9)16 Sondern als sie aus Ägypten heraufzogen und als Israel durch die Wüste bis ans Schilfmeer zog und nach Kadesch kam, (4Mo 14,25; 5Mo 1,46)17 da sandte Israel Boten zum König von Edom und liess ihm sagen: Ich würde gern durch dein Land ziehen. Aber der König von Edom hörte nicht. Und auch zum König von Moab sandten sie, aber er wollte nicht. So blieb Israel in Kadesch, (4Mo 20,14; 5Mo 1,46)18 zog dann durch die Wüste und umging das Land Edom und das Land Moab und kam von Osten her auf das Land Moab zu. Und sie lagerten jenseits des Arnon, in das Gebiet von Moab aber kamen sie nicht, denn der Arnon ist die Grenze Moabs. (4Mo 21,13)19 Und Israel sandte Boten zu Sichon, dem König der Amoriter, dem König von Cheschbon, und Israel sagte zu ihm: Wir würden gern durch dein Land ziehen, bis zu unserem Ort.20 Aber Sichon traute Israel nicht, dass es durch sein Gebiet ziehe, und er sammelte sein ganzes Volk, und sie lagerten bei Jahaz, und er kämpfte gegen Israel.21 Und der HERR, der Gott Israels, gab Sichon und sein ganzes Volk in die Hand Israels, und sie schlugen sie. Und Israel nahm das ganze Land der Amoriter, der Bewohner jenes Landes, in Besitz.22 Und sie nahmen das ganze Gebiet der Amoriter in Besitz, vom Arnon bis an den Jabbok und von der Wüste bis an den Jordan.23 Und so hat der HERR, der Gott Israels, die Amoriter vor seinem Volk Israel vertrieben, und du, du willst uns enteignen?24 Ist es nicht so: Was dein Gott Kemosch dir zum Besitz gibt, das nimmst du in Besitz. Und alles, was der HERR, unser Gott, vor uns enteignet hat, das nehmen wir in Besitz. (4Mo 21,29)25 Und nun, bist du etwa besser als Balak, der Sohn Zippors, der König von Moab? Hat er etwa mit Israel gestritten oder hat er etwa gegen sie gekämpft, (4Mo 22,2; Jos 24,9)26 als Israel in Cheschbon und seinen Tochterstädten weilte, in Aroer und seinen Tochterstädten und in allen Städten, die zu beiden Seiten des Arnon liegen - dreihundert Jahre lang? Und warum habt ihr sie uns nicht in jener Zeit entrissen? (5Mo 2,36; Jos 13,17)27 Und ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen dir gegenüber, du aber tust mir Böses an, indem du Krieg führst gegen mich. Der HERR, der Richter, wird heute richten zwischen den Israeliten und den Ammonitern. (1Mo 16,5)28 Aber der König der Ammoniter hörte nicht auf die Worte Jiftachs, die er ihm zugesandt hatte.29 Und der Geist des HERRN war auf Jiftach, und er zog durch das Gilead und durch Manasse, und er zog durch Mizpe im Gilead, und von Mizpe im Gilead zog er hinüber zu den Ammonitern. (Ri 3,10; Ri 10,17)30 Und Jiftach legte dem HERRN ein Gelübde ab und sprach: Wenn du die Ammoniter wirklich in meine Hand gibst, (1Mo 28,20; 2Sam 15,8)31 so soll, wer herauskommt, wer aus der Tür meines Hauses heraus mir entgegenkommt, wenn ich wohlbehalten zurückkehre von den Ammonitern, dem HERRN gehören: Ich will ihn als Brandopfer darbringen. (2Kön 3,27)32 Dann zog Jiftach gegen die Ammoniter, um gegen sie zu kämpfen, und der HERR gab sie in seine Hand.33 Und er brachte ihnen eine sehr schwere Niederlage bei, von Aroer an bis dorthin, wo man nach Minnit kommt, zwanzig Städte, und bis nach Abel-Keramim. So wurden die Ammoniter von den Israeliten gedemütigt.34 Und Jiftach kam nach Mizpa zu seinem Haus, und sieh, da kam seine Tochter heraus, ihm entgegen, mit Trommeln und im Reigentanz. Und sie war sein einziges Kind; ausser ihm hatte er weder Sohn noch Tochter. (2Mo 15,20; Ri 20,1; Ri 21,21)35 Und als er sie sah, zerriss er seine Kleider und sprach: Ach, meine Tochter! Du hast mich tief gebeugt! Du gehörst zu denen, die mich ins Unglück stürzen! Ich habe dem HERRN gegenüber meinen Mund aufgerissen und kann nicht zurück. (1Mo 37,29; 4Mo 30,3)36 Sie aber sprach zu ihm: Mein Vater, du hast dem HERRN gegenüber deinen Mund aufgerissen, mach mit mir, wie dein Mund es gesagt hat, nachdem der HERR dir Rache verschafft hat an deinen Feinden, den Ammonitern.37 Und sie sagte zu ihrem Vater: Dies sei mir vergönnt: Lass mir zwei Monate, und ich will weggehen und hinab in die Berge gehen und über meine Jungfräulichkeit weinen, ich mit meinen Freundinnen.38 Und er sprach: Geh! Und er entliess sie für zwei Monate. Und sie ging mit ihren Freundinnen und weinte auf den Bergen über ihre Jungfräulichkeit.39 Und nach zwei Monaten kam sie zurück zu ihrem Vater, und er erfüllte an ihr sein Gelübde. Sie hatte aber mit keinem Mann verkehrt. Und das wurde Brauch in Israel: (5Mo 12,31)40 Jahr für Jahr gehen die Israelitinnen, um die Tochter Jiftachs, des Gileaditers, zu besingen, vier Tage im Jahr.