Klagelieder 1

Einheitsübersetzung 2016

von Katholisches Bibelwerk
1 Weh, wie einsam sitzt da / die einst so volkreiche Stadt! Einer Witwe wurde gleich / die Große unter den Völkern. Die Fürstin über die Länder / ist zur Fron erniedrigt. (Jes 50,1)2 Sie weint und weint des Nachts, / Tränen auf ihren Wangen. Niemand ist da, sie zu trösten, / unter all denen, die sie liebten. Untreu sind all ihre Freunde, / sie sind ihr zu Feinden geworden. (Jes 51,12; Jer 30,14)3 In die Verbannung zog Juda aus Elend / und harter Knechtschaft. Nun weilt sie unter den Völkern / und findet nicht Ruhe. All ihre Verfolger holten sie ein / mitten in der Bedrängnis. (5Mo 25,17)4 Die Wege nach Zion trauern, / niemand pilgert zum Fest, / verödet sind all ihre Tore. Ihre Priester seufzen, / ihre Jungfrauen sind voll Gram, / sie selbst trägt Weh und Kummer. (Jes 51,11)5 Ihre Bedränger sind an der Macht, / ihre Feinde im Glück. Denn Trübsal hat der HERR ihr gesandt / wegen ihrer vielen Verfehlungen. Ihre Kinder zogen fort, / gefangen, vor dem Bedränger.6 Gewichen ist von der Tochter Zion / all ihre Pracht. Ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, / die keine Weide finden. Kraftlos zogen sie dahin / vor ihren Verfolgern.7 Jerusalem denkt an die Tage / ihres Elends, ihrer Unrast, an all ihre Kostbarkeiten, / die sie einst besessen, als ihr Volk in Feindeshand fiel / und niemand da war, ihr zu helfen. Die Bedränger sahen sie an, / lachten über ihre Vernichtung.8 Schwer gesündigt hatte Jerusalem, / deshalb ist sie zum Abscheu geworden. All ihre Verehrer verachten sie, / weil sie ihre Blöße gesehen. Sie selbst seufzt / und wendet sich ab.9 Ihre Unreinheit klebt an ihrer Schleppe, / ihr Ende bedachte sie nicht. Entsetzlich ist sie gesunken, / niemand ist da, sie zu trösten. Sieh doch mein Elend, o HERR, / denn die Feinde prahlen!10 Der Bedränger streckte die Hand aus / nach all ihren Schätzen. Ja, sie sah, wie Völker / in ihr Heiligtum drangen; ihnen hattest du doch verboten, / sich dir zu nahen in der Gemeinde. (Hes 44,9)11 All ihre Bewohner seufzen, / verlangen nach Brot. Sie geben ihre Schätze für Nahrung, / nur um am Leben zu bleiben. HERR, sieh doch und schau, / wie sehr ich verachtet bin.12 Ihr alle, die ihr des Weges zieht, / schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz, / den man mir angetan, mit dem der HERR mich geschlagen hat / am Tag seines glühenden Zornes.13 Aus der Höhe sandte er Feuer, / in meine Glieder ließ er es fallen. Er spannte ein Netz meinen Füßen, / rücklings riss er mich nieder. Er machte mich einsam / und siech für alle Zeit.[1] (Ps 35,7)14 Schwer ist das Joch meiner Verfehlungen, / von seiner Hand aufgelegt. Sie stiegen mir über den Hals; / da brach meine Kraft. Preisgegeben hat mich der Herr / in die Hand derer, denen ich nicht standhalten konnte.15 Verworfen hat all meine Helden / der Herr in meiner Mitte. Ein Fest rief er aus gegen mich, / meine jungen Männer zu zerschlagen. Die Kelter trat der Herr / gegen die Jungfrau, Tochter Juda. (Jes 63,3)16 Darüber muss ich weinen, / mein Auge, ja, mein Auge fließt von Tränen. Fern von mir ist ein Tröster, / mein Leben zurückzubringen. Einsam sind meine Kinder; / denn der Feind ist stark.17 Zion ringt die Hände, / niemand ist da, sie zu trösten. Aufgeboten hat der HERR gegen Jakob / seine Nachbarn, ihn zu bedrängen. Jerusalem ist unter ihnen / zum Schandfleck geworden.18 Er, der HERR, ist im Recht. / Ich habe seinem Wort getrotzt. Hört doch, alle ihr Völker, / und seht meinen Schmerz: Meine Mädchen, meine jungen Männer / zogen in die Gefangenschaft. (Jes 45,21)19 Ich rief nach denen, die mich liebten; / doch sie betrogen mich. Meine Priester, meine Ältesten / sind in der Stadt verschmachtet, als sie Nahrung suchten, / um am Leben zu bleiben. (Jer 22,22)20 HERR, sieh an, wie mir angst ist! / Mein Inneres glüht; mir dreht sich das Herz im Leibe, / weil ich mich so heftig widersetzt habe. Draußen raubte die Kinder das Schwert, / was drinnen ist, gleicht dem Tod.21 Sie hörten, wie ich stöhne; / ich habe keinen Tröster. All meine Feinde hörten von meinem Unglück, / freuten sich, dass du es bewirkt hast. Du brachtest deinen angekündigten Tag. / Ihnen aber wird es ergehen wie mir;22 all ihre Bosheit komme vor dich. / Tu dann an ihnen, wie du an mir getan / wegen all meiner Verfehlungen! Denn ich stöhne ohne Ende / und mein Herz ist krank. (Kla 3,58; Kla 4,20)

Klagelieder 1

Zürcher Bibel

von Theologischer Verlag Zürich
1 Ach, wie liegt sie einsam da, (Alef)[1] die Stadt, einst reich an Volk, nun einer Witwe gleich! Eine Grosse unter den Nationen, eine Fürstin unter den Provinzen, nun in Fronarbeit!2 Bitter weint sie in der Nacht, (Bet) und ihre Tränen sind auf ihren Wangen, keinen hat sie, der tröstet, unter all denen, die sie geliebt haben; all ihre Freunde haben treulos an ihr gehandelt, sind nun ihre Feinde. (Jer 31,15; Kla 2,11; Kla 3,48)3 Juda ist in die Verbannung gegangen (Gimel) seines Elends und der harten Arbeit wegen[2]; unter den Nationen weilt es, es findet keine Ruhe, alle seine Verfolger haben es eingeholt mitten in den Bedrängnissen. (5Mo 28,65; Kla 4,15)4 Die Wege nach Zion trauern, (Dalet) denn da ist keiner, der zum Fest kommt, alle ihre[3] Tore sind verwüstet, ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen sind voller Kummer, und sie selbst ist voll von Bitterkeit. (Kla 2,6; Kla 5,15)5 Ihre Gegner haben die Oberhand gewonnen, (He) ihre Feinde sind zufrieden, denn der HERR hat Jerusalem[4] in Kummer gestürzt, ihrer vielen Vergehen wegen. Gefangen mussten ihre Jüngsten vor dem Gegner hinziehen. (Kla 1,7; Kla 1,8; Kla 2,17)6 Und all ihre Pracht ist aus der Tochter Zion fortgezogen, (Waw) ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, die keine Weide finden, und ohne Kraft sind sie weggelaufen vor ihren Verfolgern. (Kla 4,19; Kla 5,16)7 Jerusalem erinnert sich (Sajin) in den Tagen ihres Elends und ihrer Heimatlosigkeit all ihrer Kostbarkeiten aus den Tagen vor der Zeit, da ihr Volk in die Hand des Gegners fiel und keiner da war, der ihr half. Die Gegner sahen sie, lachten darüber, dass es zu Ende war mit ihr. (Kla 3,19)8 Schwer hat Jerusalem gesündigt, (Chet) darum ist sie zum Gespött geworden. All ihre Verehrer verachten sie, denn sie haben ihre Blösse gesehen. Sie selbst seufzt und hat sich abgewendet. (Jer 24,9; Kla 5,7)9 Ihre Unreinheit klebt an ihren Säumen, (Tet) sie hat nicht bedacht, wie es mit ihr enden könnte, und ist entsetzlich heruntergekommen; da ist keiner, der sie tröstet. Sieh dir, HERR, mein Elend an, der Feind tut sich gross! (Jes 47,7; Kla 4,15)10 Der Gegner hat seine Hand ausgestreckt (Jod) nach all ihren Kostbarkeiten. Sie musste mitansehen, wie Nationen in ihr Heiligtum kamen, denen du geboten hattest, nicht in deine Versammlung zu kommen! (2Kön 24,13; Jer 51,51)11 Ihr ganzes Volk seufzt, sie suchen Brot, (Kaf) ihre Kostbarkeiten haben sie für Nahrung hergegeben, um wieder zu Kräften zu kommen. Sieh, HERR, und schau doch, wie verachtet ich nun bin! (Kla 2,19; Kla 4,4; Kla 5,10)12 Euch bedeutet es nichts, (Lamed) euch allen, die ihr vorüberzieht auf dem Weg. Schaut her und seht, ob es einen Schmerz gibt wie den Schmerz, der mir zugefügt worden ist, mit dem der HERR mich in Kummer gestürzt hat am Tag seines glühenden Zorns. (Kla 4,11)13 Aus der Höhe sandte er Feuer in meine Gebeine, (Mem) und dann zertrat er sie. Meinen Füssen hat er ein Netz gelegt, er hat mich zurückgedrängt, mich entsetzlich zugerichtet, er hat mich krank gemacht für alle Zeit. (Hi 19,6; Kla 2,3)14 Das Joch meiner Vergehen lässt mir keine Ruhe, (Nun) zusammengefügt von seiner Hand. Man hat es auf meinen Nacken gelegt, das hat meine Kraft gebrochen. Der Herr hat mich jenen in die Hände gegeben, denen ich nicht standhalten kann. (Jer 28,14)15 Wertlos machte der Herr alle meine Starken in meiner Mitte, (Samech) eine Festversammlung hat er gegen mich einberufen, um meine jungen Männer zu brechen. Der Herr trat die Kelter: die Jungfrau Tochter Juda! (Jes 63,3; Kla 2,21)16 Darüber weine ich, (Ajin) mein Auge, mein Auge zerfliesst von Wasser, denn fern von mir ist, wer trösten könnte, mich wieder zu Kräften brächte. Entsetzlich sind meine Kinder zugerichtet worden, denn der Feind war überlegen! (Kla 1,2; Kla 1,5)17 Zion hat ihre Hände ausgestreckt, (Pe) da ist keiner, der sie tröstet. Gegen Jakob hat der HERR ringsum dessen Gegner aufgeboten. Unter ihnen ist Jerusalem unrein geworden. (2Kön 24,2; Jer 15,5; Kla 1,2)18 Gerecht ist er, der HERR, (Zade) ich aber war widerspenstig gegen sein Wort. Hört doch, all ihr Völker, und seht meinen Schmerz! Meine jungen Frauen und meine jungen Männer mussten in die Gefangenschaft! (Jer 4,17; Jer 13,17; Kla 3,42)19 Ich rief nach denen, die mich geliebt haben, (Qof) sie haben mich im Stich gelassen, meine Priester und meine Ältesten sind umgekommen in der Stadt - sie hatten sich Nahrung gesucht, um wieder zu Kräften zu kommen. (Kla 1,2; Kla 1,11)20 Sieh, HERR, dass ich in Not bin, (Resch) mein Inneres steht in Flammen, mein Herz dreht sich mir, denn ich war so widerspenstig! Draussen raubt das Schwert die Kinder, im Haus ist es wie tot. (5Mo 32,25; Jer 4,19; Kla 2,11)21 Man hörte mich seufzen, (Schin) da war keiner, der mich tröstete. Alle meine Feinde haben von meinem Unglück gehört, sie haben sich gefreut, dass du es warst, der es getan hat! Bringst du den Tag, den du ausgerufen hast, wird es ihnen ergehen wie mir! (Jer 30,7; Kla 1,5)22 All ihre Bosheit soll vor dich kommen, (Taw) dann verfahre mit ihnen wie du mit mir verfahren bist all meiner Vergehen wegen! Denn zahlreich sind meine Seufzer, und mein Herz ist krank. (Jer 5,17; Jer 8,18; Jer 51,35)