1Weh, wie glanzlos ist das Gold, / gedunkelt das köstliche Feingold,
hingeschüttet die heiligen Steine / an den Ecken aller Straßen!2Die kostbaren Kinder Zions, / aufgewogen mit reinem Gold,
weh, wie Krüge aus Ton sind sie geachtet, / wie Werk von Töpferhand.3Selbst Schakale reichen die Brust, / säugen ihre Jungen.
Die Tochter, mein Volk, ist grausam geworden / wie Strauße in der Wüste. (Hi 39,13)4Des Säuglings Zunge klebt / an seinem Gaumen vor Durst.
Kinder betteln um Brot; / keiner bricht es ihnen.5Die einst Leckerbissen schmausten, / verschmachten auf den Straßen.
Die einst auf Purpur lagen, / klammern sich jetzt an Unrat.6Größer ist die Schuld der Tochter, meines Volkes, / als die Sünde Sodoms,
das plötzlich vernichtet wurde, / ohne dass eine Hand sich rührte. (1Mo 19,24; Jer 49,18)7Ihre Vornehmen waren reiner als Schnee, / weißer als Milch,
ihr Leib rosiger als Korallen, / saphirgleich ihre Gestalt.8Schwärzer als Ruß sehen sie aus, / man erkennt sie nicht auf den Straßen.
Ihre Haut schrumpft ihnen am Leib, / trocken wie Holz ist sie geworden. (Jes 66,14)9Besser die vom Schwert Getöteten / als die vom Hunger Getöteten;
sie sind verschmachtet, / vom Missertrag der Felder getroffen.10Die Hände liebender Frauen / kochten die eigenen Kinder.
Sie dienten ihnen als Speise / beim Zusammenbruch der Tochter, meines Volkes. (Kla 2,20)11Randvoll gemacht hat der HERR seinen Grimm, / ausgegossen seinen glühenden Zorn.
Er entfachte in Zion ein Feuer, / das bis auf den Grund alles verzehrte.12Kein König eines Landes, kein Mensch auf der Erde / hätte jemals geglaubt,
dass ein Bedränger und Feind / durchschritte die Tore Jerusalems.13Wegen der Sünden ihrer Propheten, / wegen der Verfehlung ihrer Priester,
die in ihrer Mitte vergossen haben / das Blut von Gerechten, (Kla 2,14)14wanken sie blind durch die Gassen, / besudelt mit Blut,
sodass man nicht berühren mag / ihre Kleider.15Fort, unrein!, ruft man ihnen zu. / Fort, fort! Rührt nichts an!
Da fliehen sie, da wanken sie. / Unter den Völkern sagt man: / Sie dürfen nicht länger bleiben. (Jes 52,11)16Das Angesicht des HERRN hat sie zerstreut, / er schaut sie nicht mehr an.
Keine Ehrfurcht zollte man den Priestern, / die Ältesten fanden keine Gnade.17Als wir uns noch die Augen nach Hilfe für uns ausschauten, / war es umsonst.
Auf unserer Warte spähten wir nach einem Volk, / das dann doch keine Hilfe brachte.18Man stellte unseren Schritten nach, / wir konnten nicht auf die Straßen.
Unser Ende war nah, die Tage voll, / ja, unser Ende kam.19Schneller waren unsere Verfolger / als Adler am Himmel.
Sie jagten uns auf den Bergen, / lauerten uns auf in der Wüste.20Unser Lebensatem, der Gesalbte des HERRN, / ist gefangen in ihren Gruben.
Wir aber hatten gedacht: / In seinem Schatten werden wir leben unter den Völkern. (2Kön 25,27)21Juble nur und freue dich, Tochter Edom, / die du wohnst im Lande Uz.
Auch zu dir wird der Becher kommen, / du wirst dich betrinken und dich entblößen. (Jer 25,15; Ob 1,1)22Zu Ende ist deine Schuld, Tochter Zion; / nicht wieder führt er dich in Verbannung.
Deine Schuld sucht er heim, Tochter Edom, / deckt deine Sünden auf. (Jes 40,2)
Klagelieder 4
Lutherbibel 2017
Zions Elend und Schmach
1Ach, wie ist das Gold so ganz dunkel und das feine Gold so hässlich geworden, und wie liegen heilige Steine an allen Straßenecken zerstreut!2Die edlen Kinder Zions, dem Golde gleich geachtet, ach, wie sind sie nun den irdenen Töpfen gleich, die ein Töpfer macht!3Auch Schakale reichen ihren Jungen die Brüste und säugen sie; aber die Tochter meines Volks ist unbarmherzig wie ein Strauß in der Wüste. (Hi 39,14)4Dem Säugling klebt seine Zunge an seinem Gaumen vor Durst; die kleinen Kinder verlangen nach Brot und niemand ist da, der’s ihnen bricht.5Die früher leckere Speisen aßen, verschmachten jetzt auf den Gassen; die früher auf Purpur getragen wurden, die müssen jetzt im Schmutz liegen.6Die Missetat der Tochter meines Volks ist größer als die Sünde Sodoms, das plötzlich unterging und keine Hand kam zu Hilfe. (1Mo 18,20; 1Mo 19,24)7Ihre Fürsten waren reiner als der Schnee und weißer als Milch; ihr Leib war rötlicher als Korallen, ihr Aussehen war wie Saphir.8Nun aber ist ihre Gestalt so dunkel vor Schwärze, dass man sie auf den Gassen nicht erkennt; ihre Haut hängt an den Knochen, und sie sind so dürr wie ein Holzscheit.9Den durchs Schwert Erschlagenen ging es besser als denen, die vor Hunger starben, die verschmachteten und umkamen aus Mangel an Früchten des Ackers.10Es haben die barmherzigsten Frauen ihre Kinder selbst kochen müssen, damit sie zu essen hatten in dem Jammer der Tochter meines Volks. (Kla 2,20)11Der HERR hat seinen Grimm austoben lassen, er hat seinen grimmigen Zorn ausgeschüttet; er hat in Zion ein Feuer angesteckt, das auch ihre Grundfesten verzehrt hat.12Es hätten’s die Könige auf Erden nicht geglaubt noch alle Leute in der Welt, dass der Widersacher und Feind zum Tor Jerusalems einziehen könnte.13Es ist aber geschehen wegen der Sünden ihrer Propheten und wegen der Missetaten ihrer Priester, die dort der Gerechten Blut vergossen haben.14Sie irrten hin und her auf den Gassen wie die Blinden und waren mit Blut besudelt, dass man ihre Kleider nicht anrühren konnte;15man rief ihnen zu: »Weicht, ihr Unreinen! Weicht, weicht, rührt nichts an!« Wenn sie flohen und umherirrten, so sagte man auch unter den Völkern: »Sie sollen nicht länger bei uns bleiben.« (3Mo 13,45)16Des HERRN Zorn hat sie zerstreut; er will sie nicht mehr ansehen. Die Priester ehrte man nicht, und an den Alten übte man keine Barmherzigkeit. (3Mo 19,32; Kla 2,6; Kla 5,12)17Noch immer blickten unsre Augen aus nach nichtiger Hilfe; auf unserer Warte warteten wir auf ein Volk, das uns doch nicht helfen konnte.18Man jagte uns, dass wir auf unsern Gassen nicht gehen konnten. Da kam unser Ende; unsere Tage sind aus, unser Ende ist gekommen.19Unsre Verfolger waren schneller als die Adler unter dem Himmel. Auf den Bergen haben sie uns verfolgt und in der Wüste auf uns gelauert.20Der Gesalbte des HERRN, der unser Lebensodem war, ist gefangen worden in ihren Gruben; wir aber dachten: »In seinem Schatten wollen wir leben unter den Völkern.«21Ja, freue dich nur und sei fröhlich, du Tochter Edom, die du wohnst im Lande Uz! Denn der Kelch wird auch zu dir kommen, dass du trunken wirst und dich entblößt. (Ps 137,7; Jer 25,15; Jer 25,21; Kla 3,64)22Deine Schuld ist abgetan, du Tochter Zion; der Herr wird dich nicht mehr wegführen lassen. Aber deine Schuld, du Tochter Edom, wird er heimsuchen und deine Sünden aufdecken. (Jes 34,8; Jes 40,2; Hes 35,14)