Hiobs Antwort: Rechtfertigung seines Klagens mit der Schwere seines Leidens – Wunsch nach schnellem Tod – Klage über die Härte der Freunde
1Und Hiob antwortete und sagte: (Hi 3,2)2Würde man meinen Kummer doch wiegen, abwiegen und mein Verderben gleichzeitig auf die Waage legen!3Denn nun ist es[1] schwerer als der Sand der Meere; darum sind meine Worte unbesonnen.4Denn die Pfeile des Allmächtigen sind in mir, mein Geist trinkt ihr Gift; die Schrecken Gottes greifen mich an[2]. (Hi 7,20; Hi 16,9; Hi 19,12; Hi 30,15; Ps 38,3; Spr 14,10; Kla 3,3)5Schreit ein Wildesel[3] beim frischen Gras, oder brüllt ein Stier bei seinem Futter? (Hi 39,8)6Wird Fades ohne Salz gegessen? Oder ist Geschmack in dem Schleim um den Dotter[4]?7Meine Seele weigert sich, es anzurühren, sie ekelt sich vor der Krankheit meines Brotes[5].8Dass sich doch meine Bitte erfüllte und Gott mein Verlangen gewährte!9Dass Gott sich dazu entschlösse, mich zu zertreten, dass er seine Hand abzöge und mich vernichtete[6]! (1Kön 19,4; Hi 3,21; Hi 10,1)10So wäre noch mein Trost, und ich würde jubeln in schonungsloser Qual, dass ich die Worte des Heiligen nicht verleugnet[7] habe.11Was ist meine Kraft, dass ich warten[8], und was ist mein Ende, dass ich mich gedulden sollte[9]? (Hi 17,13)12Ist ⟨denn⟩ meine Kraft die Kraft von Steinen, oder ist mein Fleisch aus Bronze?13Ist es nicht so, dass keine ⟨eigene⟩ Hilfe in mir ist und ⟨jedes⟩ Gelingen aus mir vertrieben ist? (Hi 16,7)14Wer seinem Freund die Treue versagt, der verlässt[10] die Furcht des Allmächtigen. (Hi 19,21)15Meine Brüder haben treulos gehandelt wie ein Wildbach, wie das Bett der Wildbäche, die vergehen[11]. (Hi 13,4; Hi 19,13; Spr 25,19; Jer 15,18; Jer 38,22)16Sie sind trübe von Eis, der Schnee verläuft sich in sie.17Zur Zeit, wenn sie wasserarm werden, versiegen sie. Wenn es heiß wird, sind sie von ihrer Stelle weggetrocknet.18Es werden Karawanen abgelenkt von ihrem Weg, ziehen hinauf in die Öde und kommen um[12].19Die Karawanen von Tema hielten Ausschau, die Handelszüge von Saba hofften auf sie. (1Mo 25,15; 1Kön 10,1; Hi 1,15; Jes 21,14; Jer 25,23)20Sie wurden beschämt, weil sie ⟨auf sie⟩ vertraut hatten[13], sie kamen hin und wurden zuschanden. (Hi 13,4; Hi 19,13; Spr 25,19)21So seid ihr[14] jetzt für mich[15] geworden. Ihr seht Schreckliches und fürchtet euch. (Hi 19,19)22Habe ich etwa gesagt: Gebt mir und macht mir ein Geschenk von eurem Vermögen23und befreit mich aus der Hand des Bedrängers und erlöst mich aus der Hand der Gewalttätigen? (Ps 49,8)24Belehrt mich, so will ich schweigen! Und macht mir klar, worin ich geirrt habe! (Hi 13,23)25Wie könnten aufrichtige Worte kränkend sein! Aber was weist die Zurechtweisung von euch ⟨schon⟩ zurecht? (Hi 16,5; Spr 15,23)26Gedenkt ihr, Worte zurechtzuweisen? Für den Wind sind ja die Reden eines Verzweifelnden!27Sogar eine Waise würdet ihr verlosen, und um euren Freund würdet ihr feilschen. (2Mo 22,21)28Und nun, entschließt euch! Wendet euch zu mir! Ich werde euch doch nicht ins Angesicht lügen. (Hi 27,4)29Kehrt doch um, damit kein Unrecht geschieht! Ja, kehrt um, noch bin ich hier im Recht[16]!30Ist etwa Unrecht auf meiner Zunge? Oder sollte mein Gaumen Verderben nicht spüren? (Hi 11,4; Hi 12,11; Hi 34,3)
Hiob 6
Lutherbibel 2017
Hiobs erste Antwort an Elifas
1Hiob antwortete und sprach:2Wenn man doch meinen Kummer wägen und mein Leiden zugleich auf die Waage legen wollte!3Denn nun ist es schwerer als Sand am Meer; darum sind meine Worte noch unbedacht.4Denn die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir; mein Geist muss ihr Gift trinken, und die Schrecknisse Gottes sind auf mich gerichtet. (Ps 38,3)5Schreit denn der Wildesel, wenn er Gras hat, oder brüllt der Stier, wenn er sein Futter hat?6Isst man denn Fades, ohne es zu salzen, oder hat Eiweiß Wohlgeschmack?7Meine Kehle sträubt sich, es aufzunehmen; es ist, als wäre mein Brot unrein.8Könnte meine Bitte doch geschehen und Gott mir geben, was ich hoffe!9Dass mich doch Gott erschlagen wollte und seine Hand ausstreckte und mir den Lebensfaden abschnitte!10So hätte ich noch diesen Trost und wollte fröhlich springen – ob auch der Schmerz mich quält ohne Erbarmen –, dass ich nicht verleugnet habe die Worte des Heiligen.11Was ist meine Kraft, dass ich ausharren könnte; und welches Ende wartet auf mich, dass ich geduldig sein sollte?12Ist doch meine Kraft nicht aus Stein und mein Fleisch nicht aus Erz.13Hab ich denn keine Hilfe mehr, und gibt es keinen Rat mehr für mich?14Wer Barmherzigkeit seinem Nächsten verweigert, der gibt die Furcht vor dem Allmächtigen auf.15Meine Brüder sind trügerisch wie ein Bach, wie das Bett der Bäche, die versickern, (Ps 38,12)16die erst trübe sind vom Eis, darin der Schnee sich birgt,17doch zur Zeit, wenn die Hitze kommt, versiegen sie; wenn es heiß wird, vergehen sie von ihrer Stätte:18Karawanen gehen ihren Weg dahin, sie gehen hin ins Nichts und verschwinden.19Die Karawanen von Tema blickten aus auf sie, die Karawanen von Saba hofften auf sie; (Hi 1,15)20aber sie wurden zuschanden über ihrer Hoffnung und waren betrogen, als sie dahin kamen.21So seid ihr jetzt für mich geworden; weil ihr Schrecknisse seht, fürchtet ihr euch.22Hab ich denn gesagt: Schenkt mir etwas und bezahlt für mich von eurem Vermögen23und errettet mich aus der Hand des Feindes und kauft mich los von der Hand der Gewalttätigen?24Belehrt mich, so will ich schweigen, und worin ich geirrt habe, darin unterweist mich!25Wie könnten redliche Worte betrüben? Aber euer Tadel, was tadelt er?26Gedenkt ihr, Worte zu rügen? Aber die Rede eines Verzweifelnden verhallt im Wind.27Ihr freilich könntet wohl über eine Waise das Los werfen und euren Nächsten verschachern.28Nun aber hebt doch an und seht auf mich, ob ich euch ins Angesicht lüge.29Kehrt doch um, damit nicht Unrecht geschehe! Kehrt um! Noch habe ich recht darin!30Ist denn auf meiner Zunge Unrecht, oder sollte mein Gaumen Böses nicht merken?