Klage über Gottes Verhalten in der schweren Heimsuchung
1Es ekelt mich[1] vor meinem Leben. Ich will meinen Kummer[2] von mir lassen, will reden in der Bitterkeit meiner Seele. (Hi 6,8; Hi 7,11; Hi 7,16)2Ich sage zu Gott: Verdamme mich nicht! Lass mich wissen, warum du mich vor Gericht ziehst! (Hi 7,20; Hi 13,23; Hi 21,4; Hi 33,13; Ps 27,7)3Ist das gut für dich[3], dass du Unterdrückung übst, dass du die Arbeit deiner Hände verwirfst und ⟨dein Licht⟩ über dem Rat der Gottlosen leuchten lässt? (Ps 138,8)4Hast du Menschenaugen[4], oder siehst du, wie ein Mensch sieht? (1Sam 16,7)5Sind deine Tage wie die Tage eines Menschen oder deine Jahre wie die Tage eines Mannes, (Ps 102,28)6dass du nach meiner Schuld suchst und nach meiner Sünde forschst, (Hi 7,20; Hi 13,23; Hi 21,4; Hi 33,13)7obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin, und niemand da ist, der aus deiner Hand retten kann? (5Mo 32,39; Hi 11,4; Hi 23,10; Ps 50,22; Jes 43,13; Hos 5,14)8Deine Hände haben mich ganz gebildet und gestaltet um und um, und ⟨nun⟩ verschlingst du mich[5]! (Hi 9,17; Ps 119,73; Ps 139,15)9Bedenke doch, dass du mich wie Ton gestaltet hast! Und ⟨jetzt⟩ willst du mich zum Staub zurückkehren lassen! (1Mo 3,19; Hi 4,19; Hi 7,21; Hi 33,6; Hi 34,15; Ps 103,14; Jes 45,9; Jes 64,7)10Hast du mich nicht hingegossen wie Milch und wie Käse mich gerinnen lassen?11Mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet und mit Knochen und Sehnen mich durchflochten. (Ps 139,13)12Leben und Gnade hast du mir gewährt[6], und deine Obhut bewahrte meinen Geist.13Doch dies verbargst du in deinem Herzen, ich habe erkannt, dass du dies im Sinn hattest[7]: (Hi 23,13)14Wenn ich sündigte, so würdest du mich beobachten und mich nicht von meiner Schuld freisprechen. (Hi 7,21; Hi 14,16; Hi 34,22; Ps 90,8; Jer 16,17)15Wenn ich schuldig wäre – wehe mir! Und wäre ich im Recht, dürfte ich mein Haupt ⟨doch⟩ nicht erheben, gesättigt mit Schande und getränkt mit Elend[8]. (Hi 9,20; Ps 44,16; Jes 3,11)16Und richtete es sich auf, wie ein Löwe würdest du mich jagen und dich wieder als wunderbar an mir erweisen[9]. (Jes 38,13; Jer 5,6; Kla 3,10; Hos 5,14)17Du würdest neue Zeugen gegen mich aufstellen[10] und deinen Zorn über mich vergrößern. Ein ständig sich ablösendes Heer ⟨kämpft⟩ gegen mich[11]. (Hi 13,24)18Warum hast du mich aus dem Mutterleib hervorgezogen? Wäre ich doch umgekommen, so hätte mich kein Auge gesehen! (Hi 3,11)19Als wenn ich nie gewesen, so wäre ich ⟨dann⟩; vom Mutterschoß wäre ich zu Grabe geleitet worden! (Hi 3,16)20Sind meine Tage nicht ⟨nur noch⟩ wenige? Er lasse ⟨doch⟩ ab, wende sich von mir, dass ich ein wenig fröhlich werde, (Hi 7,16; Hi 7,19)21ehe ich hingehe – und nicht wiederkomme – in das Land der Finsternis und des Todesschattens, (Hi 7,9; Ps 39,14; Ps 49,20; Pred 11,8)22in das Land, schwarz wie die Dunkelheit, ⟨das Land⟩ der Finsternis – ⟨da ist⟩ keine Ordnung –, und ⟨selbst⟩ das Hellwerden ist ⟨dort⟩ wie Dunkelheit! (Hi 3,5; Hi 17,13; Ps 88,13; Pred 9,10)
1Es ekelt mich vor diesem ganzen Leben, drum halt ich meine Klage nicht zurück; es muss heraus, was mich verzweifeln lässt! (Hi 7,11)2Du kannst mich doch nicht einfach schuldig sprechen! Gott, sag mir jetzt, was wirfst du mir denn vor? (Hi 6,24)3Was bringt es dir, dass du so grausam bist? Verachtest du, was du geschaffen hast, und lässt gelingen, was Verbrecher planen?4Siehst du denn auch nicht mehr, als Menschen sehen, und urteilst so beschränkt, wie wir es tun? (1Sam 16,7)5Dein Leben ist doch nicht wie unser Leben, du zählst es nicht wie wir nach kurzen Jahren.6Was suchst du dann so eilig meine Schuld und spürst voll Eifer meinen Sünden nach,7obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin und niemand mich aus deiner Hand errettet?8Mit deinen Händen hast du mich gestaltet und nun verschlingst du mich mit Haut und Haar. (1Mo 2,7; 1Mo 3,19)9Vergiss es nicht: Du formtest mich wie Ton. Willst du mich jetzt in Staub zurückverwandeln?10Wie Milch hast du mich damals hingegossen, im Mutterleib mich Form annehmen lassen.11Mit Haut und Muskeln hast du mich umgeben, aus Knochen und aus Sehnen mich geflochten.12Das Leben gabst du mir und deine Liebe; dein Schutz bewahrte meinen Lebensgeist.13Und doch, ich weiß, dass du bei alledem ganz im Geheimen etwas anderes plantest:14Du wolltest sehen, ob ich schuldig würde, um mir dann jeden Fehler vorzuhalten.15Tu ich nun Unrecht, so ergeht’s mir schlecht. Tu ich das Rechte, lässt du’s auch nicht gelten. Von Schmach und Schande bin ich wie benommen.16Gelingt mir etwas und ich fühle Stolz, so machst du wie ein Löwe Jagd auf mich und ängstigst mich mit deiner Übermacht.17Dir fehlt es nie an Zeugen gegen mich, damit du Grund hast, mir noch mehr zu grollen und immer neue Strafen zu verhängen.[1]18Warum, Gott, hast du mich ans Licht geholt, hervorgezogen aus dem Leib der Mutter? Wär ich gestorben, eh’ ein Mensch mich sah! (Hi 3,3)19Vom Schoß der Mutter gleich hinein ins Grab, das wäre so, als wär ich nie gewesen!20Ich habe nur noch kurze Zeit zu leben; lass mich in Frieden diesen Rest genießen! (Hi 7,7)21Bald geh ich fort ins dunkle Land der Toten, aus dem es niemals eine Rückkehr gibt, (Hi 7,9)22ins Land, wo Finsternis und Chaos herrschen und selbst das Licht so schwarz ist wie die Nacht.«
1„Mein Leben ekelt mich an, / ich lasse meiner Klage freien Lauf, / will reden, so bitter wie ich bin.2Ich sagte zu Gott: 'Verdamm mich doch nicht! / Lass mich wissen, warum du gegen mich kämpfst!3Gefällt es dir, dass du unterdrückst, / das Werk deiner Hände verwirfst / und den Rat von Gottlosen leuchten lässt?4Hast du Augen wie ein Mensch, / siehst du so wie ein Mensch?5Sind deine Tage wie beim Menschen begrenzt, / deine Jahre wie die eines Mannes?6Du suchst nach meiner Schuld / und forschst nach meiner Sünde,7obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin / und keiner mich aus deiner Hand reißt.8Deine Hände haben mich gestaltet und gemacht, / ganz und gar – und nun verschlingst du mich.9Bedenke doch: Wie Ton hast du mich gestaltet, / und jetzt führst du mich zum Staub zurück?10Hast du mich nicht verschüttet wie Milch, / wie Käse mich gerinnen lassen?11Haut und Fleisch hast du mir angezogen, / mich mit Knochen und Sehnen durchflochten.12Leben und Gnade hast du mir geschenkt, / in deiner Obhut war mein Geist.13Doch dieses hast du verborgen in dir, / ich weiß, so hattest du es beschlossen.14Wenn ich sündigte, würdest du mich belauern, / sprächst mich von meinem Fehler nicht frei.15Wenn ich schuldig würde, wehe mir! / Und wäre ich im Recht, / dürfte ich den Kopf nicht heben, / gesättigt mit Schande, / mit Elend getränkt.16Sollte ich es dennoch tun, / jagst du mich wie ein Löwe, / gehst wieder unbegreiflich mit mir um,17stellst immer neue Zeugen gegen mich auf, / findest Gründe, mir noch mehr zu grollen. / Immer neue Heere führst du gegen mich.'“
Warum kam ich aus dem Mutterschoß?
18„Warum ließest du mich aus dem Mutterschoß kommen? / Wenn ich doch gestorben wäre, bevor ein Auge mich sah!19Ich wäre dann, als sei ich nie gewesen, / vom Mutterleib ins Grab gebracht.20Mein Leben dauert doch nur wenige Tage. / Er höre auf und lasse von mir, / dass ich ein wenig aufblicken kann,21bevor ich ohne Rückkehr gehe / ins Land des Dunkels und der Finsternis,22ins Land so düster wie die schwarze Nacht, / ins Schattenland, wo keine Ordnung ist, / wo heller Tag ist wie die finstere Nacht.“