Klagelieder 3 | Schlachter 2000 Lutherbibel 2017

Klagelieder 3 | Schlachter 2000

Drittes Klagelied Die Leiden des Propheten und sein Trost in der Barmherzigkeit des Herrn

1 Ich bin der Mann, der tief gebeugt worden ist durch die Rute seines Zorns. 2 Mich hat er verjagt und in die Finsternis geführt und nicht ans Licht. 3 Nur gegen mich kehrt er immer wieder seine Hand den ganzen Tag. 4 Er hat mein Fleisch und meine Haut verfallen lassen und meine Knochen zermalmt. 5 Er hat rings um mich her Gift und Leid aufgebaut. 6 In Finsternis ließ er mich wohnen wie längst Verstorbene. 7 Er hat mich eingemauert, dass ich nicht herauskommen kann; mit ehernen Ketten hat er mich beschwert. 8 Selbst wenn ich schreie und rufe, verschließt er doch [die Ohren] vor meinem Gebet. 9 Mit Quadersteinen hat er meine Wege vermauert, hat meine Pfade gekrümmt. 10 Er lauert mir auf wie ein Bär, wie ein Löwe im Dickicht. 11 Er hat meine Wege versperrt und hat mich zerfleischt, mich arg zugerichtet. 12 Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziel gesetzt. 13 Er hat mir in die Nieren gejagt die Söhne seines Köchers. 14 Ich bin meinem ganzen Volk zum Gelächter geworden, ihr Spottlied den ganzen Tag. 15 Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt, mit Wermut getränkt. 16 Er ließ meine Zähne sich an Kies zerbeißen, hat mich niedergedrückt in die Asche. 17 Ja, du hast meine Seele aus dem Frieden verstoßen, Dass ich das Glück vergaß. 18 Und ich sprach: Meine Lebenskraft ist dahin, und auch meine Hoffnung auf den HERRN! 19 Gedenke doch an mein Elend und mein Umherirren, an den Wermut und das Gift! 20 Beständig denkt meine Seele daran und ist tief gebeugt! 21 Dieses aber will ich meinem Herzen vorhalten, darum will ich Hoffnung fassen: 22 Gnadenbeweise des HERRN sind’s, dass wir nicht gänzlich aufgerieben wurden, denn seine Barmherzigkeit ist nicht zu Ende; 23 sie ist jeden Morgen neu, und deine Treue ist groß! 24 Der HERR ist mein Teil!, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen. 25 Der HERR ist gütig gegen die, welche auf ihn hoffen, gegen die Seele, die nach ihm sucht. 26 Gut ist’s, schweigend zu warten auf die Rettung des HERRN. 27 Es ist gut für einen Mann, das Joch zu tragen in seiner Jugend. 28 Er sitze einsam und schweige, wenn Er es ihm auferlegt! 29 Er stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch Hoffnung vorhanden. 30 Schlägt ihn jemand, so biete er ihm die Wange dar und lasse sich mit Schmach sättigen! 31 Denn der Herr wird nicht auf ewig verstoßen; 32 sondern wenn er betrübt hat, so erbarmt er sich auch nach der Fülle seiner Gnade; 33 denn nicht aus Lust plagt und betrübt Er die Menschenkinder. 34 Wenn alle Gefangenen eines Landes mit Füßen getreten werden, 35 wenn das Recht eines Mannes gebeugt wird vor dem Angesicht des Höchsten, 36 wenn die Rechtssache eines Menschen verdreht wird — sollte der Herr es nicht beachten? 37 Wer hat je etwas gesagt und es ist geschehen, ohne dass der Herr es befahl? 38 Geht nicht aus dem Mund des Höchsten hervor das Böse und das Gute? 39 Was beklagt sich der Mensch, der noch am Leben ist? Es hätte sich wahrlich jeder über seine Sünde zu beklagen! 40 Lasst uns unsere Wege prüfen und erforschen und umkehren zum HERRN! 41 Lasst uns unsere Herzen samt den Händen zu Gott im Himmel erheben! 42 Wir sind abtrünnig und widerspenstig gewesen; das hast du nicht vergeben. 43 Du hast dich im Zorn verborgen und uns verfolgt; du hast uns ohne Mitleid umgebracht; 44 du hast dich in eine Wolke gehüllt, Dass kein Gebet hindurchdrang; 45 du hast uns zu Kot und Abscheu gemacht mitten unter den Völkern! 46 Alle unsere Feinde haben ihr Maul gegen uns aufgesperrt. 47 Grauen und Grube sind über uns gekommen, Verwüstung und Untergang. 48 Es rinnen Wasserbäche aus meinen Augen wegen des Untergangs der Tochter meines Volkes. 49 Mein Auge tränt unaufhörlich und kommt nicht zur Ruhe, 50 bis der HERR vom Himmel herabschauen und dareinsehen wird. 51 Was ich sehen muss, tut meiner Seele weh wegen aller Töchter meiner Stadt. 52 Die mich ohne Ursache hassen, stellten mir heftig nach wie einem Vogel; 53 sie wollten mich in der Grube ums Leben bringen und warfen Steine auf mich. 54 Wasser gingen über mein Haupt; ich sagte: Ich bin verloren! 55 Aber ich rief deinen Namen an, o HERR, tief unten aus der Grube. 56 Du hörtest meine Stimme: »Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, vor meinem Hilferuf!« 57 Du nahtest dich mir an dem Tag, als ich dich anrief; du sprachst: »Fürchte dich nicht!« 58 Du führtest, o Herr, die Sache meiner Seele; du hast mein Leben erlöst! 59 Du hast, o HERR, meine Unterdrückung gesehen; schaffe du mir Recht! 60 Du hast all ihre Rachgier gesehen, alle ihre Anschläge gegen mich. 61 Du hast, o HERR, ihr Schmähen gehört, alle ihre Pläne gegen mich, 62 das Gerede meiner Widersacher und ihr dauerndes Murmeln über mich. 63 Sieh doch: Ob sie sich setzen oder aufstehen, so bin ich ihr Spottlied! 64 Vergilt ihnen, o HERR, nach dem Werk ihrer Hände! 65 Gib ihnen Verstockung des Herzens; dein Fluch komme über sie! 66 Verfolge sie in deinem Zorn und vertilge sie unter dem Himmel des HERRN hinweg!

Bibeltext der Schlachter Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft Wiedergegeben mit der freundlichen Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.

Lutherbibel 2017

Klage und Trost eines Leidenden

1 Ich bin der Mann, der Elend sehen muss durch die Rute seines Grimmes. 2 Er hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins Licht. 3 Er hat seine Hand gewendet gegen mich und erhebt sie gegen mich Tag für Tag. 4 Er hat mir Fleisch und Haut alt gemacht und mein Gebein zerschlagen. 5 Er hat mich ringsum eingeschlossen und mich mit Bitternis und Mühsal umgeben. 6 Er hat mich in Finsternis versetzt wie die, die längst tot sind. 7 Er hat mich ummauert, dass ich nicht herauskann, und mich in harte Fesseln gelegt. 8 Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich die Ohren zu vor meinem Gebet. 9 Er hat meinen Weg vermauert mit Quadern und meinen Pfad zum Irrweg gemacht. 10 Er hat auf mich gelauert wie ein Bär, wie ein Löwe im Verborgenen. 11 Er lässt mich den Weg verfehlen, er hat mich zerfleischt und zunichtegemacht. 12 Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziel gegeben. 13 Er hat mir seine Pfeile in die Nieren geschossen. 14 Ich bin ein Hohn für mein ganzes Volk und täglich ihr Spottlied. 15 Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt und mit Wermut getränkt. 16 Er hat mich auf Kiesel beißen lassen, er drückte mich nieder in die Asche. 17 Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben; ich habe das Gute vergessen. 18 Ich sprach: Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin. 19 Gedenke doch, wie ich so elend und verlassen, mit Wermut und Bitterkeit getränkt bin! 20 Du wirst ja daran gedenken, denn meine Seele sagt mir’s. 21 Dies nehme ich zu Herzen, darum hoffe ich noch: 22 Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, 23 sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. 24 Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen. 25 Denn der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt. 26 Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen. 27 Es ist ein köstlich Ding für einen Mann, dass er das Joch in seiner Jugend trage. 28 Er sitze einsam und schweige, wenn Gott es ihm auferlegt, 29 und stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch Hoffnung. 30 Er biete die Backe dar dem, der ihn schlägt, und lasse sich viel Schmach antun. 31 Denn der Herr verstößt nicht ewig; 32 sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte. 33 Denn nicht von Herzen plagt und betrübt er die Menschen. 34 Wenn man alle Gefangenen auf Erden unter die Füße tritt 35 und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugt 36 und eines Menschen Sache verdreht, – sollte das der Herr nicht sehen? 37 Wer darf denn sagen, dass solches geschieht ohne des Herrn Befehl 38 und dass nicht Böses und Gutes kommt aus dem Munde des Allerhöchsten? 39 Was murren denn die Leute im Leben, ein jeder über die Folgen seiner Sünde? 40 Lasst uns erforschen und prüfen unsern Wandel und uns zum HERRN bekehren! 41 Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel! 42 Wir, wir haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen, darum hast du nicht vergeben. 43 Du hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt und ohne Erbarmen getötet. 44 Du hast dich mit einer Wolke verdeckt, dass kein Gebet hindurchkonnte. 45 Du hast uns zu Kehricht und Unrat gemacht unter den Völkern. 46 Alle unsere Feinde reißen ihr Maul auf über uns. 47 Wir werden gedrückt und geplagt mit Schrecken und Angst. 48 Wasserbäche rinnen aus meinen Augen über den Jammer der Tochter meines Volks. 49 Meine Augen fließen und können’s nicht lassen, und es ist kein Aufhören da, 50 bis der HERR vom Himmel herabschaut und darein sieht. 51 Mein Auge macht mir Schmerzen wegen all der Töchter meiner Stadt. 52 Meine Feinde haben mich ohne Grund gejagt wie einen Vogel. 53 Sie haben mein Leben in der Grube zunichtegemacht und Steine auf mich geworfen. 54 Wasser hat mein Haupt überschwemmt; da sprach ich: Nun bin ich verloren. 55 Ich rief aber deinen Namen an, HERR, unten aus der Grube, 56 und du erhörtest meine Stimme: »Verbirg deine Ohren nicht vor meinem Seufzen und Schreien!« 57 Du nahtest dich zu mir, als ich dich anrief, und sprachst: Fürchte dich nicht! 58 Du führst, Herr, meine Sache und erlöst mein Leben. 59 Du siehst, HERR, wie mir Unrecht geschieht; hilf mir zu meinem Recht! 60 Du siehst, wie sie Rache üben wollen, und kennst alle ihre Gedanken gegen mich. 61 HERR, du hörst ihr Schmähen und alle ihre Anschläge gegen mich, 62 die Reden meiner Widersacher und ihr Geschwätz über mich den ganzen Tag. 63 Sieh doch: Ob sie sitzen oder aufstehen, singen sie über mich Spottlieder. 64 Vergilt ihnen, HERR, wie sie verdient haben! 65 Lass ihnen das Herz verstockt werden, lass sie deinen Fluch fühlen! 66 Verfolge sie mit Grimm und vertilge sie unter dem Himmel des HERRN.