1"Mein Leben ekelt mich an, / ich lasse meiner Klage freien Lauf, / will reden, so bitter wie ich bin.2Ich sagte zu Gott: 'Verdamm mich doch nicht! / Lass mich wissen, warum du gegen mich kämpfst!3Gefällt es dir, dass du unterdrückst, / das Werk deiner Hände verwirfst / und den Rat von Gottlosen leuchten lässt?4Hast du Augen wie ein Mensch, / siehst du so wie ein Mensch?5Sind deine Tage wie beim Menschen begrenzt, / deine Jahre wie die eines Mannes?6Du suchst nach meiner Schuld / und forschst nach meiner Sünde,7obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin / und keiner mich aus deiner Hand reißt.8Deine Hände haben mich gestaltet und gemacht, / ganz und gar – und nun verschlingst du mich.9Bedenke doch: Wie Ton hast du mich gestaltet, / und jetzt führst du mich zum Staub zurück?10Hast du mich nicht verschüttet wie Milch, / wie Käse mich gerinnen lassen?11Haut und Fleisch hast du mir angezogen, / mich mit Knochen und Sehnen durchflochten.12Leben und Gnade hast du mir geschenkt, / in deiner Obhut war mein Geist.13Doch dieses hast du verborgen in dir, / ich weiß, so hattest du es beschlossen.14Wenn ich sündigte, würdest du mich belauern, / sprächst mich von meinem Fehler nicht frei.15Wenn ich schuldig würde, wehe mir! / Und wäre ich im Recht, / dürfte ich den Kopf nicht heben, / gesättigt mit Schande, / mit Elend getränkt.16Sollte ich es dennoch tun, / jagst du mich wie ein Löwe, / gehst wieder unbegreiflich mit mir um,17stellst immer neue Zeugen gegen mich auf, / findest Gründe, mir noch mehr zu grollen. / Immer neue Heere führst du gegen mich.'"
Warum kam ich aus dem Mutterschoß?
18"Warum ließest du mich aus dem Mutterschoß kommen? / Wenn ich doch gestorben wäre, bevor ein Auge mich sah!19Ich wäre dann, als sei ich nie gewesen, / vom Mutterleib ins Grab gebracht.20Mein Leben dauert doch nur wenige Tage. / Er höre auf und lasse von mir, / dass ich ein wenig aufblicken kann,21bevor ich ohne Rückkehr gehe / ins Land des Dunkels und der Finsternis,22ins Land so düster wie die schwarze Nacht, / ins Schattenland, wo keine Ordnung ist, / wo heller Tag ist wie die finstere Nacht."
Hiob 10
Lutherbibel 2017
1Mich ekelt mein Leben an. Ich will meiner Klage ihren Lauf lassen und reden in der Betrübnis meiner Seele2und zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! Lass mich wissen, warum du mich vor Gericht ziehst.3Gefällt dir’s, dass du Gewalt tust und verwirfst das Werk deiner Hände und dein Licht leuchten lässt über den Plan der Frevler?4Hast du denn Menschenaugen, oder siehst du, wie ein Sterblicher sieht? (1Sam 16,7)5Oder ist deine Zeit wie eines Menschen Zeit oder deine Jahre wie eines Mannes Jahre,6dass du nach meiner Schuld fragst und nach meiner Sünde suchst,7wo du doch weißt, dass ich nicht schuldig bin und niemand da ist, der aus deiner Hand erretten kann?8Deine Hände haben mich gebildet und bereitet; danach hast du dich abgewandt und mich verdorben. (Ps 139,14)9Bedenke doch, dass du mich aus Lehm gemacht hast, und lässt mich wieder zum Staub zurückkehren? (1Mo 2,7; 1Mo 3,19; Hi 33,6)10Hast du mich nicht wie Milch hingegossen und wie Käse gerinnen lassen?11Du hast mir Haut und Fleisch angezogen; aus Knochen und Sehnen hast du mich geflochten;12Leben und Wohltat hast du an mir getan, und deine Obhut hat meinen Odem bewahrt. (Apg 17,28)13Aber dies verbargst du in deinem Herzen – ich weiß, du hattest das im Sinn –,14dass du darauf achten wolltest, wenn ich sündigte, und mich von meiner Schuld nicht lossprechen.15Wäre ich schuldig, dann wehe mir! Und wäre ich schuldlos, so dürfte ich doch mein Haupt nicht erheben, gesättigt mit Schmach und getränkt mit Elend.16Und wenn ich es aufrichtete, so würdest du mich jagen wie ein Löwe und wiederum erschreckend an mir handeln. (Jes 38,13)17Du würdest immer neue Zeugen gegen mich stellen und deinen Zorn auf mich noch mehren und immer neue Heerhaufen gegen mich senden.18Warum hast du mich aus meiner Mutter Schoß kommen lassen? Ach dass ich umgekommen wäre und mich nie ein Auge gesehen hätte! (Hi 3,11; Jer 20,14)19So wäre ich, als wäre ich nie gewesen, vom Mutterleib weg zum Grabe gebracht.20Ist denn mein Leben nicht kurz? So höre auf und lass ab von mir, dass ich ein wenig erquickt werde,21ehe denn ich hingehe – und komme nicht zurück – ins Land der Finsternis und des Dunkels, (Hi 7,10)22ins Land, wo es stockfinster ist und dunkel ohne alle Ordnung, und wenn’s hell wird, so ist es immer noch Finsternis.