1Was ich nun sage, sage ich in der Gegenwart von Christus. Es ist die Wahrheit – ich lüge nicht – und der Heilige Geist bestätigt es mir durch mein Gewissen: (1Tim 2,7)2Mein Herz ist erfüllt von tiefem Schmerz und großer Trauer3um mein Volk, meine jüdischen Schwestern und Brüder.[1] Ich wäre sogar bereit, für immer verflucht zu sein und von Christus getrennt, wenn ich sie dadurch retten könnte. (2Mo 32,32)4Sie sind das Volk Israel, das Gott als seine besonderen Kinder erwählt hat.[2] Ihnen hat Gott seine Herrlichkeit offenbart. Mit ihnen hat er Bündnisse geschlossen, und ihnen hat er sein Gesetz gegeben. Sie erhielten das Vorrecht, ihn anzubeten[3], und sie empfingen seine Zusagen. (2Mo 4,22; 5Mo 4,13; 5Mo 7,6; Eph 2,12)5Ihre Vorfahren waren die Stammväter, und auch Christus selbst stammt seiner menschlichen Herkunft nach aus dem jüdischen Volk. Er ist Gott, der über alles regiert, ihn loben wir in alle Ewigkeit! Amen. (Joh 1,1; Röm 1,3; Tit 2,13; 2Petr 1,1; 1Joh 5,20)6Es ist nun nicht so, dass das Versprechen, das Gott den Juden gegeben hat, nicht mehr gilt. Aber nicht jeder, der in eine jüdische Familie hineingeboren wird, ist wirklich ein Jude. (4Mo 23,19; Röm 2,28; Gal 6,16)7Nicht alle Nachkommen Abrahams sind deshalb schon seine wahren Kinder. Denn in der Schrift heißt es: »Nur die Nachkommen Isaaks sollen als deine Nachkommen bezeichnet werden.«[4] (1Mo 21,1; Hebr 11,18)8Das bedeutet, dass die leiblichen Nachkommen Abrahams nicht zugleich Kinder Gottes sind. Sondern als wahre Kinder Abrahams gelten nur die, die nach der Zusage Gottes von ihm abstammen. (Röm 8,14; Gal 3,16; Gal 4,23)9Denn Gott hatte Abraham versprochen: »Nächstes Jahr um diese Zeit werde ich zurückkehren. Dann wird Sara einen Sohn haben.«[5] (1Mo 18,1)10Und so war es nicht nur bei Sara, sondern auch bei Rebekka, die von unserem Stammvater Isaak mit Zwillingen schwanger wurde. (1Mo 25,21)11Doch schon vor der Geburt, noch bevor die Kinder irgendetwas Gutes oder Böses getan hatten, sprach Gott zu Rebekka. Dies geschah nach dem feststehenden Willen Gottes und seiner freien Wahl,12die nicht abhängt von Taten, sondern allein von seiner Entscheidung. So sprach er zu Rebekka: »Der Ältere wird dem Jüngeren dienen.«[6] (1Mo 25,1)13In der Schrift heißt es: »Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.«[7] (Mal 1,2)14Was sollen wir dazu sagen? War Gott ungerecht? Natürlich nicht! (5Mo 32,4)15Denn Gott sagte zu Mose: »Ich schenke meine Gnade und mein Erbarmen, wem ich will.«[8] (2Mo 33,1)16Gottes Zusagen erhalten wir also nicht, indem wir sie uns wünschen oder uns darum bemühen, sondern Gott erbarmt sich über den, den er erwählt. (Eph 2,8)17Denn in der Schrift heißt es, dass Gott zu Pharao sagte: »Ich habe dich berufen, um an dir meine Macht zu zeigen und meinen Namen auf der ganzen Erde bekannt zu machen.«[9] (2Mo 9,1)18Ihr seht also, dass Gott sich über den erbarmt, über den er will, und dass er das Herz eines anderen verschließt, sodass er nicht auf ihn hört. (2Mo 4,21; 2Mo 14,4; Jos 11,20; Röm 11,25)19Nun wendet jemand vielleicht ein: »Warum wirft Gott den Menschen dann noch vor, dass sie nicht auf ihn hören? Kann sich denn jemand seinem Willen widersetzen?«20Was denkst du, wer du bist? Du bist doch nur ein Mensch und willst dich mit Gott streiten? Sagt das Geschaffene etwa zu seinem Schöpfer: »Warum hast du mich so gemacht?« (Jes 29,16; Jes 45,9)21Wenn ein Töpfer Gefäße aus Ton formt, hat er da nicht das Recht, aus demselben Klumpen Ton ein Gefäß für besondere Anlässe und ein anderes für den gewöhnlichen Gebrauch herzustellen?[10] (Jer 18,6; 2Tim 2,20)22Wenn Gott seinen Zorn zeigen und seine Macht ausüben will, kann er viel Geduld mit den Gefäßen seines Zorns haben, die zum Verderben bestimmt sind, (Jer 50,25)23und dadurch den Reichtum seiner Herrlichkeit denen erweisen, die er als Gefäße seines Erbarmens dafür vorbereitet hat.[11] (Röm 8,30)24Das gilt auch für uns, die er aus dem jüdischen Volk und aus den anderen Völkern erwählt hat. (Röm 3,29)25Was nun die anderen Völker betrifft, so sagt Gott in den prophetischen Worten Hoseas: »Die nicht mein Volk waren, will ich jetzt mein Volk nennen. Und ich will lieben, die ich zuvor nicht geliebt habe.«[12] (Hos 2,25)26Und weiter steht bei Hosea: »Früher wurde ihnen gesagt: ›Ihr seid nicht mein Volk. Doch jetzt sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.‹«[13] (Hos 2,1)27Und über Israel rief der Prophet Jesaja aus: »Auch wenn das Volk Israel so zahlreich wäre wie der Sand am Meer, wird doch nur eine kleine Zahl[14] gerettet werden. (Jes 10,22; Hos 2,1)28Denn der Herr wird sein Wort auf der Erde wahr machen, und er wird es schnell und endgültig tun.«[15] (Jes 10,22)29Und an anderer Stelle sagte Jesaja: »Hätte der allmächtige Herr nicht einige von uns verschont, wären wir so vollständig ausgelöscht worden wie Sodom und Gomorra.«[16] (Jes 1,9)
Israels Unglaube
30Was sollen wir nun dazu sagen? Nur dies: Die Menschen aus den anderen Völkern sind durch den Glauben von Gott gerecht gesprochen worden, obwohl sie die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, nicht gesucht haben. (Gal 2,16; Hebr 11,7)31Die Juden aber, die durch das Halten des Gesetzes vor Gott gerecht werden wollten, haben dieses Ziel nicht erreicht. (Jes 51,1; Röm 10,2; Gal 5,4)32Warum nicht? Weil sie versuchten, durch ihre eigenen guten Taten vor Gott gerecht zu werden und dadurch das Gesetz zu erfüllen, statt auf den Glauben zu vertrauen. So stolperten sie über den »Stein des Anstoßes«,[17]33wie es schon in der Schrift steht: »Ich lege in Jerusalem[18] einen Stein, über den die Menschen stolpern werden, und einen Felsen, an dem viele zu Fall kommen werden.[19] Doch wer an ihn glaubt, wird nicht umkommen[20].« (Röm 10,11; 1Petr 2,6)
Römer 9
Lutherbibel 2017
Die bleibende Erwählung Israels
1Ich sage die Wahrheit in Christus und lüge nicht, wie mir mein Gewissen bezeugt im Heiligen Geist,2dass ich große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlass in meinem Herzen habe.3Denn ich wünschte, selbst verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch. (2Mo 32,32)4Sie sind Israeliten, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen, (1Mo 17,7; 2Mo 4,22; 5Mo 7,6)5denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch. Gott, der da ist über allem,[1] sei gelobt in Ewigkeit. Amen. (Mt 1,1; Lk 3,23; Röm 1,3)
Kinder der Verheißung
6Aber ich sage damit nicht, dass Gottes Wort hinfällig geworden sei. Denn nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen; (4Mo 23,19; Röm 2,28)7auch nicht alle, die Abrahams Nachkommen sind, sind darum seine Kinder. Sondern »nach Isaak soll dein Geschlecht genannt werden« (1Mo 21,12)8Das heißt: Nicht das sind Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Kinder sind; sondern nur die Kinder der Verheißung werden zur Nachkommenschaft gerechnet. (Gal 4,28)9Denn dies ist ein Wort der Verheißung, da er spricht: »Um diese Zeit will ich kommen, und Sara soll einen Sohn haben.« (1Mo 18,10)10Aber nicht allein hier ist es so, sondern auch bei Rebekka, die von dem einen, unserm Vater Isaak, schwanger wurde.11Ehe die Kinder geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten, da wurde, auf dass Gottes Vorsatz der Erwählung bestehen bliebe –12nicht aus Werken, sondern durch den, der beruft –, zu ihr gesagt: »Der Ältere wird dem Jüngeren dienen«, (1Mo 25,23)13wie geschrieben steht: »Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.«
Gottes Gnadenwahl
14Was wollen wir hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne!15Denn er spricht zu Mose: »Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« (2Mo 33,19)16So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. (Eph 2,8)17Denn die Schrift sagt zum Pharao: »Eben dazu habe ich dich erweckt, dass ich an dir meine Macht erweise und dass mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.« (2Mo 9,16)18So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will. (2Mo 4,21; 1Petr 2,8)19Nun sagst du zu mir: Was beschuldigt er uns dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen?20Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht etwa ein Werk zu seinem Meister: Warum hast du mich so gemacht? (Jes 45,9)21Hat nicht der Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen? (Jer 18,4)22Da Gott seinen Zorn erzeigen und seine Macht kundtun wollte, hat er mit großer Geduld ertragen die Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren, (Spr 16,4; Röm 2,4)23auf dass er den Reichtum seiner Herrlichkeit kundtue an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er zuvor bereitet hatte zur Herrlichkeit. (Röm 8,29; Eph 3,16)24So hat er auch uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden.25Wie er denn auch durch Hosea spricht: »Ich will das mein Volk nennen, das nicht mein Volk war, und meine Geliebte, die nicht meine Geliebte war.« (Röm 2,1)26»Und es soll geschehen: An dem Ort, da zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.«27Jesaja aber ruft aus über Israel: »Wenn auch die Zahl der Israeliten wäre wie der Sand am Meer, so wird doch nur der Rest gerettet werden; (Röm 11,5)28denn der Herr, der das Wort vollendet, wird bald handeln auf Erden.«[2]29Und wie Jesaja vorausgesagt hat: »Wenn uns nicht der Herr Zebaoth Nachkommen übrig gelassen hätte, so wären wir wie Sodom geworden und gleich wie Gomorra.«
Die Suche nach Gerechtigkeit
30Was wollen wir hierzu sagen? Die Heiden, die nicht der Gerechtigkeit nachjagten, haben Gerechtigkeit erlangt, nämlich die Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt. (Röm 10,20)31Israel aber, das dem Gesetz der Gerechtigkeit nachjagte, hat das Gesetz nicht erreicht. (Röm 10,2)32Warum das? Weil es die Gerechtigkeit nicht aus Glauben suchte, sondern als komme sie aus Werken. Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes, (1Petr 2,8)33wie geschrieben steht: »Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.«