1Tobit rechnete Tag für Tag nach, wie lange sein Sohn schon unterwegs war und wann er zurück sein müsste. Als die angesetzte Frist verstrichen war und Tobias immer noch nicht kam, (Tob 9,3)2sagte er: »Vielleicht haben sie ihn dort aufgehalten. Oder Gabaël ist gestorben, und er findet niemand, der ihm das Silber aushändigt.«3Er begann unruhig zu werden.4Seine Frau Hanna aber sagte: »Mein Junge ist umgekommen! Er lebt bestimmt nicht mehr!« Sie weinte und klagte um ihren Sohn und rief:5»Was habe ich getan! Mein Kind, du Freude meiner Augen, wie konnte ich dich nur ziehen lassen!« (Tob 5,18)6Tobit sagte zu ihr: »Hör auf, liebe Frau![1] Mach dir keine Sorgen, es geht ihm gut. Ich bin sicher, es ist dort irgendetwas dazwischengekommen. Sein Begleiter ist ein zuverlässiger Mann und einer aus unserem eigenen Stamm. Weine nicht um ihn, meine Schwester, er wird bald hier sein.«7Doch sie erwiderte: »Hör damit auf und lüge mir nichts vor; mein Junge ist bestimmt umgekommen.« Täglich ging sie hinaus und beobachtete die Straße, auf der er weggegangen war. Alles Zureden war vergeblich. Wenn die Sonne unterging, kam sie schluchzend ins Haus; sie weinte die ganze Nacht und tat kein Auge zu.
Abschied von Raguël und Heimreise
8Als die beiden Festwochen vorüber waren, die Raguël zu Ehren seiner Tochter abhalten wollte, ging Tobias zu ihm und sagte: »Lass mich jetzt heimkehren! Ich kenne meinen Vater und meine Mutter; sie haben die Hoffnung schon aufgegeben, mich noch einmal wiederzusehen. Ich bitte dich, Vater, lass mich jetzt ziehen, damit ich zu meinem Vater komme. Ich habe dir ja erzählt, in welchem Zustand ich ihn zurückließ.« (1Mo 24,54)9Raguël antwortete: »Bleib noch, mein Sohn, bleib noch bei mir! Ich werde Boten zu deinem Vater schicken, die ihm von dir Nachricht geben.« »Niemals!«, erwiderte Tobias. »Lass mich selbst zu meinem Vater gehen, ich bitte dich!«10Da stand Raguël auf und übergab Tobias seine Tochter Sara und die Hälfte seines Besitzes, Sklaven und Sklavinnen, Rinder, Schafe und Ziegen, Esel und Kamele, Kleider, Hausrat und Geld.11Dann verabschiedete er die beiden mit Segenswünschen und sagte: »Gute Reise, mein Sohn, komm wohlbehalten nach Hause! Der Herr, der im Himmel regiert, schenke dir und deiner Frau Sara Glück und lasse es mich noch erleben, dass ihr Kinder bekommt!« (Ps 115,14)12Zu seiner Tochter Sara sagte er: »Zieh nun hin zu deinem Schwiegervater! Die Eltern deines Mannes sind von jetzt an auch deine Eltern. Sei glücklich, mein Kind! Ich hoffe, dass ich gute Nachrichten von dir bekomme, solange ich lebe.« So nahm er von den beiden Abschied und ließ sie ziehen.13Edna aber sagte zu Tobias: »Mein Sohn und geliebter Neffe, der Herr lasse dich wohlbehalten heimkehren und lasse mich vor meinem Tod noch erleben, dass ihr Kinder bekommt, du und meine Tochter Sara. Vor dem Herrn vertraue ich dir jetzt meine Tochter an. Mach ihr niemals Kummer ihr ganzes Leben lang. Sei glücklich, mein Sohn! Von jetzt an bin ich deine Mutter und Sara ist deine Schwester. Mögen wir alle glückliche Tage haben, solange wir leben!« Sie küsste die beiden und wünschte ihnen eine gute Reise.14So schied Tobias von Raguël, heil und glücklich. Er dankte dem Herrn, der Himmel und Erde regiert, dem König der ganzen Welt, dass er seine Reise zu einem so guten Ziel geführt hatte. Zum Abschied sagte Raguël zu Tobias: »Der Herr schenke dir das Glück, für deine Eltern sorgen zu können, solange sie leben!«
Tobit 10
Lutherbibel 2017
Sorge um Tobias
1Tag für Tag zählte Tobit, wie lange sein Sohn Tobias hinreisen und wann er zurückkehren werde. Als aber die Tage um waren und sein Sohn nicht erschien,2fragte er sich: Ist er vielleicht dort aufgehalten worden? Vielleicht ist Gabaël gestorben, und niemand will ihm das Silber zurückgeben?3Da wurde er sehr traurig.4Und Hanna, seine Frau, klagte: Mein Kind ist umgekommen und weilt nicht mehr unter den Lebenden! So begann sie, über ihren Sohn zu weinen und zu klagen, und sie sprach:5Weh mir, Kind, dass ich dich ziehen ließ, du Licht meiner Augen!6Und Tobit sagte zu ihr: Sei still und sorge dich nicht, Schwester! Unserm Sohn geht’s gut! Gewiss sind sie dort aufgehalten worden. Er hat doch einen zuverlässigen Begleiter, einen von unseren Brüdern! Trauere nicht um ihn, Schwester, er wird schon zurückkehren!
Abschied in Ekbatana
7Sie aber sagte zu ihm: Schweig still und täusche mich nicht! Umgekommen ist mein Kind! Und sie sprang auf und hielt alle Tage Ausschau auf den Weg, den ihr Sohn gegangen war, und ließ sich durch niemanden überzeugen. Und wenn die Sonne unterging, kehrte sie ins Haus zurück und klagte und weinte die ganze Nacht und fand keinen Schlaf. Und als die vierzehn Tage der Hochzeit um waren, die Raguël seiner Tochter versprochen hatte, ging Tobias zu ihm hinein und sagte: Lass mich ziehen! Ich weiß, dass mein Vater und meine Mutter schon nicht mehr glauben, mich wiederzusehen! Und nun bitte ich dich, mich ziehen zu lassen, um zu meinem Vater zu reisen! Ich habe dir ja schon erzählt, wie ich ihn zurückgelassen habe.8Raguël aber sagte zu Tobias: Bleib, Kind, bleibe bei mir; ich will Boten zu deinem Vater Tobit schicken und ihn wissen lassen, wie es dir geht.9Tobias aber antwortete: Nein! Ich bitte dich: Lass mich zu meinem Vater ziehen!10Da erhob sich Raguël und gab Tobias seine Frau Sara und die Hälfte von all seinem Hab und Gut: Knechte und Mägde, Rinder und Schafe, Esel und Kamele, Kleidung und Silber und kostbares Geschirr. (1Mo 24,35)11Und er ließ ihn gesund und fröhlich von sich ziehen und sprach zu ihm: Bleib gesund, Kind, und zieh wohlbehalten dahin! Der Herr des Himmels sei mit dir und deiner Frau Sara auf dem Wege! Meine Augen mögen eure Kinder sehen, ehe ich sterbe.12Und Raguël sprach zu Sara, seiner Tochter: Geh zu deinem Schwiegervater, denn er und seine Frau sind von nun an wie deine eigenen Eltern! Zieh hin in Frieden, Tochter; ich möchte gute Nachricht von dir hören, solange ich lebe. So nahm er Abschied von ihnen und ließ die beiden ziehen. Edna aber sprach zu Tobias: Kind und geliebter Bruder! Der Herr bringe dich zurück, und noch zu meinen Lebzeiten möchte ich eure Kinder sehen! Der Herr sei Zeuge: Wie ein kostbares Gut vertraue ich dir meine Tochter an. Betrübe sie nicht, dein Leben lang! Kind, zieh in Frieden. Von nun an bin ich deine Mutter, und Sara ist deine Schwester! Mögen wir alle gesund und fröhlich sein alle Tage unseres Lebens. Und sie küsste sie beide und ließ sie wohlbehalten ziehen.13Und Tobias zog von Raguël los, gesund und fröhlich, und er pries den Herrn des Himmels und der Erde, den König über alles, dass er seinen Weg hatte gelingen lassen.[1]