1Weh mir! Es ist mir ergangen wie einem Hungernden, der im Spätherbst Weinstöcke und Feigenbäume absucht: Keine Traube mehr zu finden, keine Spur mehr von den köstlichen Feigen!2Im ganzen Land gibt es keinen redlichen Menschen mehr, niemand, der Gott die Treue hält. Sie schrecken nicht vor Mord und Totschlag zurück und stellen sich gegenseitig Fallen. (Ps 14,3; Jes 59,7; Jer 5,1; Mi 3,9)3Sie sind voll Eifer, wenn es gilt, Böses zu tun; darauf verstehen sie sich. Die Beamten schrauben die Abgaben in die Höhe; die Richter geben dem recht, der ihnen am meisten zahlt; die Mächtigen schalten nach ihrer Willkür. So drehen sie gemeinsam dem Volk einen Strick.[1]4Noch der Beste und Anständigste von ihnen ist schlimmer als eine Dornenhecke. Aber der Tag der Abrechnung ist da, eure Warner haben ihn vorausgesagt. Dann werdet ihr nicht mehr aus noch ein wissen. (Hes 3,16)5Traut niemand, nicht dem Nachbarn, nicht dem besten Freund! Hütet eure Zunge, selbst vor der Frau, die ihr liebt! (Jer 9,3; Mt 10,35; Mk 13,12)6Es ist so weit gekommen, dass der Sohn verächtlich auf den Vater herabsieht, die Tochter sich der Mutter widersetzt und die Schwiegertochter der Schwiegermutter. Ein Mann hat seine Feinde jetzt im eigenen Haus.7Ich aber schaue aus nach dem HERRN, ich warte auf den Gott, der mir hilft. Mein Gott wird mein Rufen erhören. (Jes 8,17; Hab 2,1)
Trost für das geschlagene Volk
8Jerusalem sagt:[2] »Sei nicht so schadenfroh, du Feindin meines Volkes! Ich liege am Boden, aber ich stehe wieder auf; ich sitze im Dunkeln, aber der HERR ist mein Licht. (Ps 27,1; Ob 1,12)9Ich hatte gegen ihn gesündigt, deshalb bekam ich seinen Zorn zu spüren. Aber er wird mir auch wieder beistehen und mir zu meinem Recht verhelfen. Er wird mich aus dem Dunkel ins Licht führen; ich werde es erleben, dass er mich rettet.10Meine Feindin wird es mit ansehen müssen und ihr Triumph wird zuschanden. Sie hat gehöhnt: ›Wo ist denn der HERR, dein Gott?‹ Aber nun werde ich mich an ihrem Unglück weiden. Sie wird zertreten wie Kot auf der Straße.« (Ps 115,1)11Ja, Jerusalem,[3] der Tag kommt, an dem deine Mauern wieder aufgebaut und deine Grenzen ausgeweitet werden. (Jes 10,5; Mi 5,4)12Dann werden sie von überall her zu dir kommen: von Assyrien bis zu den Städten Ägyptens und von Ägypten bis zum Eufrat, von einem Meer bis zum andern und von einem Gebirge bis zum andern.13Die Erde aber wird eine Wüste; das ist die Folge der schlimmen Taten, die ihre Bewohner begangen haben.
Gebet um die Wiederherstellung Israels
14Sorge für dein Volk, HERR, wie der Hirt für seine Herde! Wir sind doch dein Eigentum! Wir leben auf engem Raum und auf kargem Boden, und ringsum ist gutes Land. Führe uns, deine Herde, auf die fetten Weiden von Baschan und Gilead wie in alten Zeiten! (Ps 23,1; Jer 50,19)15Vollbringe[4] Wundertaten wie damals, als du mit deinem Volk aus Ägypten zogst! (2Mo 14,10)16Ohnmächtig sollen die Völker zuschauen müssen trotz all ihrer Macht, es soll ihnen die Sprache verschlagen, Hören und Sehen sollen ihnen vergehen,17sie sollen sich auf dem Boden winden und Staub fressen wie die Schlange. Zitternd sollen sie aus ihren Schlupfwinkeln hervorkriechen und sich dir, HERR, unser Gott, voll Furcht und Schrecken unterwerfen. (1Mo 3,14; Jes 2,19; Jes 2,21)18HERR, wo sonst gibt es einen Gott wie dich? Allen, die von deinem Volk übrig geblieben sind, vergibst du ihre Schuld und gehst über ihre Verfehlungen hinweg. Du hältst nicht für immer an deinem Zorn fest; denn Güte und Liebe zu erweisen macht dir Freude. (2Mo 34,6; Ps 103,8; Jer 50,20)19Du wirst mit uns Erbarmen haben und alle unsere Schuld wegschaffen; du wirst sie in das Meer werfen, dort, wo es am tiefsten ist. (Jes 38,17)20Den Nachkommen Abrahams und Jakobs wirst du mit Liebe und Treue begegnen, wie du es einst unseren Vorfahren mit einem Eid zugesagt hast. (1Mo 22,16; 1Mo 28,13; Lk 1,55; Lk 1,72)
Micha 7
Lutherbibel 2017
Klage über die Verderbnis des Volkes
1Ach, es geht mir wie einem, der Obst pflücken wollte, der im Weinberge Nachlese hielt, doch keine Traube gab’s zu essen, keine Frühfeige, nach der ich verlangte! (Jer 6,9)2Die frommen Leute sind weg in diesem Lande, und die Gerechten sind nicht mehr unter den Leuten. Sie lauern alle auf Blut, ein jeder jagt den andern, dass er ihn fange. (Ps 12,2; Jes 57,1)3Ihre Hände sind geschäftig, Böses zu tun. Obere und Richter fordern Geschenke. Der Gewaltige redet nach seinem Mutwillen, und so verdrehen sie alles.4Der Beste unter ihnen ist wie ein Dornstrauch und der Redlichste schlimmer als eine Dornenhecke. Der Tag ist gekommen, den deine Späher geschaut haben, deine Heimsuchung ist da; dann werden sie nicht wissen, wo aus noch ein. (Ri 9,14)5Niemand glaube seinem Nächsten, niemand verlasse sich auf einen Freund! Bewahre die Tür deines Mundes vor der, die in deinen Armen schläft! (Jer 9,3)6Denn der Sohn verachtet den Vater, die Tochter widersetzt sich der Mutter, die Schwiegertochter ist wider die Schwiegermutter; und des Menschen Feinde sind seine eigenen Hausgenossen. (Mt 10,35)7Ich aber will auf den HERRN schauen und harren auf den Gott meines Heils; mein Gott wird mich erhören.
Die Hoffnung der Gemeinde auf Gottes Gnade
8Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Wenn ich auch darniederliege, so werde ich wieder aufstehen; und wenn ich auch im Finstern sitze, so ist doch der HERR mein Licht. (Ps 27,1; Ob 1,12)9Ich will des HERRN Zorn tragen – denn ich habe wider ihn gesündigt –, bis er meinen Rechtsstreit führe und mir Recht schaffe. Er wird mich ans Licht bringen, dass ich meine Freude an seiner Gerechtigkeit habe. (Jer 14,7)10Meine Feindin wird’s sehen müssen und in Schande dastehen, die jetzt zu mir sagt: Wo ist er, der HERR, dein Gott? Meine Augen werden’s sehen, dass sie dann wie Dreck auf der Gasse zertreten wird. (Ps 79,10; Joe 2,17)11Es kommt der Tag, da werden deine Mauern gebaut werden, der Tag, an dem die Grenzen sich weiten; (Jes 61,4)12an jenem Tag werden sie von Assur und von den Städten Ägyptens zu dir kommen, von Ägypten bis an den Euphrat, von einem Meer zum andern, von einem Gebirge zum andern.13Die Erde wird wüst sein ihrer Bewohner wegen, um der Frucht ihrer Werke willen.14Weide dein Volk mit deinem Stabe, die Herde deines Erbteils, die da einsam wohnt im Walde, mitten im fruchtbaren Lande; lass sie in Baschan und Gilead weiden wie vor alters! (Ps 95,7; Jer 50,19; Mi 5,3)15Lass uns Wunder sehen wie zur Zeit, als du aus Ägyptenland zogst,16dass die Völker es sehen und zuschanden werden in ihrer ganzen Macht und die Hand auf ihren Mund legen und ihre Ohren taub werden.17Sie sollen Staub lecken wie die Schlangen und wie das Gewürm auf Erden. Zitternd sollen sie hervorkommen aus ihren Verstecken. Dem HERRN, unserm Gott, sollen sie sich ängstlich nähern und sich vor dir fürchten. (Ps 72,9; Hos 3,5; Hos 11,11)18Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade! (2Mo 34,6; Ps 103,3; Ps 103,8)19Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.20Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen, wie du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast. (1Mo 22,16; 1Mo 28,13; Lk 1,73)