1Ijob antwortete:2»Wenn ihr doch einmal richtig hören wolltet! Denn damit könntet ihr mich wirklich trösten!3Ertragt mich doch, gestattet mir zu reden; dann mögt ihr weiterspotten, wenn ihr wollt![1]4Beklag ich mich denn über einen Menschen? Warum verliere ich wohl die Geduld?5Seht mich doch an, dann werdet ihr erschaudern, ihr legt die Hand vor Schrecken auf den Mund.6Wenn ich dran denke, was geschehen ist, dann fang ich an, am ganzen Leib zu zittern.7Warum lässt Gott die Bösen weiterleben? Sie werden alt, die Kraft nimmt sogar zu. (Hi 12,6; Mal 3,14)8Gesichert wachsen ihre Kinder auf, mit Freuden sehen sie noch ihre Enkel.9Kein Unglück stört den Frieden ihrer Häuser, sie kriegen Gottes Geißel nie zu spüren.10Ihr Stier bespringt die Kühe nicht vergebens, die Kühe kalben leicht und ohne Fehlwurf.11Frei wie die Lämmer laufen ihre Kinder und ihre Jugend tanzt und springt vor Freude.12Sie singen laut zu Tamburin und Leier, sind voller Fröhlichkeit beim Klang der Flöte.13Im Glück verbringen sie ihr ganzes Leben und sterben einen sanften, schönen Tod.14›Lass uns in Ruhe‹, sagen sie zu Gott, ›von deinem Willen wollen wir nichts wissen! (Hi 22,17)15Bist du so mächtig? Müssen wir dir dienen? Was nützt es eigentlich, zu dir zu beten?‹16Sie glauben, ihres Glückes Schmied zu sein. Doch ihre Art zu denken liegt mir fern!17Wie oft hast du es eigentlich erlebt, dass es erloschen ist, das Licht der Bösen? Wie oft geschieht es, dass sie Unglück trifft? Hat Gott sie je in seinem Zorn gestraft? (Hi 18,5)18Wann sind sie denn wie Stroh im Wind gewesen? Wann hat der Sturm sie fortgeweht wie Spreu? (Ps 1,4)19Ihr habt gesagt, dass Gottes Strafgericht die Kinder für die Schuld des Vaters trifft. Das ist nicht recht! Den Vater soll es treffen; der Schuldige soll auch die Strafe tragen! (2Mo 20,5; 5Mo 24,16; Hi 20,10)20Er selbst soll seinen Untergang erleben und Gottes Zorn[2] am eigenen Leibe spüren!21Ob es den Kindern gut geht oder schlecht, das kümmert ihn nicht mehr nach seinem Tod.22Muss Gott vielleicht noch unterwiesen werden, er, der Gericht hält über Hoch und Niedrig?23Der eine bleibt gesund bis an sein Ende; dann stirbt er, frei von Sorgen und im Frieden,24der Körper wohlgenährt, die Glieder stark.25Der andere stirbt verbittert und enttäuscht, weil er vom Glück nichts abbekommen hat.26Nun liegen sie zusammen in der Erde, ein Heer von Würmern deckt sie beide zu.27Ich weiß genau, wie ihr jetzt weiterdenkt; euch geht’s ja nur darum, euch durchzusetzen.28›Was ist denn aus dem reichen Mann geworden?‹, fragt ihr. ›Was blieb denn noch von seinem Haus?‹29Habt ihr denn nie mit Reisenden gesprochen und nie gehört, was sie berichtet haben?[3]30Am Tag, wenn Gott Gericht hält voller Zorn, ist der Verbrecher stets in Sicherheit.31Wer wagt es, ihm sein Unrecht vorzuhalten? Wer zahlt ihm heim, was er verbrochen hat?32Mit allen Ehren trägt man ihn zum Friedhof, an seinem Grab hält man die Totenwacht.33Unübersehbar ist sein Leichenzug, sogar die Erde deckt ihn freundlich zu.34Doch ihr versucht, mir Trug als Trost zu bieten; denn jede Antwort, die ihr bringt, ist Schwindel!«
Hiob 21
Lutherbibel 2017
Hiobs zweite Antwort an Zofar
1Hiob antwortete und sprach:2Hört doch meiner Rede zu und lasst mir das eure Tröstung sein!3Ertragt mich, dass ich rede, und danach spottet über mich!4Geht denn gegen einen Menschen meine Klage, oder warum sollte ich nicht ungeduldig sein?5Kehrt euch her zu mir; ihr werdet erstarren und die Hand auf den Mund legen müssen. (Hi 40,4)6Wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern ergreift meinen Leib.7Warum bleiben die Frevler am Leben, werden alt und nehmen zu an Kraft? (Jer 12,1)8Ihr Geschlecht ist sicher um sie her, und ihre Nachkommen sind bei ihnen.9Ihr Haus hat Frieden ohne Furcht, und Gottes Rute ist nicht über ihnen.10Ihr Stier bespringt und es missrät nicht; ihre Kuh kalbt und wirft nicht fehl.11Ihre Knaben lassen sie hinaus wie eine Herde, und ihre Kinder springen umher.12Sie jauchzen mit Pauken und Harfen und sind fröhlich mit Flöten.13Sie werden alt bei guten Tagen, und still ziehen sie in das Totenreich hinab,14und doch sagen sie zu Gott: »Weiche von uns, wir wollen von deinen Wegen nichts wissen! (Hi 22,17)15Wer ist der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten? Oder was nützt es uns, wenn wir ihn anrufen?« (2Mo 5,2; 2Kön 18,35; Ps 12,5; Dan 3,15)16»Doch siehe, ihr Glück steht nicht in ihren Händen, und der Rat der Gottlosen ist ferne von mir.« (Ps 1,1)17Wie oft verlischt denn die Leuchte der Frevler und kommt ihr Unglück über sie? Teilt er Schmerzen zu in seinem Zorn,18dass sie werden wie Stroh im Wind und wie Spreu, die der Sturmwind mit sich nimmt? (Ps 1,4)19Spart Gott sein Unheil auf für die Kinder des Frevlers? Er vergelte es ihm selbst, dass er’s einsehe! (2Mo 20,5; Hi 20,10)20Mit eigenen Augen möge er sein Verderben sehen, und vom Grimm des Allmächtigen möge er trinken!21Denn was liegt ihm an seinem Hause, wenn er dahin ist, wenn die Zahl seiner Monde zu Ende ist?22Wer will Gott Weisheit lehren, der auch die Hohen richtet? (Pred 5,7)23Der eine stirbt frisch und gesund in allem Reichtum und voller Genüge,24sein Melkfass ist voll Milch, und sein Gebein wird gemästet mit Mark;25der andere aber stirbt mit verbitterter Seele und hat nie vom Glück gekostet,26miteinander liegen sie im Staub, und Gewürm deckt sie zu. (Hi 3,18)27Siehe, ich kenne eure Gedanken und eure Ränke, mit denen ihr mir Unrecht antut.28Denn ihr sprecht: »Wo ist das Haus des Fürsten, und wo ist die Hütte, in der die Frevler wohnten?«29Habt ihr nicht befragt, die des Weges kommen, und nicht auf ihre Zeichen geachtet,30dass der Böse erhalten wird am Tage des Verderbens und am Tage des Grimms bleibt?31Wer sagt ihm ins Angesicht, was er verdient? Wer vergilt ihm, was er getan hat?32Wird er doch zu Grabe geleitet, und man hält Wache über seinem Hügel!33Süß sind ihm die Schollen des Grabes, und alle Menschen ziehen ihm nach, und die ihm vorangehen, sind nicht zu zählen.34Wie tröstet ihr mich mit Nichtigkeiten, und von euren Antworten bleibt nichts als Trug!