Klagelieder 2

Einheitsübersetzung 2016

1 Weh, mit seinem Zorn umwölkt / der Herr die Tochter Zion! Er schleuderte vom Himmel zur Erde / die Pracht Israels. Nicht dachte er an den Schemel seiner Füße / am Tag seines Zornes. (Ps 99,5)2 Schonungslos hat der Herr vernichtet / alle Fluren Jakobs, niedergerissen in seinem Grimm / die Bollwerke der Tochter Juda, zu Boden gestreckt, entweiht / das Königtum und seine Fürsten.3 Abgehauen hat er in Zornesglut / jedes Horn in Israel. Er zog seine Rechte zurück / angesichts des Feindes und brannte in Jakob wie flammendes Feuer, / ringsum alles verzehrend.4 Er spannte den Bogen wie ein Feind, / stand da - seine Rechte erhoben wie ein Bedränger. Er erschlug alles, / was das Auge erfreut. Im Zelt der Tochter Zion / goss er seinen Zorn aus wie Feuer. (Jer 21,5)5 Wie ein Feind ist geworden der Herr, / Israel hat er vernichtet. Vernichtet hat er alle Paläste, / zerstört seine Burgen. Auf die Tochter Juda hat er gehäuft / Jammer über Jammer.6 Er zertrat wie einen Garten seine Wohnstatt, / zerstörte seinen Festort. Vergessen ließ der HERR auf Zion / Festtag und Sabbat. In glühendem Zorn verwarf er / König und Priester. (Hos 2,13)7 Seinen Altar hat der Herr verschmäht, / verworfen sein Heiligtum, ausgeliefert in die Hand des Feindes / die Mauern von Zions Palästen. Man lärmte im Haus des HERRN / wie an einem Festtag.8 Zu schleifen plante der HERR / die Mauer der Tochter Zion. Er spannte die Messschnur und zog nicht zurück / seine Hand vom Vernichten. Trauern ließ er Wall und Mauer; / miteinander sanken sie nieder. (Jes 34,11)9 In den Boden sanken ihre Tore, / ihre Riegel hat er zerstört und zerbrochen. Ihr König und ihre Fürsten sind unter den Völkern, / keine Weisung ist da, auch ihre Propheten erhalten / keine Vision mehr vom HERRN. (Hes 7,26)10 Am Boden sitzen, verstummt, / die Ältesten der Tochter Zion, streuen sich Staub aufs Haupt, / legen Trauerkleider an. Zu Boden senken den Kopf / die Mädchen von Jerusalem.11 Meine Augen ermatten vor Tränen, / mein Inneres glüht, meine Leber ist zu Boden geschüttet / wegen des Zusammenbruches der Tochter, meines Volkes, da Kind und Säugling verschmachten / auf den Plätzen der Stadt.[1] (Ps 22,15)12 Sie sagen zu ihren Müttern: / Wo ist Brot und Wein?, da sie wie tödlich verwundet verschmachten / auf den Plätzen der Stadt, da ihr Leben ausgeschüttet ist / auf dem Schoß ihrer Mütter.13 Wie soll ich dir zureden, was dir gleichsetzen, / Tochter Jerusalem? Womit kann ich dich vergleichen, wie dich trösten, / Jungfrau, Tochter Zion? Ja, dein Zusammenbruch ist groß wie das Meer, / wer kann dich heilen? (Jer 8,21)14 Deine Propheten schauten dir / Lug und Trug. Deine Schuld haben sie nicht aufgedeckt, / um dein Schicksal zu wenden. Sie schauten dir als Prophetenworte / nur Trug und Verführung. (Jer 14,14)15 Über dich klatschen in die Hände / alle, die des Weges ziehen. Sie pfeifen und schütteln den Kopf / über die Tochter Jerusalem: Ist das die Stadt, die man nannte: / Krone der Schönheit, Entzücken der ganzen Welt? (Ps 48,3; Jer 19,8)16 Über dich reißen ihr Maul auf / all deine Feinde. Sie pfeifen und fletschen die Zähne, / sie sprechen: Wir haben sie vernichtet. Das ist der Tag, auf den wir hofften. / Wir haben ihn erreicht und gesehen.17 Getan hat der HERR, was er geplant, / seinen Drohspruch vollzogen, den er seit alters verkündet hat. / Schonungslos hat er niedergerissen. Den Feind ließ er über dich jubeln, / richtete auf die Macht deiner Bedränger.18 Ihr Herz schreit laut zum Herrn. / Mauer der Tochter Zion, lass fließen wie einen Bach die Tränen / Tag und Nacht! Niemals gewähre dir Ruhe, / nie lass deinen Augapfel rasten!19 Steh auf, klage bei Nacht, / zu jeder Nachtwache Anfang! Schütte aus wie Wasser dein Herz / vor dem Angesicht des Herrn! Erhebe zu ihm die Hände / für deiner Kinder Leben, die vor Hunger verschmachten / an den Ecken aller Straßen!20 HERR, sieh doch und schau: / Wem hast du solches getan? Dürfen Frauen ihre Leibesfrucht essen, / die sorgsam gehegten Kinder? Dürfen im Heiligtum des Herrn / Priester und Prophet erschlagen werden? (5Mo 28,53; Jer 19,9; Kla 4,10)21 Am Boden liegen in den Gassen / Kind und Greis. Meine Mädchen und jungen Männer / fielen unter dem Schwert. Du hast sie erschlagen am Tag deines Zorns, / schonungslos geschlachtet.22 Wie zum Festtag hast du von ringsum gerufen, / wovor mir graut. Am Zorntag des HERRN gab es keinen, / der entkam und entrann. Die ich hegte und großzog, / mein Feind hat sie vernichtet. (Jes 49,20)